Müssen sich Patienten einer Knochenmarktransplantation unterziehen, schwächt dies ihr Immunsystem. Wissenschaftler entwickelten jetzt eine Methode, die Patienten nach einer Transplantation schonend vor etwaigen Infektionen schützen kann.
Bei einer Erkrankung des Knochenmarks, wie zum Beispiel Leukämie, müssen die entarteten Zellen durch Bestrahlung oder Chemotherapie zerstört werden. Danach muss das blutbildende System durch Gabe von Stammzellen aus dem Blut eines gesunden Spenders ersetzt werden. Weil der Immunschutz deshalb zeitweise fehlt, können sich Viren, die normalerweise kontrolliert werden, vermehren. Ein großes klinisches Problem stellt hierbei das Zytomegalievirus (CMV) dar. Gesunde Menschen entwickeln bei einer CMV-Infektion dagegen meist keine Symptome, weil das Virus durch spezifische Immunzellen dauerhaft in Schach gehalten wird. In ihrer Arbeit konnten die Wissenschaftler jetzt zeigen, dass schon die zusätzliche Übertragung von wenigen spezifischen Immunzellen ausreicht, um den immungeschwächten Empfänger vor Infektionen zu schützen. Sie verwendeten hierfür T-Zellen, die Erreger gezielt erkennen und vernichten können.
Zuerst isolierten Dr. Christian Stemberger, Erstautor der Studien, und seine Kollegen T-Zellen aus dem Blut von gesunden Spendermäusen. Diese Immunzellen waren gegen molekulare Bestandteile einer Bakterienart gerichtet, die normalerweise schwere Infektionen in den Tieren hervorruft. Sie verabreichten diese T-Zellen anschließend Empfängermäusen, die aufgrund einer genetischen Veränderung keine eigenen Immunzellen mehr bilden konnten - ähnlich wie bei Leukämiepatienten. Nach der Übertragung der T-Zellen infizierten die Forscher die behandelten Empfängermäuse mit den Bakterien. Die Ergebnisse zeigten, dass die Tiere jetzt einen wirkungsvollen Immunschutz gegen die Erreger hatten und nicht mehr erkrankten. „Wirklich überraschend war, dass schon die Nachkommen einer einzigen übertragenen Spenderzelle ausreichten, um die Tiere vollständig zu schützen“, erklärt Christian Stemberger.
Die Wissenschaftler setzten schließlich virus-spezifische T-Zellen zur Behandlung zweier schwerkranker Patienten ein. Aufgrund eines angeborenen Immundefekts bzw. einer Leukämieerkrankung mussten beide mit einer Stammzelltransplantation behandelt werden. Dadurch abwehrgeschwächt, brachen in beiden Patienten CMV-Infektionen aus. Die Wissenschaftler isolierten deshalb mit einer neuen Methode aus dem Blut der jeweiligen Spender T-Zellen, die gezielt gegen das CMV-Virus gerichtet waren, und übertrugen niedrige Mengen davon auf die Patienten. Das Ergebnis: nach nur wenigen Wochen vermehrten sich die virus-spezifischen Zellen stark, gleichzeitig sank die Anzahl der Viren im Blut. “Dass schon wenige Zellen Schutz bieten können, ist ein großer Vorteil. Damit können diese in niedrigen, gut verträglichen Dosen bereits prophylaktisch eingesetzt werden“, erklärt Dr. Michael Neuenhahn, Letztautor der Studie. Das Potential der identifizierten T-Zellen soll nun im Rahmen einer klinischen Studie getestet werden. Originalpublikation: Lowest numbers of primary CD8+ T cells can reconstitute protective immunity upon adoptive immunotherapy Christian Stemberger et al.; Blood, doi: 10.1182/blood-2013-12-547349; 2014