Antibiotika-Resistenzen gelten weltweit als große Herausforderung forschender Arzneimittelhersteller. Wissenschaftler fahnden nach Molekülen, die auf neuen Wirkprinzipien basieren. Trotzdem bleiben etliche Lücken.
Aus Sicht der Arzneimittelforschung galten die 1980er- und 1990er-Jahre als goldenes Zeitalter. Im jeweiligen Jahrzehnt erblickten 20 beziehungsweise 21 neue Antibiotika das Licht der pharmazeutischen Welt. Danach wurde es still, und Resistenzen häuften sich.Jetzt gibt es neue, aussichtsreiche Kandidaren. Eine Übersicht von Molekülen, die sich mindestens in Phase III befinden:
Zu den neuen Innovationen gehören einige Breitband-Antibiotika. Ärzte und Apotheker setzen hohe Erwartungen in Lipoglycopeptide, etwa Telavancin, Dalbavancin oder Oritavancin. Auch in der Chinolon-Familie gibt es Zuwachs. Hier sind Nemonoxacin (ein nicht-fluoriertes Chinolon), Finafloxacin (ein Fluorchinolon) und Delafloxacin (ein Fluorchinolon) zu nennen. Als weitere Strategie hoffen Forscher auf die Kombination neuer Betalaktamase-Inhibitoren wie Tazobactam oder Avibactam mit Ceftolozan beziehungsweise Ceftazidime. Die Pharmaka sollen bei schwerwiegenden Infektionen, auch mit MRSA, zum Einsatz kommen.
Daneben haben Wissenschaftler einige Pharmaka entwickelt, um bei speziellen Erkrankungen handlungsfähig zu bleiben, etwa bei multiresistenter Tuberkulose. Hier sind der ATPase-Hemmer Bedaquilin, das Diarylchinolin Delamanid sowie das Ethambutol-Analogon SQ-109 zu nennen. Auch bei Patienten mit einer Darminfektion durch Clostridium difficile besteht neue Hoffnung. Sie könnten künftig mit dem Oxazolidinon Cadazolid oder den monoklonalen Antikörpern Actozumab beziehungsweise Bezlotoxumab behandelt werden. Das Magainin-Peptid Pexigananacetat wiederum gilt als hoffnungsvoller Kandidat, um Infektionen beim diabetischen Fuß zu therapieren. Und mit dem Anthrax-Immunglobulin steht eine neue Waffe gegen Milzbrand zur Verfügung.
Trotz aller Euphorie bestehen weiterhin eklatante Defizite. Präparate gegen Gram-negative Bakterien sowie gegen Infektionen der Lunge mit Pseudomonas, gegen Mycobacterium ulcerans als Erreger des Buruli-Ulkus und gegen Infektionen in abgestorbenem Gewebe sind rar. Auch erweist es sich als immer schwieriger, neue Antibiotikaklassen zu entwickeln. Resistenzen werden ein Problem bleiben, so lange in der Humanmedizin – allen voran in der Pädiatrie – Antibiotika ohne Not verschrieben werden.