Körpergerüche verraten uns viel über unseren Gegenüber – und auch manche Krankheiten kommen mit eigener Duftnote. Wie Ärzte ihren Geruchssinn bei der Diagnostik nutzen können.
Der Geruchssinn ist einer unserer wichtigsten Sinne – er warnt uns vor potenziellen Gefahren, wie etwa verdorbenen Lebensmitteln, lässt uns bei vertrauten Düften in Erinnerungen schwelgen und beeinflusst sogar unsere Partnerwahl. Doch setzt ihr eure Nase auch bei euren Patienten ein?
Auch wenn wir heutzutage häufig versuchen, den eigenen Körpergeruch mit Parfüms, Deos und Cremes zu überdecken, haben wir eins gemeinsam: Wir alle riechen. Das liegt an sogenannten flüchtigen organischen Verbindungen (engl.: volatile organic compounds; VOCs). Diese chemischen Verbindungen – zu denen übrigens auch Pheromone zählen – sondern wir über unseren Atem, Schweiß sowie jede andere Körperflüssigkeit ab. Das kann nicht nur dazu führen, dass sich unser Gegenüber zu uns hingezogen fühlt, sondern auch das genaue Gegenteil bewirken. Manche Gerüche signalisieren nämlich, dass wir krank sind und unser Umfeld besser einen Bogen um uns machen sollte.
Das liegt daran, dass unser Immunsystem aktiviert wird, wenn wir krank sind. Dadurch verändert sich unser Stoffwechsel und damit auch die emittierten VOCs – wir riechen krank. Das nehmen vor allem Familienmitglieder oder Partner wahr, mit denen wir viel Zeit verbringen.
Riecht das jetzt eher nach Honig oder Ahornsirup? Natürlich ist es sehr unzuverlässig, eine Diagnose rein nach dem Geruch zu stellen – alleine schon, da der Geruchssinn bei jedem unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Trotzdem gibt es einige Krankheiten, die mit einem charakteristischen Geruch einhergehen und dadurch eine Diagnose vereinfachen oder auf die richtige Bahn lenken.
Diabetes: Patienten mit schlecht oder nicht gemanagtem Blutzuckerspiegel können gleich auf zwei Arten riechen. Bei unzureichenden Mengen Insulin im Körper kann dieser Glukose nicht mehr verstoffwechseln und greift auf andere Energiequellen zurück: Fett. Dabei entstehen Ketonkörper, die unter anderem über den Atem ausgestoßen werden und einen Geruch nach Aceton verursachen. Die nicht-verstoffwechselte Glukose hingegen wird über den Urin ausgeschieden, der dadurch einen süßen oder fruchtigen Geruch bekommt.
Ahornsirupkrankheit: Wie der Name der Krankheit schon vermuten lässt, riechen unbehandelte Betroffene nach Ahornsirup. Das liegt daran, dass aufgrund eines Defekts eines Dehydrogenasekomplexes Leucin, Isoleucin und Valin nicht verstoffwechselt werden können. Das führt zu einer Anreicherung dieser Aminosäuren im Körper und ihrer Ausscheidung über Schweiß, Urin und das Ohrenschmalz.
Zwar liegt bei beiden Krankheiten ein süßlicher Geruch im Urin vor – doch ihr müsst nicht zwischen Honig und Ahornsirup unterscheiden können. Die Ahornsirupkrankheit ist nämlich bedeutend seltener als Diabetes und wird meist bereits im Säuglingsalter diagnostiziert.
Auch manche Erkrankungen des Intimbereichs können bereits am Geruch erkannt werden. Doch bei Frauen und Männern bedeuten die Gerüche nicht zwangsläufig das Gleiche.
Fischiger Geruch im Intimbereich: Bei Patientinnen deutet Ausfluss mit einem fischigen Geruch meist auf eine bakterielle Vaginose hin. Dafür sind anaerobe Bakterien wie Gardnerella verantwortlich, die unter anderem das VOC Trimethylamin produzieren, was den fischigen Geruch verursacht.
Bei Männern hingegen kann der Fischgeruch im Schritt auf mehrere Erkrankungen – wie etwa Pilzerkrankungen oder bakterielle Infektionen – oder eine unzureichende Körperhygiene hindeuten. Wobei auch bei letzterem Bakterien für den Geruch verantwortlich sind. Bei unzureichender Hygiene des Intimbereichs kann es nämlich zu einer Ansammlung von Smegma kommen – ein wahrer Brutplatz für Bakterien.
Übel riechende Wunden und Erkrankungen sind nicht nur für Patienten eine Belastung, sondern auch den behandelnden Arzt. Dabei gibt es Studien (hier und hier), die den strengen Geruch als Bereicherung für eine schnelle Versorgung sehen: Das Anlegen von Kulturen und Identifizieren von Pathogenen kann nämlich häufig dauern – eine Identifikation nach Geruch wäre eine deutlich schnellere Alternative. Könnt ihr Bakterien und Viren am Geruch erkennen?
Escherichia coli: Fauliger Geruch oder Geruch nach Fäkalien. Das anaerobe Bakterium wandelt L-Tryptophan zu Indol um, da es dieses nicht selbst herstellen kann. In höheren Konzentrationen kommt es dadurch zum typischen Fäkal-Geruch (hier).
Staphylococcus: Fruchtig und süß. Dieser Geruch stammt vor allem von der durch das Bakterium produzierte Isovaleriansäure.
Pseudomonas aeroginosa: Sollten eure Patienten ohne ihr Zutun nach Trauben riechen, so sollte euer Verdacht auf Pseudomonas fallen. Das gramnegative Bakterium produziert nämlich 2-Aminoacetophenon und das bereits in frühen Stadien. Auf Agarplatten lässt sich der Geruch bereits nach 24 Stunden nachweisen.
Natürlich sind und bleiben strenge Gerüche in der Arztpraxis eher unbeliebt und man wünscht sich eine kleine Dosis Pfefferminzöl unter der Nase, um den Gestank zu übertünchen. Trotzdem können sie euch beim Stellen der richtigen Diagnose behilflich sein, wenn ein Patient euch berichtet, dass sein Ohrenschmalz nach Ahornsirup riecht.
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