Analer Juckreiz kann Patienten in den Wahnsinn treiben. Wie viele verschiedene Ursachen dahinterstecken können und wie eure Patienten die Qual loswerden, bespricht eine aktualisierte Leitlinie.
Wenn der After so juckt, dass man kratzen, kneifen, rubbeln und sowieso am liebsten aus der Haut fahren möchte, spricht die Medizin von analem Pruritus, Pruritus ani oder Afterjucken. Der lokal begrenzte Juckreiz kann erstaunlich viele verschiedene Ursachen haben, die entsprechend unterschiedliche Therapien fordern.
Laut Google-Recherche ist der Anus die zweithäufigste Stelle, nach dem sich Menschen im Netz zum Thema Jucken informieren. Der Leidensdruck kann hoch sein, und der anale Juckreiz ist zwar meist gut therapierbar, aber wohl deutlich unterbehandelt. Deshalb haben Vertreter dermatologischer und koloproktologischer Fachgesellschaften und Berufsverbände die S1-Leitlinie Analer Pruritus soeben aktualisiert. Sie ergänzt Leitlinien zum chronischen Pruritus und zum Analekzem.
Eine Auswertung von 109 Patienten, die mit Afterjucken als einzigem Symptom einen Proktologen aufsuchten, ergab folgende Ursachen:
Als Ursachen sind zudem diverse Besiedelungen der Analregion mit Bakterien, Viren, Einzellern, Würmern, Milben und Pilzen bekannt. Auch Stuhlverunreinigungen können das Jucken auslösen. Unklar ist, ob Nahrungsmittel wie Kaffee, Tee, Bier, Tomaten und Schokolade als Bösewichte in Frage kommen. Bei systemischen Ursachen wie Eisenmangel ist das Jucken in der Regel nicht auf den After beschränkt. Auch psychische Gründe können für das Juckgefühl verantwortlich sein.
Zur Diagnose sollten standardmäßig das Verhalten bei Stuhlentleerung, Hygiene und Sex – Stichwort Analverkehr und Gleitgel – erfragt werden, zudem sind eine Inspektion der Region, Abtasten und eine Proktoskopie angezeigt. Eventuell kommen noch Spreizspekulum, diverse Endoskope oder Labortests zum Einsatz, in besonderen Fälle kann auch eine histopathologische Untersuchung sinnvoll sein.
Die Therapie ruht generell auf drei Säulen:
Die naheliegendste und effektivste, wenngleich nur kurzfristig wirksame Symptomlinderung, nämlich ausgiebiges, befreiendes Kratzen, ist leider tabu, weil es mittel- und langfristig die Sache nur schlimmer macht. Durch Kratzen entstehen Hautläsionen, die Krusten und Narben bilden können. Da Kratzen die Barrierefunktion der Haut stört, können Mikroben die Haut besiedeln, was wiederum das Immunsystem auf den Plan ruft. Wenn es ganz schlimm kommt, halst man sich dann sogar eine separate Krankheit auf: „Das Symptom des Juckreizes kann sich unabhängig von der zugrundeliegenden Ursache verselbständigen und als chronischer Pruritus einen eigenständigen Krankheitswert erlangen“, heißt es in der Leitlinie.
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