Die Apotheken vor Ort regen sich schon lange über Online-Apos auf. Auf Social Media heißt es: „Andere Probleme habt ihr nicht?“ Doch, aber es ist eins der drängendsten! Lest hier, warum.
Das aktuelle Urteil gegen den Online-Händler Shop Apotheke, der in Deutschland verbotene Rabatte auf rezeptpflichtige Medikamente gewährte, sorgt für hitzige Diskussionen. Konkret ging es um die Werbung mit 10-Euro-Gutscheinen für die erste Einlösung eines Rezepts per CardLink und einen 10-Euro-Rabatt für Bestellungen ab 59 Euro. Beides muss die Shop Apotheke nun unterlassen, entschied das Landesgericht Frankfurt.
Über das Urteil wird auch auf sozialen Plattformen wie LinkedIn viel diskutiert. Ein Kommentar stach dabei besonders hervor: Sinngemäß hieß es dort: „Andere Probleme habt ihr nicht?“ Ja, wir haben tatsächlich viele andere Probleme. Aber genau dieses Problem, liebe Kritiker, ist eines der drängendsten – und es geht dabei nicht um Kleinigkeiten, sondern ums große Ganze.
Es ist kein Geheimnis: Viele Kunden kehren der Apotheke vor Ort den Rücken und bestellen lieber bei niederländischen Versandhändlern. Warum? Weil diese mit Rabatten und Lockangeboten werben, die für deutsche Apotheken aus gutem Grund verboten sind. Für die Versandapotheken sind diese Rabatte ein Wettbewerbsvorteil, der den Apotheken vor Ort jedoch das Wasser abgräbt – und das, obwohl letztere wesentlich mehr leisten, als nur Medikamente zu verkaufen.
Die Apotheke vor Ort ist weit mehr als eine bloße Ausgabestelle für Arzneimittel. Hier messen wir Kompressionsstrümpfe an, fertigen individuelle Rezepturen an, bieten pharmazeutische Dienstleistungen und Impfungen an. Wir kümmern uns um die Versorgung mit Betäubungsmitteln, stellen uns dem Nachtdienst – und stehen bereit, wenn jemand dringend ein Medikament benötigt, ohne tagelang auf den Paketboten zu warten. All das gibt es nicht bei Versandhändlern – und all das ist in Gefahr, wenn sich die Wettbewerbssituation weiter verschärft.
Der Kern dieses Urteils liegt in der Gerechtigkeit. Wenn wir die flächendeckende Versorgung durch Apotheken vor Ort aufrechterhalten wollen, dann muss der Wettbewerb fair bleiben. Ein System, das die einen zwingt, sich an strenge gesetzliche Vorgaben zu halten, während die anderen mit Regelbrüchen punkten können, ist nicht tragbar. Es untergräbt nicht nur die Existenz der Vor-Ort-Apotheken, sondern schadet langfristig auch den Patienten, die auf die persönliche und schnelle Versorgung angewiesen sind.
Das Urteil ist ein wichtiges Signal: Auch große Versandhändler müssen sich an die Regeln halten. Aber das allein reicht nicht. Es braucht eine Politik, die die Apotheken vor Ort stärkt, die ihre unverzichtbaren Leistungen anerkennt und unterstützt. Es braucht Kunden, die erkennen, dass die vermeintlich günstigen Angebote oft nur auf den ersten Blick günstig sind – und langfristig teuer erkauft werden, wenn die Apotheke in ihrer Nachbarschaft für immer schließt.
Es ist nicht die Frage, ob wir „andere Probleme“ haben – es ist die Frage, ob wir es uns leisten können, dieses Problem zu ignorieren. Wer die Apotheken vor Ort erhalten will, muss gegen unfaire Praktiken vorgehen. Das Urteil gegen die Shop Apotheke ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt in diese Richtung. Und wer das als Lappalie abtut, verkennt die Bedeutung einer flächendeckenden und sicheren Arzneimittelversorgung in Deutschland.
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