Wenn es darum geht, Geld zu sparen, werden Patienten mitunter kreativ bis unverschämt. Womit ich diesmal in der Apotheke konfrontiert wurde, lest ihr hier.
Die Apotheke gibt Medikamente ab (auf Rezept und ohne) und berät Patienten in Bezug auf ihre Gesundheit. Das ist das, was wir tun – und damit wir unsere Mitarbeiter bezahlen können (und die Miete und den Wareneinkauf) müssen wir damit auch etwas Geld verdienen. Auf freiverkäufliche Medikamente hat es deshalb eine Marge, bei den rezeptpflichtigen Medikamenten kommt eine Pauschale dazu – manche Dienstleistungen kosten zusätzlich. Es ist wie eigentlich überall im Detailhandel: Gratis ist nichts, irgendwer zahlt immer.
Die Medikamente über Rezept können wir in der Schweiz meist direkt mit der Krankenkasse verrechnen – diese schauen dann bei dem Patienten, ob er den Fixbetrag erreicht hat, wie hoch der Selbstbehalt ist – und stellen das dann gegebenenfalls dem Patienten in Rechnung.
Wegen des Umwegs scheint in den Köpfen mancher Leute aber zu stecken, dass rezeptpflichtige Medikamente die Apotheke nichts kosten – und deshalb andere Regeln zu gelten haben als in der übrigen Wirtschaft. Ich meine, wie sonst soll ich mir folgende Begebenheiten erklären?
Eine Frau kommt mit Rezept und Personalausweis des Mannes und will die Medikamente darauf beziehen. Man muss ihr mehrmals erklären, dass man die Krankenkassenkarte des Mannes dafür braucht und dass der Ausweis nicht ausreicht. Sie zeigt wenig Einsicht, schafft es dann aber (ein paar Tage später) doch, mit der Versichertenkarte zu kommen. Dann ist sie unzufrieden, dass die (teuren) Medikamente bisher noch nicht einmal bestellt wurden und sie noch einmal vorbei kommen muss.
Als sie die Medikamente dann abholt, legt sie sie offen in den schon vollen Korb, den sie dann hinten aufs Fahrrad klemmt. Am nächsten Tag ist sie zurück in der Apotheke und behauptet steif und fest, sie habe die Medikamente in der Apotheke liegen lassen und verlangt, dass man sie ihr noch einmal abgibt.
Sehr unschön, vor allem für Deutschland, denn da kann man auch nicht so einfach die Medikamente noch einmal mit der Krankenkasse abrechnen (diese würden das garantiert retaxieren, heißt: die Apotheke zahlt sie dann selber). Bei uns in der Schweiz ist das etwas anders: Da würde, falls das auffällt, der Patient am Schluss die Rechnung von der Kasse erhalten für seine Schusseligkeit.
Übrigens: Wir hatten auch schon solche Fälle … und bei solchen Behauptungen hat sich unser Videoüberwachungssystem, das wir für Diebstähle haben, bewährt. Da sieht man nämlich, ob und wo das Medikament eingepackt wurde und ob das so die Apotheke verlassen hat. Bei einer solchen Ansage wie oben, würde ich dem nachgehen und die Aufnahme sichern, sowie dem Patienten mitteilen, wie das gelaufen ist.
Der nächste Fall: Ein Mann kommt mit einem Medikament in die Apotheke (Valsartan 80 mg), das er vor einer Woche über sein Dauerrezept bezogen hat. Er möchte es gerne zurückgeben und umtauschen gegen eine Packung Valsartan 160 mg, da er diese teilen kann und das dann günstiger wird (beide Stärken kosten gleich viel). Es ist noch nicht abgerechnet und eine Woche ist noch nicht ewig her, also kann ich das in Betracht ziehen – aber ich muss bei Medikamentenretouren sehr gut schauen, ob ich die dann eventuell noch weiterverwenden darf. Da geht es dann um Fragen wie: Ist die Packung wirklich von uns, sind die Lagerbedingungen eingehalten worden, ist die Packung ungeöffnet etc.
Ein genauer Blick auf die Packung zeigt mir nun aber: Auf der Dosierungsetikette von uns steht „morgens 1/2 Tablette, abends 1 Tablette“ angeschrieben. Die 160 mg kann man nicht vierteln, also funktioniert seine Spar-Idee hier nicht. Und dann sehe ich, dass die Abgabe vom Juli ist (vor 3 Monaten). Das steht auch auf der Dosierungsetikette – er hat zwar tatsächlich vor einer Woche eine neue Packung geholt, aber … diese hier ist das nicht. Deshalb nehmen wir das auch nicht zurück. Er hat es verstanden, als ich ihm das erklärt habe.
Vorkommnisse wie oben beschrieben scheinen sich zum Ende des Jahres und auch jeweils zum Monatsende hin zu häufen – vielleicht ein Ausdruck davon, dass die Leute mehr aufs Geld achten und schauen, wo sie noch sparen können? Ähnliche Begegnungen haben ich schon hier und hier beschrieben.
Übrigens: Es gibt auch echte Möglichkeiten, Geld in der Apotheke zu sparen. Beispielsweise wenn man die angebotenen Generika annimmt. Denn diese werden seit dem neuen Selbstbehalt von 40 % (!) für Originalmedikamente auch von zuvor abgeneigten Patienten angenommen.
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