Schokolade ist die süßeste Sünde der Deutschen. Zum Glück hat man mit der dunklen Variante eine gesündere Option – oder? Ob das wirklich so ist, hat eine groß angelegte Studie nun untersucht.
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine kurze Zusammenfassung.
Weihnachten ist vorbei, doch viele Menschen sind noch immer damit beschäftigt, die Armee an Schoko-Weihnachtsmännern zu bekämpfen. Das kann – zumindest, wenn es sich um zuckerüberfrachtete Vollmilchvarianten handelt – besonders für Menschen mit Gewichtsproblemen und für Diabetiker heikel sein. Aber wie sieht es mit den im Kakaogehalt hochprozentigen dunklen Naschereien aus?
Ihr Reichtum an Flavonoiden (Subklasse der Polyphenole), weniger Zucker und Milchpulver haben ihr nicht nur einen gegenüber Milchschokolade guten Ruf eingebracht, sondern sie regelrecht zum „arzneiesken“ Superfood reifen lassen. Die Kakaobohne zählt zu den Flavonoid-reichsten Naturprodukten überhaupt. Besonders ihr hoher Gehalt an Flavanolen wie dem Epicatechin verleiht ihr entzündungshemmende, vasodilatorische und stark antioxidative Eigenschaften, was potenziellen Zellschädigungen durch ein Übermaß freier Radikale und proinflammatorischer Zytokine entgegenwirkt. Eine Reihe von RCTs haben günstige kardiovaskuläre (hier und hier) und metabolische Flavonoid-Wirkungen in Form reduzierter Risiken, an Typ-2-Diabetes (T2D) zu erkranken (hier und hier), untermauert.
Doch die Studienlage hinsichtlich der Wirkungszusammenhänge zwischen dem Verzehr von Schokolade und der Entwicklung eines T2D ist nicht konsistent (hier und hier). Ein Grund dafür kann die in der Mehrzahl der Untersuchungen fehlende Differenzierung zwischen der Vielzahl unterschiedlicher Schokoladenarten sein. Die Spannbreite an Kakao-, Milchpulver- und Zuckergehalten sowie weiteren variablen Zutaten ist enorm.
In einer aktuellen Harvard-Studie verfolgte ein US-amerikanisch-chinesisches Forschungsteam das primäre Ziel, die uneinheitliche Datenlage zur Assoziation zwischen Schokoladenverzehr und T2D-Inzidenz durch Stratifizierung nach Schokoladenart (Dunkel-, Milch-, Gesamtschokoladenkonsum) zu konkretisieren. Das Analysematerial lieferten die Daten dreier großer prospektiver Kohortenstudien, der von 1986 bis 2018 gelaufenen Nurses’ Health Study (NHS), ihrer Nachfolgestudie NHSII (1991–2021 mit eigener Kohorte) – beide ausschließlich mit weiblichen Probanden – sowie der rein männlichen Health Professionals Follow-Up Study (HPFS) von 1986 bis 2020. Von insgesamt gut 238.000 Krankenschwestern und 51.500 männlichen, ebenfalls im Gesundheitswesen tätigen Probanden flossen die Daten von etwa 192.000 Probanden (79% ♀) in die Analyse des Gesamtschokoladenkonsums und von knapp 112.000 Personen (87% ♀) in die nach Schokoladenart stratifizierte Analyse ein.
Die Informationen zum Ernährungsverhalten und zum Schokoladenverzehr im Besonderen wurden in Vierjahresintervallen per Fragebogen erhoben, wobei die Probanden die Höhe ihres durchschnittlichen Schokoladenverzehrs (gesamt sowie in Milch- und Dunkelschokolade unterteilt) einem von neun Mengenniveaus von nie (Referenz) über höchstens eine Portion pro Monat bis zu mindestens sechs Portionen pro Tag zuordneten. Als Standardportion wurde eine Unze (28,35 g) Schokolade gesetzt.
Ausschlusskriterien waren ein zu Studienbeginn vorliegender Diabetes, eine kardiovaskuläre oder Krebserkrankung (außer nicht-Melanom-Formen), sowie über die gesamte Studiendauer unzureichende Angaben zum Schokoladenkonsum, zur Körpergewichtsentwicklung, zum Gesundheitsstatus sowie eine außergewöhnlich hohe oder niedrige tägliche Energieaufnahme (♀: >3.500 / <600 kcal; ♂: >4.200 / <800 kcal ♂). Aus den Angaben zum Schokoladenkonsum und sonstigen Ernährungsgewohnheiten errechneten die Studienautoren die Gesamtenergiezufuhr sowie die Gesamtflavonoid-Aufnahme.
Ergebnisrelevante Kovariablen (Körpergewicht, Taillenumfang, körperliche Aktivität, Raucherstatus, Alkohol, Multivitaminpräparate, Menopausenstatus und postmenopausale Hormonaufnahme, orale Verhütungsmittel, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie etc.) wurden in Zweijahresintervallen mittels validierter Fragebögen erhoben.
Auch die Bestimmung der T2D-Inzidenz erfolgte im Zweijahresrhythmus über Follow-Up-Fragebögen, wobei eine gemeldete T2D-Diagnose durch einen zusätzlichen Fragebogen gesichert wurde, in dem Daten zu Plasma-Glucose, HbA1c, Symptomen, therapeutischen Maßnahmen etc. abgefragt wurden.Die Berechnung der Assoziationsstärke zwischen Gesamt- bzw. Milch-/Dunkel-stratifiziertem Schokoladenkonsum und T2D-Entwicklung erfolgte über Cox-Regressionsanalyse.
In allen drei Studienkohorten war sortenunabhängig ein höherer Schokoladenkonsum auch mit einer Steigerung der täglichen Gesamtaufnahme von Energie, gesättigten Fetten und zugesetztem Zucker verbunden. Bei den Milchschokoladekonsumenten fielen diese Steigerungen höher aus. Teilnehmer mit Vorliebe für dunkle Schokolade verspeisten im Vergleich zur Referenz („Schokoladen-Abstinenzler“) durchschnittlich mehr Obst und Gemüse und wiesen eine signifikant höhere Flavonoid- und Flavanol- (bes. Epicatechin-)Zufuhr auf. In der Folge war ein höherer Konsum von dunkler Schokolade insgesamt mit einem höheren Alternate Health Eating Index (AHEI = zur Bewertung der gesundheitlichen Qualität verschiedener Ernährungsweisen entwickelter Maßstab) assoziiert. Dagegen war ein höherer Milchschokoladenkonsum negativ mit der Obst-/Gemüse und Flavonoid-Aufnahme korreliert.
Der Verbund mit einer Ernährungsweise, die insgesamt reicher an zugesetztem Zucker und hochverarbeiteten Fleischwaren war, ließ den AHEI des durchschnittlichen Milchschokoladekonsumenten unter das Referenzniveau sinken. Kurz gesagt zeigten sich Liebhaber dunkler Schokolade im Gegensatz zu Milchschokoladengenießern eher einer insgesamt gesundheitsbewussteren Ernährungsweise zugewandt, was es wiederum schwierig macht, den alleinigen Einfluss der Schokoladenart auf den Gesundheitsstatus zu quantifizieren.
Von den insgesamt gut 192.000, auf drei Kohorten verteilten Studienteilnehmern entwickelten über die gesamte Beobachtungsdauer knapp 19.000 einen T2D. In der Analyse der über alle Kohorten gepoolten Rohdaten zeigte sich zwischen Gesamtschokoladenkonsum und T2D-Risiko kein signifikanter Zusammenhang, der sich aber bei Adjustierung nach Ernährungsweise und Lebensstilfaktoren in eine 10 prozentige Senkung (!) des relativen T2D-Risikos (95 % KI: 2–17 %) für den Verzehr von ≥5 Standardportionen (knapp 150 g) pro Woche irgendeiner Schokolade verwandelte. Für jede wöchentlich verspeiste Unze (ca. 30 g) Schokolade errechneten die Autoren eine signifikante Verringerung des T2D-Risikos um 1%.
Dieses für alle Schokoladengenießer erfreuliche Ergebnis dürfte aber in erster Linie den Eigenschaften der Dunkelschokolade geschuldet sein. Denn die Stratifizierung nach Schokoladenart ergab unter Berücksichtigung der Störfaktoren für den Verzehr von ≥5 Unzen dunkler Schokolade pro Woche eine relative T2D-Risikosenkung um 21 % (95 % KI: 5–34 %) gegenüber der Schokoladenabstinenzler-Referenz. Rechnerisch entspricht das einer signifikanten Verringerung des T2D-Risikos von 3 % pro wöchentlicher 30 g-Portion dunkler Schokolade.
Eine klare Assoziation zwischen dem Konsum von Milchschokolade und Diabetesrisiko brachte die Analyse nicht ans Licht. Selbst der Vergleich zwischen den extremsten Konsumenten (besonders niedrig versus besonders hoch) ergab lediglich einen 6-prozentigen Unterschied im T2D-Risiko (HR 0,94; 95 % KI 0,79 - 1,12 %).
Insgesamt zeigten die Ergebnisse eine signifikante Heterogenität zwischen den drei Kohorten. Am deutlichsten stellte sich die Negativkorrelation zwischen dem Konsum dunkler Schokolade und dem T2D-Risko in der männlichen Kohorte dar. Hier lag die relative, durch ≥5 Wochenportionen erreichte Risikosenkung bei 51 % (95 % KI: 8–74%) gegenüber der Referenz, wobei besonders jene Probanden vom Dunkelschokoladenkonsum profitierten, die auch sonst einen gesundheitsförderlichen Ernährungs- und Lebensstil pflegten.
Als Figurkiller ist Schokolade seit jeher gefürchtet. Fettdominiertes Übergewicht ist bekanntermaßen auch einer der stärksten T2D-Risikofaktoren. Im Körpergewichtskontext zeigte sich, dass die Stratifizierung nach Schokoladentyp Sinn ergibt. Denn während erwartungsgemäß ein gesteigerter Gesamtschokoladenkonsum positiv mit einer Gewichtszunahme assoziiert war, trifft dies in der stratifizierten Auswertung nur auf Milchschokolade zu. Nach Abgleich mit allen Confoundern lag der über die drei Kohorten und alle quantitativen Konsumlevel gemittelte Gewichtszuwachs der Milchschokoladenesser bei signifikanten 350 g (95% KI: 270–430 g) über einen Zeitraum von vier Jahren.
Das mag zwar weniger sein als Naschkatzen befürchtet haben – aber ein Mittelwert sagt wenig über die individuelle Körperreaktion aus. In diesem Zusammenhang verdient ein weiterer Befund Beachtung. Die Höhe des Gewichtszuwachses hing nämlich vom BMI der Probanden ab. Bei einem der Definition von Adipositas entsprechenden BMI ≥30 fiel der mittlere Gewichtszuwachs über vier Jahre mit 680 g mehr als doppelt so hoch aus wie bei nicht adipösen Probanden (330 g).
Der Verzehr dunkler Schokolade war über alle drei Kohorten und BMI-Kategorien hinweg nicht mit einer signifikanten Gewichtszunahme binnen Vierjahresintervall verbunden. Selbstredend ist das für die Einzelperson keine Garantie, dunkle Schokolade folgenlos in größerer Menge genießen zu können. Doch liefert dieser Befund einen weiteren Hinweis, dass die Energiebilanz nicht der einzige über die Zeigerrichtung auf der Waage entscheidende Faktor ist. Dunkle Schokolade liefert gerade bei hohem Kakaobuttergehalt nicht zwangsläufig weniger Kalorien als eine zuckerstrotzende Vollmilchsorte, wirkt aber offenbar weniger lipogen.
Den bahnbrechenden Erkenntnisgewinn bringen die Ergebnisse der Triple-Kohorten-Studie eher nicht. Die Stratifizierung in Milch- und dunkle Schokolade festigt die aus nicht stratifizierten Studien gezogenen Schlüsse. Festzuhalten bleibt, dass Liebhaber dunkler Schokolade auch insgesamt ein Ernährungsverhalten aufweisen, das sich stärker an den offiziellen Empfehlungen einer obst- und gemüsereichen Kost mit wenig hoch verarbeiteten Produkten orientiert.
Bei allen Vorzügen, die die Analyse aufgrund der großen Probandenzahl und langjährigen Nachbeobachtungen aufweist, schmälert ein Bündel Schwächen die Aussagekraft. So liefert die Unterscheidung in dunkle und Milchschokolade den Anschein zweier zumindest halbwegs homogener Schokoladenklassen. Das ist aber nicht der Fall. Gerade die vermeintlich gesunden dunklen Spezies weisen eine erhebliche, gesetzlich nicht geregelte Spannbreite auf. Die Verordnung über Kakao- und Schokoladenerzeugnisse (KVO) legt fest, dass als „Schokolade“ bezeichnete Ware eine Gesamtkakaotrockenmasse von mindestens 35 % und 18 % Kakaobutter enthalten muss. Bei „Milchschokolade“ sind es mindestens 25 % Gesamtkakaotrockenmasse und 14 % Milchtrockenmasse.
Für die verschiedenen Sorten von dunkler bzw. Bitterschokolade gibt es in der KVO keine Regelung. Unter welchen Voraussetzungen, eine Schokolade als Zartbitter-, Edelbitter- oder Bitterschokolade in den Handel gebracht werden darf, ist rechtlich nicht definiert. Hier gibt es lediglich eine „allgemein übliche Verkehrsauffassung“.
Somit liegt die Spannbreite für dunkle Schokolade zwischen 43 und 100 % Kakaoanteil, was physiologisch ebenso bedeutsam sein kann wie die zwischen etwa 25 und 50% schwankenden Zuckergehalte. In der Studie finden diese relevanten Faktoren keine Berücksichtigung. Dunkle versus Milchschokolade ist somit lediglich eine grobe Grenzziehung.
Dass dunkle Schokolade mit hohem Kakao- und niedrigem Zuckergehalt die gesündere Alternative ist, kommt nicht überraschend. Wenn der Verzehr sogar das T2D-Risiko senkt und überdies kein „Hüftgold“-Zuwachs nachweisbar ist, dürfte das allen dunklen Genießern den bitteren Geschmack „versüßen“. Der Blick auf die Zutatenliste ist aber immer ratsam, denn dunkle Schokoladen enthalten nicht automatisch weniger Zucker als die milchige Konkurrenz. Geschmacklich liegt zwischen „bitter“ und „Vollmilch“ natürlich ein erheblicher Unterschied. Ob Liebhaber der süß-hellen für die deutlich bitteren Varianten zu begeistern sind, erscheint fraglich.
Gesundheitsvorteile dunkler Schokolade: Dunkle Schokolade kann dank ihres hohen Flavonoid-Gehalts das Risiko für Typ-2-Diabetes (um bis zu 21 %) und andere Krankheiten senken.
Unterschiede zur Milchschokolade: Dunkle Schokolade ist gesünder, da sie in der Regel weniger Zucker enthält, mit besseren Ernährungsgewohnheiten verbunden ist und keine signifikante Gewichtszunahme verursacht.
Einschränkungen der Studie: Ergebnisse sind durch Selbstauskunft, fehlende Differenzierung der Schokoladenarten und eingeschränkte Probandenauswahl begrenzt.
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