Die Apotheker haben einen neuen Präsidenten gewählt: Thomas Preis startet mit Rückenwind aus der Apothekerschaft und setzt die Segel für einen härteren Kurs gegenüber der Politik.
Die Apothekenlandschaft steht vor turbulenten Zeiten – das spiegelt sich auch im Wechsel der politischen Standesführung wider. Gleich zwei Wahlen sorgten in der letzten Woche für hitzige Diskussionen in der Branche: Der Wechsel an der Spitze der ABDA und die Wahl von Christian Ude zum neuen Präsident der Landesapothekerkammer Hessen.
Nach einer Amtszeit von vier Jahren wurde Gabriele Overwiening nicht erneut zur Präsidentin der ABDA gewählt. Stattdessen übernimmt Thomas Preis, der bereits als Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein ein profilierter Vertreter der Branche war, das Amt. Mit 59 Prozent der Stimmen setzte sich Preis am 16. Januar 2025 gegen Overwiening durch, die nur noch 41 Prozent der Delegiertenstimmen auf sich vereinen konnte. Dieser Wechsel an der Spitze markiert einen Wendepunkt für die ABDA. Kritiker hatten Overwiening mangelnde Transparenz und fehlenden Dialog mit der Basis vorgeworfen. Zudem stand sie für eine Politik, die von einigen als zu defensiv angesehen wurde, um auf zentrale Probleme wie Personalnot, die Konkurrenz mit den Online-Anbietern und stagnierende Honorare zu reagieren.
Viele Apotheker hatten es zudem nicht gerne gesehen, dass Overwiening sich erneut zur Wahl gestellt hatte, obwohl sie bereits im Dezember 2024 beim ersten Wahlgang der ABDA ohne Gegenkandidaten die notwendige Mehrheit verfehlte. Dies wurde von den meisten als Zeichen dafür gewertet, dass ihre Politik und ihr Führungsstil nicht länger von einer breiten Basis getragen wurden.
In seiner Antrittsrede sagte der neue ABDA-Präsident Thomas Preis: „Die öffentlichen Apotheken sind eine unverzichtbare und tragende Säule in der Daseinsvorsorge der Menschen, die eine starke Berufsvertretung brauchen. In den vergangenen Jahren mussten zu viele Apothekenbetriebe wegen des politisch gewollten Stillstands beim Apothekenhonorar ihre Türen für immer schließen – die Versorgung der Menschen leidet darunter. Die Apotheken brauchen daher endlich wieder Planungssicherheit. Ich werde mich deswegen für die wirtschaftliche Stärkung der Apotheken, also eine Anhebung und regelhafte Dynamisierung des Apothekenhonorars, einsetzen. Zusätzlich werden wir unser heilberufliches Berufsbild mit Blick auf die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiterentwickeln.“
Ein bedeutender Richtungswechsel zeichnete sich zudem bei den Kammerwahlen in Hessen in der vergangenen Woche ab. Die Wahl von Christian Ude als Präsident der Landesapothekerkammer Hessen verlief ebenfalls nicht ohne Überraschungen. Im Vorfeld der Wahl hatte Ursula Funke, die die Kammer zehn Jahre lang leitete, überraschend auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Funke erklärte, dass der polarisierende Wahlkampf um den Vorsitz in Hessen ihren Entschluss beeinflusst habe: „In den letzten Monaten und Wochen wurde die Kammer durch den Wahlkampf in ihrem Ruf beschädigt. Das hat mich zu der Entscheidung geführt, das Amt nicht mehr weiterzuführen.“
Christian Ude wurde daraufhin von Funke sehr kurzfristig als Kandidat vorgeschlagen. Seine Wahl war jedoch keineswegs sicher, da Schamim Eckert, Vertreterin von Liste 7 (Team Neustart), nach den Delegiertenwahlen im Dezember 2024 eigentlich als Favoritin galt. In einer sehr knappen Abstimmung setzte sich Ude mit 14 zu 13 Stimmen durch.
In seiner Antrittsrede betonte Ude die Notwendigkeit, die Kammer als starke Interessenvertretung für die Apothekerschaft neu aufzustellen: „Wir müssen realisieren, dass in unserem hessischen Apothekerverbund große Unzufriedenheit herrscht. Die Apotheke, wie sie heute ist, wird so nicht bestehen bleiben können. Sie muss sich weiterentwickeln.“
Er versprach, für eine transparente und kooperative Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Interessengruppen einzutreten und die Kammer zu einer starken Schulter für ihre Mitglieder zu machen. Ein weiterer Schwerpunkt Udes ist der Schulterschluss innerhalb der Kammer und mit anderen Berufsgruppen. „Ich möchte dafür kämpfen, dass wir ein strahlender Leuchtturm für unsere Mitglieder werden. Jede Liste muss in den Vorstand, damit wir selbstbewusst den Schulterschluss mit allen anderen hinbekommen,“ so Ude. Die Wahl von Schamim Eckert zur Vizepräsidentin, die Ude aktiv unterstützte, symbolisiert seinen Wunsch nach Einheit und einem Neuanfang. Mit einem divers aufgestellten Vorstand soll die Kammer künftig die verschiedenen Perspektiven innerhalb der Apothekerschaft besser abbilden.
Die Wahl von Thomas Preis, der in der Apothekenlandschaft bereits als profilierter Vertreter gilt, wurde nicht nur innerhalb der Branche diskutiert. Auch Medien außerhalb der Apothekenwelt nahmen die Entwicklungen auf. Die Ärzte Zeitung berichtete über die Wahl und hob hervor, dass der Wechsel an der ABDA-Spitze nach interner Kritik an Gabriele Overwiening absehbar war. Ähnlich sah es das Deutsche Ärzteblatt, das die Bedeutung dieser Personalentscheidung für die Apothekerschaft betonte.
Die breitere Wirtschaftspresse, wie etwa die Süddeutsche Zeitung, fokussierte auf die von Thomas Preis geäußerten Sorgen über anhaltende Lieferengpässe im Arzneimittelbereich. Preis stellte klar, dass eine effektive Zusammenarbeit aller Akteure im Gesundheitswesen notwendig sei, um die Versorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten. Besonders bemerkenswert ist seine Forderung, Lieferketten besser zu analysieren und in enger Abstimmung mit der Politik gezielte Maßnahmen zur Stärkung nationaler Produktionskapazitäten zu ergreifen.
Die beiden Wahlen zeigen unterschiedliche Entwicklungen auf: Während die ABDA mit ihren Problemen in der internen Geschlossenheit kämpft, signalisiert Hessen mit der Wahl von Ude einen Aufbruch. Interessant wird sein, wie die ABDA als Dachorganisation künftig ihre Legitimation und Schlagkraft ausbauen wird. Vielleicht können lokale Akteure wie Christian Ude auch Impulse geben, die letztlich auf die Bundesebene abstrahlen? Eine engere Verzahnung zwischen den Kammern und der ABDA könnte ein Schlüssel zur Lösung sein. Die Apothekerschaft erwartet von ihren gewählten Vertretern Antworten auf drängende Probleme und eine klare, nachvollziehbare Strategie. Hierbei könnte eine transparente Kommunikation, wie sie Ude plant, als Modell dienen.
Die Entwicklungen der letzten Woche verdeutlichen, dass die Apothekenbranche an einem Scheideweg steht. Die Wahl von Thomas Preis zeigt den Wunsch nach einem Neuanfang auf Bundesebene, während Christian Udes Erfolg Hoffnungen auf regionaler Ebene weckt. Gleichzeitig hebt die breitere Resonanz in der Gesundheits- und Wirtschaftspresse die Relevanz dieser Wahlen über die Branche hinaus hervor. Zitate wie die von Thomas Preis zur Versorgungssicherheit und Christian Udes Vision einer geeinten Kammer unterstreichen, dass die Apothekenbranche im Fokus des Gesundheitswesens steht. Die Apothekerschaft wird in den kommenden Monaten genau beobachten, wie sich die neuen und alten Führungspersönlichkeiten bewähren. Jetzt ist die Zeit für Dialog, Einheit und visionäre Entscheidungen.
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