Eine Frau kommt mit starken abdominellen Schmerzen in die Notaufnahme. Alles spricht für eine Appendizitis – doch Moment. Die Appendix wurde bereits vor einem Jahr entfernt. Was steckt dahinter?
Eine 47-jährige Frau stellt sich aufgrund von starken abdominellen Schmerzen in der Notaufnahme vor. Seit circa einem Monat verspüre sie regelmäßig kolikartige, periumbilikale Schmerzen, die in den rechten Unterbauch ausstrahlen. Heute seien diese zusätzlich von Übelkeit und Erbrechen begleitet und nicht durch Körperposition oder Medikamente zu lindern. Ihre Menstruation sei regelmäßig, zuletzt vor fünf Tagen. In der Anamnese verneint sie Beschwerden beim Wasserlassen oder Auffälligkeiten beim Stuhlgang. In der Vorgeschichte ist bei ihr eine Hypertonie und ein Diabetes mellitus Typ II bekannt.
Bei der Untersuchung erweisen sich die Vitalparameter der Patientin als stabil. Sie hat eine rosige Hautfarbe, ist aktiv und wach. Die abdominelle Untersuchung zeigt ein weiches Abdomen, jedoch mit allgemeiner Empfindlichkeit, hauptsächlich im rechten Unterbauch. Rebound-Schmerz und Rovsing-Zeichen sind positiv. Noch während sich der Verdacht auf eine Appendizitis formt, fällt im Bereich des Abdomens eine Narbe auf, die auf eine zurückliegende offene Appendektomie hinweist. Die Patientin bestätigt dies: Die Operation sei vor einem Jahr bei akuter gangränöser Appendizitis durchgeführt worden.
In weiteren Untersuchungen zeigt das Blutbild erhöhte Leukozyten mit Linksverschiebung, und das C-reaktive Protein (CRP) ist mit 16 mg/l erhöht. Die Urinuntersuchung ist unauffällig.
Der klinische Befund entspricht dem klassischen Bild einer Appendizitis – Differenzialdiagnosen wie Harnwegsinfekt oder Divertikulitis erscheinen zunehmend unwahrscheinlich. Doch eine Appendizitis nach Appendektomie? Das klingt unplausibel.
Eine Computertomographie (CT) des Abdomens und des Beckens mit Kontrastmittel schafft schlussendlich Klarheit: Tatsächlich zeigt sie eine Entzündung eines verbliebenen Teils des Wurmfortsatzes. Die Diagnose: Rezidivierende Appendizitis.
Die CT-Aufnahme des Abdomens und des Beckens zeigt eine Spitzenappendizitis. (A und B) Koronale und axiale Schnitte zeigen den distalen Teil einer röhrenförmigen Struktur mit blinden Enden und einer Länge von ca. 8 mm, die aus dem Zökum entspringt (rote Pfeile). Credit: Qunibi et al.
Was zunächst widersprüchlich erscheint, wird durch den Operationsbericht erklärt: Bei der ersten Appendektomie wurde die Wurmfortsatzwurzel abgebunden, der Wurmfortsatz jedoch nicht vollständig entfernt. Ein Teil wurde aufgrund schwerer Verwachsungen in situ belassen.
Die Patientin wurde zwei Tage lang konservativ antibiotisch behandelt, worunter sie sich klinisch deutlich besserte. Sie wurde bei gutem Allgemeinzustand und ohne Komplikationen nach Hause entlassen.
Abschließend empfehlen die behandelnden Ärzte in ihrem Report, auch bei Patienten, bei denen in der Vergangenheit eine Appendektomie durchgeführt wurde, wachsam zu bleiben. Bei klassischen Symptomen sollte auch bei diesen Patienten eine rezidivierende Appendizitis in Betracht gezogen werden. Eine konservative Behandlung mit Antibiotika kann in einigen Fällen erfolgreich sein, solange keine Perforation vorliegt.
Der Text basiert auf einem Fallbericht von Qunibi et al. aus dem Journal of Surgical Case Reports.
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