Beim Stanford-Experiment wurde eine Gefängnissituation simuliert, die sehr schnell außer Kontrolle geriet. „Sowas würde bei uns nicht passieren“, reden sich viele ein. Dabei ist genau das wohl in einem deutschen Gefängnis passiert.
Wir müssen heute über Zimbardo sprechen. Zum einen, weil er vor kurzem im Alter von 91 Jahren von uns gegangen ist, zum anderen, weil das Thema seines wohl größten Werkes momentan durch die Decke geht wie Mentos in Cola.
Philip Zimbardo war ein geschätzter amerikanischer Kollege. Er nannte sich selbst „Dr. Evil“, denn ihn interessierte vor allem eines: Unter welchen Bedingungen tun Menschen böse Dinge. Es ist ja nun mal so: Die wenigsten Menschen, die richtig böse Dinge tun, sind böse Menschen im psychologischen Sinne. Es sind die Umstände. Das Environment, wenn Sie einen Anglizismus verwenden wollen. Es ist ein Ratatouille aus Erfahrungen, Prägungen, Traumata und Ressourcen, welches den Charakter und letztendlich die Handlungen des Menschen prägt. Zimbardo wollte das genauer wissen. Und wie erforschen wir in der Psychologie Dinge, die wir wissen wollen? Mit einem Experiment. Zimbardo schuf DAS Experiment. Der Spielfilm dazu ist sehr sehenswert.
Natürlich spreche ich vom „Stanford-Prison-Experiment“. In aller Kürze: 24 Studenten wurden 1971 willkürlich in „Wärter“ und „Gefangene“ aufgeteilt. Man kannte sich, man war teilweise befreundet, man wusste, es handelt sich um ein Experiment. Die Teilnehmer waren normal sozialisierte, gebildete Menschen. Jeder erhielt 15 Dollar pro Tag (laut Wikipedia entspräche das heute einer Kaufkraft von 100 Dollar) Man reservierte sich den Keller der Universität Stanford und richtete dort ein provisorisches Gefängnis ein. Die „Gefangenen“ unterschrieben im Vorfeld eine Erklärung, dass sie für die Dauer des Experimentes auf einige ihrer Grundrechte verzichten. Es gab alles, was es in einem echten Knast auch gab: Depersonalisierung (Nummern statt Namen für die „Gefangenen“), Bestrafung (eine Isolationszelle), identifikationsstiftende Kleidung (Häftlingskleidung und Uniformen für die Wärter) sogar einen Gefängnishof hatte man für dieses Experiment in den Räumen der Universität eingerichtet. Man scheute keine Mühen.
Es wurde eine Verhaftung inszeniert, jeder bekam ein eigenes Delikt zugelost, man wurde zunächst auf eine Polizeiwache gebracht und wartete dort mit verbundenen Augen in einer Untersuchungszelle bis man schließlich in den Keller des Institutes in eine der drei eigens eingerichteten Zellen des Experiments überführt wurde. Die Wärter erhielten lediglich die Anweisung, dass bei einem Ausbruch das Experiment als beendet angesehen werde. Die Teilnehmer gingen davon aus, dass sie in diesem Fall kein Geld erhalten würden (15 Dollar!).
Die Gruppe der Wärter hatte die sadistische Freiheit, eigenständig Regeln und auch Strafen auszuarbeiten, um Ruhe und einen geregelten Ablauf (bei uns heißt das „die Sicherheit und Ordnung der Anstalt“) aufrechtzuerhalten. Ich bin sehr froh, dass sich dieses Detail vom echten Gefängnisalltag unterscheidet. Unsere Bediensteten müssen unter vorgegebenen Strafen wählen und müssen zumindest die einschneidenderen Maßnahmen von einem Juristen absegnen lassen.
Man muss dazu sagen, dass Zimbardos ursprüngliche Intention war, auf die haltlosen Zustände in Gefängnissen aufzuklären und Reformen anzuschieben. Quasi Systemkritik mit wissenschaftlicher Unterfütterung. Ich bin mir sicher, er selbst war von der Eskalationsgeschwindigkeit seiner Untersuchung genauso entsetzt wie der Rest der Welt.
Nun ja, wir alle kennen den Plot: Bereits nach zwei Tagen erwuchs der erste Aufstand der „Gefangenen“, der von den „Wärtern“ gewaltsam niedergeschlagen wurde. Von da an eskalierte das Verhalten der Wärter in immer sadistischere Verhaltensweisen. Den Gefangenen wurden Betten und Kleidung entzogen. Der Toilettengang wurde zum Privileg deklariert. Die Gefangenen mussten ihr Geschäft in Eimer verrichten. Nach kurzer Zeit stank es schlimmer als in einer U-Bahn-Unterführung zur Volksfestzeit. Ich erinnere: 15 Dollar!
„Wir“ gegen „die“ brannte sich in die Köpfe, als ginge es um Leben und Tod. Nach wenigen Tagen musste das Experiment vorzeitig abgebrochen werden. Zum einen, weil die Gefangenen massive Stresssymptomatiken entwickelten (vier emotionale Zusammenbrüche, ein psychosomatischer Hautauschlag), zum anderen aber, weil die Versuchsleiter selbst von der Szenerie eingesogen wurden und den Wärtern plötzlich aktiv halfen, einen Aufstand der Gefangenen unter Kontrolle zu bringen.
Wir alle (zumindest alle Justizler) haben in den letzten Tagen die Nachrichten verfolgt. Die Vorwürfe gegen die JVA Augsburg/Gablingen wiegen schwer. Die BGH (Besonders Gesicherte Hafträume) wurden zur Abwehr von Selbst- und Fremdgefährdung etabliert und machen auch Sinn, sofern sie korrekt angewendet werden.In der JVA Gablingen sollen diese jedoch in folterkammerähnliche Verliese umfunktioniert worden sein. Menschen sollen nackt über Tage hinweg dort eingesperrt gewesen sein. Auch von körperlichen Misshandlungen durch die „Wärter“ ist die Rede. (Anmerkung: Dieses Wort wird nicht gern gehört. Wärter gibt es im Zoo. Unsere Bediensteten werden AVD oder auch AVDler genannt: Allgemeiner Vollzugs Dienst).
Uns alle schockiert das ins Mark. Aber es überrascht uns nicht. So etwas darf auf keinen Fall passieren, und doch ist es leider nicht absurd.
Zunächst diese Sache mit dem BGH: Der macht Sinn. Auch – und gerade – aus psychologischer Sicht. Jede Psychiatrie hat sowas. Sogar jeder Kindergarten. Ein reizarmer Raum, der einer hysterisch ausrastenden Person die Möglichkeit gibt, herunterzukommen. Je nach Grad der Selbst- und Fremdgefährdung macht es Sinn, diesen Raum ohne bewegliche Gegenstände zu gestalten. Und nachdem man Kleidung in Fetzen reißen und sich daraus Stricke basteln kann, macht es Sinn, auch diese dem Patienten zu entziehen. Ihm steht allerdings Unterwäsche aus Papier zu. Diese sieht so ähnlich aus, wie die Papierhöschen, die man in Hotels bekommt, wenn man eine Massage bucht – um die Illusion aufrechtzuerhalten, man läge nicht nackt vor einem fremden Menschen, der einen jetzt mit Öl einreibt. Augsburg verzichtete laut Presse auf diese Papierunterhose.
Ist ein Gefangener akut suizidal oder körperlich sehr aggressiv, entkleidet man ihn also (sofern er nicht bereit ist, dies selbst zu erledigen), händigt ihm eine Papierunterhose aus und sperrt ihn in diesen auf Körpertemperatur geheizten, gekachelten, fensterlosen Raum. Der Gefangene in der Hocherregungsphase, dem sogenannten „High Arousal“ profitiert von dieser reizarmen Umgebung, denn er kann sich beruhigen. Die meisten tun das auch innerhalb von ein paar Stunden.
Das Problem entsteht danach. Stellt euch vor, eure fünfjährige Tochter hat einen Wutanfall. Sinnlos, destruktiv und emotional momentan nicht auslenkbar. Eine bewährte Maßnahme gestresster Eltern ist: „Geh in dein Zimmer und komm wieder, wenn du dich beruhigt hast.“ Der Unterschied: Das Kind hat noch die Kontrolle. Es kann selbst entscheiden, wann es sich beruhigt hat und wieder zurück in den Dialog geht. Ein weiterer Unterschied: Die Eltern machen in der Regel nicht die Ansage: „Geh in dein Zimmer, ich sperr dich ein und in 24 Stunden schauen wir mal, ob du dich beruhigt hast.“ Würde auch Angst, Wut, Panik und Verzweiflung beim Kind auslösen. Käme keiner auf die Idee. Im Gefängnis schon. Denn hier werden Unterbringungen im BGH zumeist für 24 Stunden ausgesprochen (mit ein paar Ausnahmen). Wahrscheinlich auch, weil bei einer Unterbringung, die eine gewisse Dauer überschreitet, eine richterliche Genehmigung eingeholt werden muss. Diese wird für 24 Stunden erteilt. Und was man hat, hat man.
Blöd nur, dass so ein High-Arousal keine 24 Stunden anhält. Nach ein bis zwei Stunden ist das meist durch, dann folgt eine Erschöpfungsphase und dann … ja, dann will der halt raus. Und kann nicht. Und keiner redet mit ihm. Und nichts lenkt ihn ab. Nun gibt es mehrere Verläufe dieser Situation:
A) Der Gefangene gibt auf – erlernte Hilflosigkeit: Die aufgrund negativer Erfahrung entwickelte Überzeugung, die Fähigkeit zur Veränderung der eigenen Lebenssituation verloren zu haben und für diesen Zustand selbst verantwortlich zu sein. Sieht gut aus, denn der Typ gibt Ruhe. Wird dann als Erfolg der Maßnahme verbucht. Tatsächlich aber erwächst aus erlernter Hilflosigkeit häufig eine depressive Symptomatik und die wollen wir nicht. Denn den meisten suizidalen Zuständen liegt nun mal eine Depression zugrunde. Wenn man es etwas polemisch überspitzen möchte, schaffen wir hier eine Grundlage für Suizidalität.
B) Der Gefangene dreht wieder hoch, das Arousal reaktiviert quasi. Der Gefangene tritt gegen Türen und Wände, schreit und weint. Je nach Intensität bringt ihm das eine weitere Nacht im BGH oder sogar eine Fixierung ein, denn er könnte sich ja selbst verletzen. Und ja: man kann sich ohne Fremdgegenstände selbst verletzen und sogar töten. Man kann sich Fleischstücke aus dem Körper beißen, sich die Pulsadern aufbeißen und mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, bis man ohnmächtig wird. Und nein, das habe ich mir nicht ausgedacht, diese Schilderungen entspringen leider meinem Erfahrungsschatz.
C) Der Gefangene findet Möglichkeiten sich zu beruhigen, indem er tanzt, schattenboxt, Yoga oder Liegestütze macht, Fäkalien schmiert oder onaniert. Bei uns wird viel onaniert.
In den zuständigen Stationsbüros läuft die Kameraübertragung der BGH auf. Man kommt also ins Dienstzimmer und hat einen – mehr oder weniger freien – Blick auf den nackten, onanierenden, tanzenden oder fäkalienwerfenden Gefangenen. Je komischer sich der Typ verhält, umso weniger möchten die Bediensteten mit ihm in den persönlichen Kontakt treten. Drückt er den Notruf, muss wer hin, schon allein um den Ruf zu quittieren. Aber wie lange der Kontakt ausgedehnt wird, liegt im Ermessen des Bediensteten. Meist läuft es auf die einfache Rechnung hinaus: Je größer die Not des Gefangenen – desto befremdlicher sein Verhalten – umso weniger und kürzerer menschlicher Kontakt – umso größer wird die Not – uuuund von vorn.
Die Gefangenen versuchen viel, um Kontakt herzustellen. Dabei geht es auch um die Wiederherstellung von Kontrolle. Ein letztes kleines bisschen Macht auszuspielen, indem sie zum Beispiel die Kamera mit Fäkalien verschmieren. Im BGH muss eine lückenlose Kameraüberwachung zum Schutz des Gefangenen gewährleistet sein. Viele Gefangene wissen das. Fäkalien vor der Linse = keine lückenlose Überwachung = menschlicher Kontakt, denn irgendwer muss kommen und es sauber machen.
Eine weitere Möglichkeit im BGH einen Rest an Selbstwirksamkeit aufrechtzuerhalten, ist das Fluten des Raumes. Durch Verstopfen der Toilette oder des Ablaufes des Waschbeckens. Die Bediensteten reagieren hierauf in der Regel, indem sie das Wasser abstellen. Selbstverständlich muss der Gefangene dann mit Flüssigkeit versorgt werden, indem ihm einzeln Becher mit Wasser gereicht werden. Dieser letzte Schritt wurde, wenn man den öffentlich zu lesenden Vorwürfen Glauben schenken darf, in Augsburg/Gablingen verpasst. Im Laufe der Zeit wurde anscheinend noch mehr verpasst. Die Gefangenen in einem angemessenen Zeitraum da wieder rauszuholen, zum Beispiel. Und alle haben es gewusst. Und wieder mal hat niemand was gesagt, eventuell sogar über Jahre.
Ich möchte zwischendurch einmal etwas klarstellen: Gefängnisbedienstete, egal ob AVD, Psychologen, Juristen oder Geistliche sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Zutiefst anständige Menschen, hirnlose Idioten und sadistische Psychopathen. Genau wie alle Bediensteten im Krankenhaus, bei Obi, bei Lidl, im Finanzamt und bei der Bahn. Weil die Persönlichkeitsfärbungen nun mal über alle Berufsgruppen gleich verteilt sind. Und die sadistischen Psychopathen (dissoziale Persönlichkeitsstörung) machen überall so ca. 2 % aus. Klingt wenig, ist aber genauso viel wie der Anteil rothaariger Menschen in der Bevölkerung. Die allermeisten meiner Kollegen sind hochanständige Menschen. Das, was also hier passiert ist, muss systemimmanent sein.
Ein Gefängniskontext ist ein Paradebeispiel für „die einen gegen die anderen“ und die anderen haben eben möglicherweise schon mal wen umgebracht. Die Idee der Lebensgefahr hängt also in den Mauerritzen. Das würde euch so niemand im Vollzug bestätigen, denn man hat ja keine Angst. Angst wäre gefährlich, denn Angst macht verwundbar. Nimmt man nun Angst und ersetzt das Opferverhalten (Flucht) durch Stärke oder zumindest durch offensive Handlung, so erhält man Angriff. Kampf. Aggression. Man muss schon ein bisschen auf sich aufpassen, um in diesem speziellen Arbeitsalltag nicht zu verrohen.
Das Bedürfnis der Gruppenzugehörigkeit ist ein zutiefst menschliches. Und nicht dazu zu gehören ist mehr als nur uncool. Evolutionspsychologisch gesehen ist Gruppenzugehörigkeit überlebensnotwendig. Wurde der Urzeitmensch von der Gruppe verstoßen, bedeutete das seinen Tod. Es hängt also tatsächlich eine existentielle Angst – eine Todesangst – über uns, wenn wir uns ausgeschlossen fühlen. Daher tragen Opfer von Mobbing häufig so massive psychische Schäden davon.
Wir Menschen tun viel, um dazuzugehören. Kaufen bestimmte Kleidung. Teenager rauchen und trinken Alkohol. Man sticht sich mit Nadeln Farbe unter die Haut, durchbohrt sich Körperteile, zahlt Mitgliedsbeiträge in absurden Vereinen. Beschneidung von Frauen in Afrika kann nur deshalb passieren, weil alle im Stamm (auch die Opfer) überzeugt sind, dass eine unbeschnittene Frau kein wertvolles Mitglied der Gemeinschaft ist. Die Liste ließe sich endlos weiterführen.
Man möchte zu den Kollegen gehören. Im Krankenhaus, im Finanzamt, bei Obi, im Rettungsdienst und erst recht in einer JVA. Auch dies werden viele Bedienstete bestreiten. Und das Zugehörigkeitsbedürfnis ist sicher auch quantitativ individuell. Aber man merkt es dann, wenn einer der Bediensteten mal Mist baut. Dann greift umgehend ein ungeschriebenes Gesetz: „Man fällt keinem Kollegen in den Rücken.“ Wir kennen dieses Phänomen auch von der Polizei und ganz extrem bei der Bundeswehr. Dort hat es einen Namen: „Kameradschaft“. Macht Sinn, denn im Kampfeinsatz hängt mein Leben von meinem Kameraden ab. Da ist es ganz gut, wenn ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann. Man muss sich hierfür übrigens nicht mögen. Im Gegenteil. Sowohl bei uns wie mutmaßlich auch bei der Polizei und der Bundeswehr wird über Kollegen gelästert wie im Mädcheninternat. Aber wenn es ernst wird, gibt es eben einen Kodex.
Um den Zusammenhalt sicherzustellen, assimiliert man. Man passt seinen Wortschatz an und zu einem Teil auch seine Einstellung. Zumindest den Teil, den man nach außen hin preisgibt. Das unterscheidet sich ein wenig, je nach Anstalt und sogar Abteilung. Mancherorts wird eine Pro-Gefangenen-Einstellung nicht gern gesehen. „Sozialarbeiter“ ist dann das entsprechende Schimpfwort für den AVD-Kollegen und soll seine Schwäche markieren. Tatsächlich habe ich aber auch schon erlebt, dass AVD-Kollegen für ihren beleidigenden, sadistischen oder gewalttätigen Umgang mit den Gefangenen von anderen AVD-Kollegen angezählt wurden.
Bitte versteht mich nicht falsch: Ich möchte nicht verteidigen, was in Augsburg passiert ist, wenn es denn so passiert ist (wir erinnern uns, in Deutschland gilt die Unschuldsvermutung bis zur rechtskräftigen Verurteilung. Das gilt auch für Staatsbedienstete). Aber was auf den ersten Blick wie ein sadistischer, mittelalterlicher Gewaltexzess anmutet, ist eine gelebte und in Teilen sinnvolle, Praxis, die außer Kontrolle geraten ist. Wahrscheinlich Stück für Stück. Ein besonders schwieriger Gefangener, der sich einfach nicht beruhigen wollte, ein weiterer, der Unsinn mit der Papierunterhose trieb und viele andere, die den Haftraum geflutet haben. Wahrscheinlich wollte man in einigen Fällen wirklich einen Suizid verhindern. Und verantwortlich sind sowieso „die da oben“. Schließlich wurde die Unterbringung abgesegnet. Von oben. Da beschwert man sich nicht – von unten. „Ober sticht Unter“ sagt man bei uns. Und um das Gewissen zu beruhigen, gibt es immer einen Ober auf den man die Verantwortung schieben kann.
Zimbardo demonstrierte mit seinem Experiment, wie stark situative Faktoren menschliches Verhalten beeinflussen. Die Vorwürfe gegen die JVA Gablingen zeigen, dass diese Erkenntnis auch heute noch von erschreckender Aktualität ist. Auch hier scheint die Macht der Situation, die Anonymität des Gefängnisses und die Gruppendynamik unter den Bediensteten eine Rolle gespielt zu haben.
Auf den Kanapees der Republik, vor dem Fernseher und natürlich in den sozialen Medien ist die Empörung jetzt groß. Man verurteilt und ist sich sicher, man selbst hätte es in dieser Situation niemals so weit kommen lassen. Wir sind uns sicher. Genau wie wir uns damals sicher waren, damals nach 1945, damals nach der Wende, genau wie damals nach Stanford.
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