Eine gesunde Ernährung ist wichtig – besonders für Kinder. Trotzdem wird sie häufig vernachlässigt. Was ihr Eltern empfehlen könnt, lest ihr hier.
Ein Text von Dr. Ulrich Enzel
Alles beginnt im Mutterleib – und die Nahrungszufuhr während der Schwangerschaft gehört zu den wichtigsten Faktoren für ein ungestörtes Gedeihen des Ungeborenen. Am besten wird diese gewährleistet durch eine ausgewogene, Nährstoff-deckende Mischkost. Selbst bei familiärer Allergie-Belastung brauchen potenzielle Nahrungsmittel-Allergene wie Milch, Ei, Erdnuss und auch Soja nicht generell gemieden werden, Seefisch ist sogar erwünscht. Das gilt auch für die Stillzeit. Dann ist die Muttermilch die optimale Ernährung für den Säugling. Spätestens im 7. Lebensmonat soll daneben mit der Beikost begonnen werden, bei erwünschter Allergie-Prävention bereits im 5. Lebensmonat. Geraten wird zu Gemüse, Kartoffeln, Fleisch plus Getreide, ergänzt durch Seefisch ab dem 7. Lebensmonat.
Ohne Fleisch und Fisch-Zufuhr droht bis zum abgeschlossenen Wachstum ein Mangel von hochwertigem Eiweiß, Kalzium, Selen, Jod, Eisen, Zink und Vitamin B2, bei veganer Ernährung darüber hinaus an den Vitaminen A, D, B12, Folsäure und weiteren Mikronährstoffen. Ob die von der DEG empfohlene Vitamin-D-Zufuhr von täglich 400 IE bei Säuglingen, anschließend (lebenslang?) 800 IE ausreichend ist, müssen weitere Studien zeigen. Der Vitamin-D-Spiegel sollte nur bei V. a. Rachitis oder Hypokalzämie ermittelt werden.
Eine abwechslungsreiche Mischkost unter Verwendung regionaler Produkte bietet die wohl beste „ausgewogene“ Ernährung ab dem Kleinkindesalter. Die Ernährungspyramide des FKE rät pro Tag zu:
Dabei entspricht „Portion“ einer Handvoll des Kindes auf seiner aktuellen Entwicklungsstufe. Nahrungsergänzungsmittel sind im besten Fall wirkungslos und verringern in keinem Fall Morbidität oder gar Mortalität.
Was wird unseren Kindern in der Regel zu reichlich zugeführt? Salz (DGE-Empfehlung: 6 g/Tag. WHO: 5 g/Tag), tierisches Eiweiß und Zucker (DGE-Empfehlung von täglich 4 Teelöffel im Alter von 2–4 Jahren, bei Jugendlichen auf 8 Teelöffel ansteigend). Besonders gefährlich ist der in „Lieblings-Getränken“ versteckte Zucker. In Fruchtsäften und Fruchtnektar stecken pro 500 ml zwischen 7 und 22 Teelöffel reiner Zucker. Zu viel Salz droht v. a. aus hochverarbeiteten Lebensmitteln, die in jedem Lebensalter schlicht verzichtbar sind.
Bei Jugendlichen rät die DGE:
Die KiGGS-Befragung hat erneut bestätigt, dass diese empfohlenen Mengen nur von einem geringen Prozentsatz realisiert werden, aber 61 % alles Schulkinder mehr als das Eineinhalbfache der empfohlenen Fleisch-/Wurstmenge verzehren. Verschmäht werden dagegen regelhaft die „Vitaminbomben vor der Haustüre“: Gemüse und Obst, Vollkorn- und Molkereiprodukte, Nüsse und Öle. Hierdurch droht auch in dieser Altersgruppe ein Mangel an Vitamin D und E, weiter an Folat, Kalzium und Eisen, bei Mädchen ab der Menarche auch von Vitamin B12. Je nach Jodgehalt des Trinkwassers besteht für mehr als 50 % aller Kinder in der BRD die Gefahr eines Jodmangels, sodass gegebenenfalls eine Substituierung erwogen werden sollte. Empfohlen wird bei Säuglingen und Kleinkindern eine tägliche Gabe von 50–200 mg, bei Jugendlichen (und auch Erwachsenen) von 100–200 mg.
Immer mehr Jugendliche wenden sich vegetarischen Kostformen zu. Welcher Mangel droht v. a. Heranwachsenden? Bei lakto-vegetarischem Verzicht auf Fisch und Fleisch: tierische Proteine (mit essentiellen Aminosäuren), Eisen, Zink, Selen, Vitamin B12, Riboflavin, Jod, langkettige Fettsäuren, Kalzium. Werden auch Eier weggelassen kann zusätzliche ein Mangel an Vitamin A und D entstehen. Streng vegane Ernährung kann sämtliche dieser Mangel-Gefahren, besonders von Vitamin B12, weiter von Vitamin B2 verstärken. Bei allen vegetarischen Kostformen rät die DGE zu einer Substituierung mit 5–25 µg/Tag Vitamin B12, denn selbst mit Sauerkraut, einigen Algen und Pilzen können nur Spuren dieses auch für die Gehirn-Entwicklung essentiellen Vitamins aufgenommen werden.
Noch häufiger aber drohen schon im Vorschulalter hochkalorische, ballaststoffarme „Fast-Food-Ernährungsformen“, die nicht nur für die Entwicklung des metabolischen Syndroms mit all seinen Gefahren, von Apoplex bis gesteigerter Sterberate, eine wesentliche Ursache darstellen. Und viele Jugendliche verstärken diese Gefahr für unser kardiovaskuläres System auch noch durch den regelmäßigen Konsum von Energiedrinks. Doch was nützen Ratschläge wie „Kein Darm würde Pizza kaufen!“ oder „Essen Sie nichts, was Ihre Großmutter nicht als Essen erkannt hätte!“, wenn sich selbst die Schulkantinen (zumeist) nicht an die DGE-Empfehlungen halten und Gesundheitslehre ein kümmerliches Dasein fristet in unseren Schulen.
Eben wurden diese Empfehlungen aktualisiert, die flächendeckend als Qualitätsstandard von Kitas bis Seniorenheimen umgesetzt werden sollen unter dem Leitmotto: „Bunt und gesund essen – und die Umwelt schonen!“ Mehr als Dreiviertel der Kalorienzufuhr soll über pflanzliche Nahrungsmittel gedeckt werden, mit fünf Portionen Gemüse und Obst pro Tag – v. a. mit Hülsenfrüchten (Erbsen, Bohnen, Linsen) und Nüssen. Die Empfehlung für tierische Lebensmittel wurde demgegenüber auf 25 % reduziert: zwei Portionen Milch/Molkereiprodukte am Tag; maximal 300 g Fleisch oder Wurst oder Ei pro Woche. Und wöchentlich zwei Portionen Fisch. Doch ohne jegliche ernsthafte Restriktionen z. B. durch Zuckersteuer, Werbeverbot für Süßes und Fast Food – an konkreten Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger fehlt es nicht – warten in Deutschland überall gar zu große Verlockungen, vom Pfad gesunder und umweltfreundlicher Ernährung abzuweichen.
Bildquelle: Rodion Kutsaiev, Unsplash