Wann sollte man Vitamin D substituieren – das ist in meiner Kinderarztpraxis eine häufige Frage. Wozu ich Eltern rate und was ich von einer Studie halte, die einen Mangel mit Schlafapnoe assoziiert.
Im JAMA für HNO-Chirurgie (JAMA Otolaryngol Head Neck Surgery) wurde im Dezember letzten Jahres eine Studie veröffentlicht, die implizierte, dass ein Mangel an Vitamin D das Risiko auf ein obstruktives Apnoe-Syndrom erhöhe. Untersucht wurden Kinder zwischen zwei und sechzehn Jahren, gleich verteilt auf Jungen und Mädchen. Die Tendenz zu einem Vitamin-D-Mangel zeigte sich vor allem bei Mädchen, PoC, jüngeren Kindern und Kindern mit obstruktivem Apnoe-Syndrom. Nach erweiterter Analyse blieb die Korrelation zum Apnoe-Syndrom übrig. Die Studie begutachtete 72 Kinder.
Vitamin-D-Mangel ist zweifellos ein Thema bei Kindern, insbesondere in sonnenarmen Wintermonaten, gerade bei uns in Mitteleuropa. Wir finden auch in der Praxis regelmäßig niedrige Vitamin-D-Spiegel im Serum. Empfehlungen zur Substitution sind vielfach in den letzten Jahren ausgesprochen worden, variierend in Menge des aufzunehmenden Vitamin D, welche Patienten tatsächlich davon profitieren und in welcher Jahreszeit (oder ganzjährig) die Präparate eingenommen werden sollen.
Die oben genannte Studie kann jedoch keinen Beitrag zu dieser Diskussion leisten. Dazu ist sie viel zu klein, zudem gibt es keine Aussagen zur Jahreszeit bzw. wann die entsprechenden Spiegel im Serum untersucht worden sind. Denn schließlich hat der Aufenthalt im Freien einen großen Einfluss auf die Vitamin D Aktivierung im Körper. Eine Kontrollgruppe fehlt völlig. Wie hoch ist das Defizit in einer Vergleichsgruppe ohne obstruktivem Apnoe-Syndrom?
Die Studie untersucht letztendlich eine Korrelation, ganz sicher keine Kausalität, dazu wäre mehr Grundlagenforschung notwendig. Denn ein Vitamin-D-Mangel kann naturgemäß nur indirekt ein obstruktives Schlafapnoesyndrom beeinflussen. Führt der Vitaminmangel zu erhöhter Infektanfälligkeit? Wie viele Infekte haben die untersuchten Kinder tatsächlich durchlaufen, und ist das nicht abhängig vom Alter und der kumulierten Inzidenz?
Eine Studienreview von 2020 des European Journal of Clinical Nutrition zu den aktuellsten Erkenntnissen des weltweiten Vitamin-D-Mangels stellt noch einmal die häufigsten Risiken heraus: Knochenschwund mit möglicher Frakturneigung, Infektneigung und Depression. Ein weltweites oder auch nur einzelnes nationales Public-Health-Programm zur flächendeckenden Substitution und resultierenden weiteren Studien wird gefordert.
Aktuell empfehlen wir bei Kindern lediglich die Vitamin-D-Gabe während des ersten Lebensjahres bzw. einschließlich des darauffolgenden Winters. Früher gab es Empfehlungen, die bis ins Vorschulalter reichten. Viel Vitamin D enthalten „Fettfische“ wie Makrele, Hering oder Lachs, weniger Innereien und Eigelb, außerdem einige Pilzsorten. Also alles Nahrungsmittel, die Kinder meist wenig goutieren.
Eine grundsätzliche Empfehlung für Vitamingaben über das Kleinkindalter hinaus gibt es nicht – lediglich, wenn mögliche Symptome und eine Kontrolle entsprechende Spiegel im Blut finden lassen. Fragen uns Eltern in der Praxis, ob sie Vitamin D z. B. in Tabletten- oder Tropfenform über das Säuglingsalter hinauszusetzen sollen, empfehle ich das zumindest für die Wintermonate. Eine Gabe von 500–1000 I.E. sollte dabei nicht überschritten werden. Und natürlich: Raus an die frische Luft, raus in die Sonne, mindestens drei bis vier Stunden am Tag.
Quellen:
Andrew E. Bluher et al: Vitamin D Deficiency and Pediatric Obstructive Sleep Apnea Severity. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg, 2024. doi:10.1001/jamaoto.2024.3737
Karin Amrein et al, Vitamin D deficiency 2.0: an update on the current status worldwide, European Journal of Clinical Nutrition, 2020, doi.org/10.1038/s41430-020-0558-y
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