Der Deutsche Krankenhaustag 2024 ist eröffnet. Alles dreht sich um die Klinikreform im Zeichen des Ampelsturzes. Fehlende FDPler und ein abgekämpfter Lauterbach zeugen von harten Zeiten. Wir waren da.
„Gesundheitspolitisch besteht keine Dramatik darin, dass die Ampel nun gescheitert ist. Auch wenn, und da bin ich mir sicher, nun vieles, das in der Pipeline ist, nicht mehr beschlossen wird“, ist sich Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, sicher. Man könne ja, wenn die Ideen gut und die Vorarbeit fortgeschritten ist, schnell da weitermachen, wo man aufgehört hat. Der CDU-Mann ordnet damit das Thema der Klinikreform, das im Mittelpunkt des Deutschen Krankenhaustages 2024 steht, sofort in die außergewöhnlichen politischen Umstände ein – wohlwissend, dass seine Partei nach entsprechenden Neuwahlen entscheidenden Anteil an einer Durchsetzung hätte.
Dass der sonst streitlustige Minister mit den lauten Worten sich heute auf der Bühne in Zurückhaltung übte, mag also einerseits aus der Zuversicht stammen, dass man am 22. November im Bundesrat auf die erforderliche Mehrheit kommt, um den Vermittlungsausschuss anzurufen – und damit ein de facto Veto für das Gesetz einzulegen und sich Zeit zu schaffen bis Neuwahlen das politische Kräfteverhältnis ändern. Auf der anderen Seite war Radau kaum angesagt, da er sich mit den Fachvertretern auf der Bühne durchaus einig war, dass es besser sei, keine Reform durchzuführen als den aktuell vorliegenden Entwurf.
„Wir wollen die Reform nicht scheitern sehen, aber es gibt einfach zu gravierende Mängel“, erklärt DGK-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß, der konkret 5 Bedingungen nennt für den Zuspruch der Krankenhausvertreter:
Der DKG-Chef warf zudem ein, dass: „Länder auch an Leistungsgruppen arbeiten können, wenn eine neue Regierung sich der Sache noch nicht angenommen habe.“ Auch Laumann weiß: „Man kann auch Sachpolitik noch machen, wenn die Vertrauensfrage gestellt ist. Erst nach 21 Tagen wird der Bundestag aufgelöst, das reicht allemal für ein Vermittlungsverfahren.“ Es wäre also kein totaler Stillstand, allerdings: „Ich schätze, dass wir eine Planungsunsicherheit von gut 1,5 Jahren haben werden, wenn das Gesetz jetzt nicht noch kommt. Immerhin steht es noch nicht mal in einem 100-Tage-Programm einer Partei“, so Gaß.
Unterstützung erhielt der Kliniker von Dr. Sabine Berninger, Kongresspräsidentin und Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Südost e. V. (DBfK). So sei die Klinikreform zu sehr allein auf Klinikinteressen fixiert und preist nicht ein, was die Auswirkungen für die ambulante Dienste drumherum bedeuten würden. Im Gegenteil würden Pflegedienste, die um geschlossene Kliniken herum angesiedelt sind, keineswegs mitwandern.
Nachdem die FDP-Vertreter für die Auftaktveranstaltung bereits ihre Teilnahme absagten, schaffte es auch Lauterbach nur zum Videostatement zum Ende der Diskussionsrunde. Der sichtlich abgekämpfte Minister hielt noch einmal ein Plädoyer für den Status quo des Gesetzes, das er als klare Qualitätssteigerung im praktischen Alltag sieht und das dank Transformationsfonds, Tarifsteigerungen, Neuberechnung der Landesbasisfallwerte und Schließungen von Standorten auch die finanzielle Grundlage sichert. Auch lasse er „keinen Angriff auf die Qualität“ zu und „werde alles dafür tun, die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu vermeiden. Wir wollen nicht Milliarden von Euros ausgeben und am Ende ist das System das gleiche wie vorher. Diese deutsche Lösung hat man zu oft vollzogen und nun stehen wir, wo wir stehen in Sachen Lebenserwartung. Ich habe lieber keine Reform als eine schlechte Reform.“
Wie das politische Hin und Her um den Kliniksektor weitergeht, wird nun der 22. November zeigen beziehungsweise die danach anstehenden Neuwahlen. Ob Lauterbach dann noch Minister ist oder Laumann gar liebäugelt, obwohl er „sich in NRW sehr wohl fühle“, hängt wohl von den Wahlergebnissen ab.
Die Bedeutung für den Krankenhaussektor insgesamt brachte Dirk Köcher, Präsident des Verbands der Krankenhausdirektoren Deutschlands e. V. (VKD), auf den Punkt: „Es wird so oder so Schließungen geben, Abwanderungen von Fachabteilungen und Insolvenzen. Die große Gefahr ist nur, wenn dies ungeplant und unkoordiniert geschieht. Wenn auf dem Land erst einmal eine Klinik verschwunden ist, wird sich so schnell kein Ersatz finden.“
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