Täglich Milch und Käse auf dem Tisch sind gesund – oder? Anders als Käse kann zu viel Milch jedoch schwere Folgen haben. Wer zu den Risikogruppen zählt, erfahrt ihr hier.
Auf der einen Seite gilt Milch als ein wertvolles Nahrungsmittel. In Milch stecken viele wertvolle Inhaltsstoffe wie hochwertiges Eiweiß, die Vitamine A, D, E und K, außerdem B-Vitamine, darunter auch das wichtige Vitamin B12, Kalzium, Phosphor, Jod und Fluor. Auf der anderen Seite steht Milch immer wieder im Verdacht, Auslöser für chronische Krankheiten zu sein. Milch enthält neben den wertvollen Nährstoffen auch gesättigte Fettsäuren, die wenn sie in zu hohen Mengen konsumiert werden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen können.
In einer aktuellen Studie von einem Forscherteam der Universität Uppsala wird der Einfluss von dem Konsum von Milch auf die Herzgesundheit untersucht. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift BMC Medicine publiziert. Die Forscher werteten die Daten von zwei schwedischen Kohortenstudien aus, an denen 59.998 Frauen und 40.777 Männer teilnahmen. Über 33 Jahre lang wurden wiederholt die Ernährungsgewohnheiten und Lebensstilfaktoren sowie Blutwerte der Teilnehmer überprüft. Unter anderem gaben die Teilnehmer an, wie viel fermentierte und nicht-fermentierte Milch sie durchschnittlich pro Tag konsumierten. Ausgewertet wurden auch weitere Faktoren wie zum Beispiel der Alkoholkonsum und der Raucherstatus. Das Alter der Teilnehmer reichte von 42 bis 83 Jahren und der durchschnittlichen Body Mass Index betrug 26,6 kg/m².
Während der Nachbeobachtungszeit der Studie dokumentierte das Team um Karl Michaëlsson 17.896 Fälle einer koronaren Herzkrankheit sowie 10.714 Herzinfarkte. Im Mittel nahmen Frauen 240 ml Milch pro Tag zu sich und Männer 290 ml. Etwa 9 % der Frauen (n=5.456) und 15 % der Männer (n=6.178) berichtete von einem Milchkonsum von 600 ml/Tag und mehr. Verglichen mit Menschen die wenig Milch konsumierten, zeigten Menschen mit einem hohen Milchkonsum im Mittel eine höhere tägliche Kalorienaufnahme, einen höheren Konsum von rotem Fleisch und einen leicht erhöhten Body Mass Index.
Bei Frauen war der Konsum von 300 ml (1,5 Gläser) nicht-fermentierter Milch pro Tag mit einem erhöhten Risiko für eine ischämische Herzerkrankung im Vergleich zu Frauen, die 100 ml (1/2 Glas) Milch pro Tag tranken, verbunden. Bei Genuss von 400 ml Milch pro Tag zeigte sich ein erhöhtes Risiko um 5 %, bei 600 ml Milch pro Tag um 12 % und bei 800 ml Milch pro Tag erhöhte sich das Risiko um 21 %. Die Ergebnisse waren bei Vollmilch und fettreduzierten Varianten gleich.
Bei Männern zeigte sich in der aktuellen Studie kein Zusammenhang zwischen einem erhöhten Risiko für eine ischämische Herzerkrankung in Verbindung mit dem Konsum von nicht-fermentierter Milch. Die Forscher stellten die Annahme auf, dass Unterschiede im Stoffwechsel womöglich eine Begründung dafür sein könnten. Frauen mit höherem Konsum von nicht-fermentierter Milch zeigten veränderte Werte des Angiotensin-Converting-Enzyms 2 (ACE2) und des Fibroblasten-Wachstumsfaktors 21 (FGF21). Einen kausalen Zusammenhang lieferte die Studie aber nicht. Beide Proteine spielen bei der Regulation von Blutdruck und Blutfluss eine Rolle. Fermentierte Milchprodukte wie Joghurt und Kefir wirkten sich dagegen nicht negativ auf die Herzgesundheit aus.
„Da die Risikoerhöhung nur bei sehr hohen Konsummengen beobachtet wurden, die in Skandinavien eher anzutreffen sind als anderswo, betreffen die Ergebnisse die meisten Konsumentinnen in Deutschland wohl nicht“, ordnet Prof. Matthias Schulze, Leiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke die Ergebnisse ein. Laut der Nationalen Verzehrstudie II (2005 bis 2006) läge der mittlere Verzehr von Milch in Deutschland bei Frauen bei ca. 100 Gramm pro Tag, mit einer wohl eher sinkenden Tendenz in den vergangenen Jahren, so Schulze weiter.
Eine Studie aus dem Jahr 2023 untersuchte ebenfalls den Einfluss von Milchprodukten auf das kardiovaskuläre Risiko. Die Autoren der Studie betonten, dass es wichtig sei nicht alle Milchprodukte über einen Kamm zu scheren, sondern sie einzeln und differenziert zu betrachten. Lysne et al. kamen zu dem Ergebnis, dass ein höherer Milch- und Milchproduktekonsum mit einer erhöhten Mortalität und einem erhöhten Schlaganfallrisiko zusammenhängt und der Verzehr von Butter mit einem erhöhtem Herzinfarktrisiko verbunden war. Zudem zeigte sich bei Konsum von Käse ein geringeres Risiko für einen akuten Myokardinfarkt.
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2018, erschienen im Fachblatt The Lancet, kam bezüglich Milch zu einem etwas anderen Resultat. Hier wirkte sich der Konsum von vor allem Joghurt aber auch von Milch und Käse positiv auf die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems aus.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät nach Aktualisierung ihrer Empfehlungen im Jahr 2024 dazu, täglich Milch und Milchprodukte zu verzehren. Für Erwachsene sind das etwa 2 Portionen am Tag. In den früheren Empfehlungen wurde noch 3 Portionen Milch und Milchprodukte pro Tag empfohlen. Unabhängig von dem Konsum von Milch oder anderen Milchprodukten ist eine regelmäßige Kontrolle der Cholesterinspiegel sinnvoll. Denn ein erhöhter Cholesterinspiegel wird von Betroffenen oft nicht oder erst spät bemerkt.
Quellen:
Michaëlsson et al. Non-fermented and fermented milk intake in relation to risk of ischemic heart disease and to circulating cardiometabolic proteins in swedish women and men: Two prospective longitudinal cohort studies with 100,775 participants. BMC Med, 2024. 10.1186/s12916-024-03651-1
Van Parys et al. The association between dairy intake and risk of cardiovascular disease and mortality in patients with stable angina pectoris. European Journal of Preventive Cardiology, 2023. 10.1093/eurjpc/zwac217
Mahshid et al. Association of dairy intake with cardiovascular disease and mortality in 21 countries from five continents (PURE): a prospective cohort study. The Lancet, 2018. doi: 10.1016/S0140-6736(18)31812-9.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney