Ja, er tut es wirklich schon wieder. Als eine der ersten Amtshandlungen hat US-Präsident Trump den Austritt aus der WHO verkündet – und unterzeichnet. Eine Einordnung.
Aus seinem Misstrauen und Verärgerung gegenüber der WHO hat Trump nie ein Geheimnis gemacht. So sollten die USA bereits im Juli 2020 der UN-Unterorganisation den Rücken kehren. Die in Teilen nicht nachvollziehbaren Gründe damals (wie heute):
Den vermeintlich ersten Abschied der USA aus der Gemeinschaftsinstitution verhinderte seinerzeit lediglich die verpasste Wiederwahl – Ex-Präsident Biden nahm den Entwurf zum Austritt umgehend zurück. Verändert hat sich aus Trumps Sicht augenscheinlich nichts.
Korrekt ist: Die USA sind in der Tat der größte Geldgeber der WHO – sowohl was den festgesetzten Beitrag betrifft, den 196 Mitgliedsstaaten (errechnet an Einwohnerzahl und BIP) zahlen müssen als auch gemessen an den freiwilligen Beiträgen. So stammten von den rund 6,8 Milliarden Dollar des letzten WHO-Haushalts etwa 1 Milliarde Dollar aus den USA (ca. 700 Mio. Dollar freiwillige Beiträge, ca. 300 Mio. festgesetzte Beiträge). Auf Platz 2 kommt die private Bill and Melinda Gates Foundation mit 650 Millionen Dollar, gefolgt von der Gavi-Allianz (490 Mio. Dollar), der Europäischen Kommission (386 Mio. Dollar) und Deutschland (297 Mio. Dollar).
Nicht korrekt ist: Dass die USA keine Deutungshoheit haben, was mit ihrem Geld passiert oder keinen Mehrwert daraus ziehen würden. So werden die festgesetzten Gelder neben Verwaltungskosten für das jeweilig aufgesetzte Programm der WHO veranschlagt – zum anderen können Geber bei dem weit größeren Anteil der freiwilligen Beiträge selbst entscheiden wo und wie sie die Summen projekt- oder forschungsgebunden eingesetzt sehen wollen.
Korrekt ist auch: Die Finanzierung der WHO und ihrer Programme gehört reformiert und läuft an vielen Stellen nicht effizient und transparent genug. Im Umkehrschluss aber die Teilnahme zu verweigern und auszusteigen, hilft nicht bei der Optimierung wie der US-Gesundheitsexperte Tom Frieden weiß: „Man kann die WHO nicht effizienter machen, indem wir sie verlassen. […] Dies macht uns alle weniger sicher.“
„Ich denke, dass dies den nationalen Sicherheitsinteressen der USA zutiefst abträglich wäre. Es würde die Tür für die Russische Föderation, China und andere öffnen. Das könnte auch auf die BRICS zutreffen: Südafrika, Indien, Mexiko“, erklärt Lawrence Gostin, Professor für globales Gesundheitsrecht und Direktor des WHO-Zentrums für Recht im Gesundheitswesen und Menschenrechte. Als Beispiel mag hierzu auch der in Abstimmung befindliche Pandemievertrag gelten, auf den sich die Mitgliedsstaaten für Mai diesen Jahres einigen wollen. Dieser sieht als Learning aus der Corona-Pandemie entstandene (Selbst-)Bekundung für künftige Fälle verbesserte, einheitliche Vorgehen und Datenerfassung vor und soll helfen, Pandemien schneller unter Kontrolle zu bringen.
Auch bedarf es nicht viel, um sich die von Trump beklagte chinesische Vormachtstellung vorzustellen, die durch eine Lücke entstünde, wenn die USA ihren Einfluss zurückzögen – sei es finanziell, personell oder in Sachen Forschungsschwerpunkte.
Nun dauert es trotz der Bekundung und Unterschrift Trumps zwar noch ein Jahr bis der formelle Austritt vollzogen ist – und auch konnte die WHO auf dem vergangenen Weltgesundheitsgipfel 2024 noch eine hohe Summe aus den USA für das kommende Programm einstreichen. Doch der amerikanische Präsident versucht auch diese Übergangsphase bereits so schwer wie möglich zu gestalten. Seine konkreten Maßnahmen:
Dass es nun gar keinen amerikanischen Einfluss und Zusammenarbeit mehr gibt, dürfte nicht der Fall sein – allein der Anteil privater Geldgeber kommt zum großen Teil aus den USA.
Ebenso beteuert auch die WHO selbst, dass sie die Zusammenarbeit mit den USA und privaten amerikanischen Geldgebern jederzeit willkommen heißen und weiterhin offen sind. Zudem versucht man von europäischer und deutscher Seite, es zu schaffen, Trump umzustimmen oder zu einem „besseren Deal“ zu kommen.
Bliebe dies aus hat die WHO nach aktuellem Stand die Wahl zwischen Aussitzen und darauf hoffen, dass es in der nächsten Präsidentschaft wieder anders kommt, einer Vertragsänderung insofern, als dass die USA insgesamt nur noch als quasi privater Akteur behandelt würden – oder eine große Umverteilung der bestehenden Gelder und Ausgaben.
Wer die direkten Auswirkungen als erstes spürt, erklärt Gesundheitsminister Lauterbach auf X.
Derweil hat die Entscheidung auch Auswirkung auf das amerikanische Gesundheitswesen bzw. seine Bevölkerung. Künftig dürften Amerikaner wohl weit länger auf Impfstoffe warten als bisher. Auch dauert es weit länger – wenn überhaupt – dass sie von der Forschungsexpertise der Weltgemeinschaft profitieren, da entsprechende amerikanische Daten nicht mehr eingespeist würden und man sich nur schwer mit amerikanischen Fällen beschäftigen könnte.
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