Das Glioblastom zählt zu den aggressivsten Krebsarten mit der schlechtesten Prognose. Vielen Betroffenen bleibt kaum Zeit, das zu begreifen. Was kann eine psychoonkologische Betreuung dann noch leisten?
Die Diagnose eines malignen Hirntumors, allen voran das Glioblastom, kommt einem Todesurteil gleich und bedeutet für die Betroffenen und ihr unmittelbares Umfeld eine unbeschreibliche psychische Belastung. Obgleich es heute verschiedene moderne Therapieansätze gibt, die unmittelbare Symptome lindern und das Leben um Tage bis Monate verlängern können, liegt die Quote der Überlebenden bis drei Jahre nach Erstdiagnose bei schätzungsweise 16 %.
Kein Wunder, dass die Diagnose eines bösartigen Hirntumors auch eine Belastung für die behandelnden Ärzte werden kann. Bleibt ihnen doch nur das Anbieten verschiedener Maßnahmen mit teils schwerwiegenden Nebenwirkungen zur unklaren Verlängerung der Leidensgeschichte und Hinauszögerung des tragischen Lebensendes. Weiterhin stellt auch die Kommunikation eine große Herausforderung dar. Zwar stehen die medizinischen Fakten und Therapieoptionen natürlich im Vordergrund. Dennoch sind Empathie und Einfühlungsvermögen gefragt, wenn die betroffenen Familien verzweifelt nach dem letzten Strohhalm greifen oder ungehalten in Tränen ausbrechen.
Um beiden Seiten, den Betroffenen und den behandelnden Ärzten, diese schwierige Situation ein bisschen zu erleichtern, gibt es mittlerweile maßgeschneiderte Konzepte aus dem Bereich der Psychoonkologie. Was aber versteckt sich hinter diesem Kombinationsbegriff aus Psychologie und Krebsmedizin?
Kurz gesagt handelt es sich um einen speziellen Bereich innerhalb des Faches der Psychologie, der sich auf die begleitende psychologische Behandlung von Tumorpatienten konzentriert. Ärzte und Psychologen müssen davor eine Zusatzqualifikation erwerben und gehören heute in vielen Krebszentren zum interdisziplinären Fachpersonal. In der Praxis sprechen sie dann mit Patienten und Angehörigen, haben ein offenes Ohr für Sorgen und Ängste und versuchen, die Betroffenen bei der Bewältigung psychischer und sozialer Auswirkungen ihrer Erkrankung zu unterstützen.
Eine psychoonkologische Betreuung kann also Krebspatienten und ihren Angehörigen helfen. Soweit, so gut. Aber mit welchen spezifischen Belastungen sind Patienten mit Hirntumoren konfrontiert? Zum einen wäre da ein verändertes Körpergefühl. So müssen die Patienten damit umgehen, dass da plötzlich „etwas“ in ihrem Kopf wächst, das sie nicht wirklich kontrollieren können und ihnen mit der Zeit auch ihre Sinne raubt. Schnell kreisen die Gedanken in jeder Sekunde um den Tumor, der vielleicht als Monster oder Feind empfunden wird. Treten dann die ersten neurologischen Beeinträchtigungen auf, folgt vielleicht noch ein Gefühl der Fremdsteuerung in Kombination mit Wut und/oder Hilflosigkeit.
Darüber hinaus können auch bevorstehende invasive Behandlungen – einschließlich Operationen am Gehirn – zu einer großen Belastung werden. Obgleich Betroffene von den Ärzten selbstverständlich die wesentlichen Abläufe und medizinischen Fakten erhalten, bleiben viele Fragen in den Köpfen hängen. Diese können beispielsweise das Befinden nach einer Operation, mögliche Einschränkungen oder Behinderungen, sowie die Prognose betreffen.
Auch wenn psychoonkologische Fachkräfte nicht auf jede Frage eine Antwort wissen – und natürlich das Tumorleiden ebenfalls nicht heilen können – bietet Reden und Zuhören schon eine Art der emotionalen Ersten Hilfe. Das bloße Aussprechen kann für Entlastung sorgen und ausreichende Informationen vor einem schweren Eingriff sorgen vielleicht auch für ein besseres Bauchgefühl und ruhigere Nächte in den Tagen vor einer OP.
Psychoonkologen kommen also immer dann zum Einsatz, wenn man durch reine Fakten nicht mehr weiterkommt und als Spezialist auf rein medizinischer Ebene mit seinem Latein erstmal am Ende ist. Daher ist es auch begrüßenswert, dass Psychoonkologen mittlerweile zu interdisziplinären Krebszentren fest dazugehören und verstärkt aus- und weitergebildet werden. Trifft man als Kliniker – in welchem Setting auch immer – auf Patienten mit einem Hirntumor oder ihre Angehörigen, empfiehlt sich folglich das Einschalten eines Psychoonkologen.
Viele medizinische Laien denken dabei möglicherweise an Seelenklempner, haben eventuell Berührungsängste oder von dieser Berufsgruppe noch nie etwas gehört. Fachärzte und Hausärzte können daher eine Brücke bauen und den Betroffenen eine Anlaufstelle für die Bewältigung ihrer Situation geben. Denn, auch wenn etwa ein fortgeschrittenes Glioblastom nicht heilbar ist, sollte jeder Patient die Möglichkeit bekommen, die ihm verbleibende Zeit in seinem Sinne bestmöglich zu nutzen und unter den gegebenen Umständen genießen zu können.
Bildquelle: Getty Images, Unsplash