MED HISTORY | Es ist eine jahrhundertealte Frage: Haben die Europäer Syphilis nach Amerika gebracht – oder nur von dort zurückgebracht? Nun scheint die Antwort endlich gefunden zu sein.
Syphilis ist eine Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht wird und ausschließlich den Menschen betrifft. Übertragen wird das Bakterium vor allem durch sexuellen Kontakt – aber auch durch Blut oder von der Mutter auf das ungeborene Kind während der Schwangerschaft.
In der Medizin wird Syphilis auch als „Chamäleon“ bezeichnet, da die Krankheit im Verlauf verschiedene Stadien durchläuft und sich mit vielfältigen Symptomen manifestiert, was die Diagnose oftmals erschwert.
Die erste dokumentierte Syphilis-Epidemie in Europa ereignete sich im Frühjahr 1495 während des Italienfeldzugs von Karl VIII. von Frankreich. Diese Krankheit, die mit hoher Sterblichkeit einherging, breitete sich schnell über den Kontinent aus.
Doch es stellte sich die Frage: War diese Epidemie der tatsächliche Beginn der Syphilis-Ausbreitung in Europa, oder existierte der Erreger T. pallidum bereits früher auf dem europäischen Kontinent?
Ein Team des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig hat sich intensiv mit der evolutionären Geschichte der Syphilis beschäftigt und kürzlich in der Fachzeitschrift Nature bahnbrechende Ergebnisse veröffentlicht, die zur Klärung ebenjener Frage beitragen.
Das Team analysierte fünf Erregergenome aus Amerika, die aus der Zeit vor 1495 stammen, und konnte nachweisen, dass es sich um alte Verwandte der T. pallidum Linien – darunter T. pallidum pallidum (Syphilis), T. pallidum pertenue (Frambösie) und T. pallidum endemicum (endemische Syphilis) – handelt. Diese Ergebnisse stützen die kolumbianische Hypothese, die besagt, dass Christoph Kolumbus und seine Crew die Syphilis aus Amerika nach Europa brachten.
Man geht davon aus, dass die weitere weltweite Ausbreitung der Erkrankung der Kolonialzeit zuzuschreiben ist. In Deutschland ist die Syphilis immer noch verbreitet und erreichte sogar im Jahr 2022 mit 10 Fällen/100.000 Einwohner die höchste gemeldete Inzidenz seit der Einführung der nichtnamentlichen Meldepflicht im Jahr 2001.
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