Die Richtlinien zur Verordnung häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinie) haben seit dem 1. Juli 2024 ein Update erhalten. Das bringt ein neues Formular und mehr Freiheiten für Pflegekräfte – die sogenannte Blankoverordnung!
Im Juli 2024 tritt das neue Formular in Kraft und dies bringt ein wenig frischen Wind in die Sache. Wichtig: Ab jetzt darf NUR noch dieses verwendet werden! Darüber hinaus gibt es neue Felder, andere hingegen sind verschwunden. Alle Änderungen haben wir unten aufgelistet. Besonders interessant für Pflegefachkräfte: Ärzte können nun entscheiden, ob die Pflegefachkraft selbst die Häufigkeit und Dauer der Maßnahmen festlegt. Dafür gibt es das neue Feld „Häufigkeit/Dauer von Pflegefachkraft“. Wenn der Arzt hier ein Kreuz setzt, hat die Pflegekraft die Zügel in der Hand. Entfernt wurde dafür das Ankreuzfeld “Positionswechsel zur Dekubitusprophylaxe”. Diese Leistung muss zukünftig über einen Eintrag im Feld „Sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege“ eingetragen werden.
Die Blankoverordnung ist aktuell nur für 20 definierte Leistungen möglich. Im Zusammenhang mit der Wundbehandlung zählen dazu die Wundversorgung einer akuten Wunde, das Anlegen von Kompressionsstrümpfen oder eines Kompressionsverbandes und der Positionswechsel zur Dekubitusbehandlung.
Abb. 1: Abbildung des neuen Formulars.
A – Diagnosen: Alle versorgungsrelevanten Diagnosen werden hier eingetragen. Stellen Sie sicher, dass nicht einfach alle ICD-10-GM-Codes aus der Patientenakte automatisch übernommen werden, sondern nur diejenigen, die klar machen, warum gerade diese Wundversorgung notwendig ist.
B – Einschränkungen: Hier wird begründet, warum die Krankenpflege häuslich durchgeführt werden muss. So schließen z. B. Mobilitätsprobleme der Patienten eine Wundbehandlung in der Praxis aus.
C – Erst-/Folgeversorgung: An dieser Stelle wird markiert, ob es sich um eine Erst- oder eine Folgeverordnung handelt. Rechts erfolgen dann die entsprechenden Datumsangaben. Die Verordnung muss spätestens am dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt werden. Sowohl für die Erstverordnung als auch die Folgeverordnung ist ein Zeitraum bis zu jeweils vier Wochen möglich. Auch Folgeverordnungen müssen durch die Krankenkasse genehmigt werden und sind innerhalb der letzten vier Arbeitstage vor dem Ende der ablaufenden Verordnung einzureichen. Rückwirkende Verordnungen sind nicht zulässig.
D – SER (NEU): Dieses Feld wird angekreuzt, wenn der Grund für die Verordnung häuslicher Krankenpflege eine anerkannte gesundheitliche Schädigung ist. SER steht dabei für Soziales Entschädigungsrecht gemäß SGB XIV, also z. B. bei Krankheiten und gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit Gewalttaten, Kriegsauswirkungen oder Schutzimpfungen.
E – Kompressionsbehandlung: Maßnahmen der Kompressionsbehandlung werden im Leistungsverzeichnis der HKP-Richtlinie beschrieben und werden bundeseinheitlich bei einer chronischen Wunde zusätzlich zur Wundbehandlung vergütet.
F – Wundversorgung: Dieser Abschnitt ist für die Verordnung besonders wichtig. Die Wundart sollte möglichst detailliert beschrieben sein, sofern dies nicht aus der ICD-Codierung bereits zweifelsfrei hervorgeht. Auch die Felder „Lokalisation“ und „Größe“ sowie bei einem Dekubitus auch die Kategorie unter „Grad“ eintragen, wenn der Grad bekannt ist. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen „akut“ und „chronisch/schwer heilend“ (siehe Infobox oben). Sinnvoll ist oft ein explizierter Hinweis (z. B. in Feld B), wenn die Wunde voraussichtlich nicht in 12 Wochen verheilen wird. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass oben im Formular die richtigen Diagnosen angegeben wurden. Nummer 31a der HKP-Richtlinie sieht für diese Fälle den Einsatz einer spezialisierten Fachkraft vor. Die Patientenedukation ist dabei Teil der Leistung und nicht gesondert abzurechnen.
G – Präparate: Hier werden die einzelnen anzuwendenden Präparate und Verbandmaterialien – auch konkrete Markennamen – eingetragen, am besten mit Angaben zu Dauer und Häufigkeit.
H – Wundtyp & Positionswechsel zur Dekubitusprophylaxe (geändert): In diesem Abschnitt wird die Versorgung einer akuten oder chronischen Wunde verordnet. Die bisherige Zeile „Positionswechsel zur Dekubitusprophylaxe“ wurde gestrichen. Die Leistung ist aber weiterhin verordnungsfähig und muss von Hand in die Zeilen bei „Sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege“ eingetragen werden. Sie ist anzuwenden, wenn keine Person im Haushalt der zu pflegenden Person dazu in der Lage ist, den Positionswechsel durchzuführen. Diese Leistung kann vom Leistungserbringer zusätzlich zur chronischen Wunde abgerechnet werden.
I – Häufigkeit/ Dauer von Pflegefachkraft (NEU): In dieser Spalte setzt der Arzt ein Kreuz, wenn die Pflegefachkraft wie oben beschrieben selbst über Häufigkeit und Dauer entscheiden soll. Die Pflegefachkraft trägt dann in Spalte K die entsprechen Daten ein.
J – Nicht für chronische Wunden: Eine Blankoverordnung ist NUR bei akuten, nicht bei chronischen Wunden zulässig. Daher enthält die Spalte „Häufigkeit/Dauer von Pflegefachkraft“ in dieser Zeile kein Ankreuzfeld.
K – Häufigkeit: In diesem Block wird für die vorne markierten Tätigkeiten die Häufigkeit als Zahl eingetragen. Dabei können die drei Spalten auch kombiniert werden. Wird z. B. eine tägliche Maßnahme am Wochenende von Angehörigen durchgeführt, wird „1 x tgl.“ und „5 x wtl.“ eingetragen. Die Angabe der Zeitspanne ist nur notwendig, wenn diese von der unter C angegebenen Verordnungsdauer abweicht.
L – Sonstiges: In diesem Feld werden zusätzliche Maßnahmen der Behandlungspflege gemäß dem Leistungsverzeichnis erfasst. Zugleich bietet das Feld Platz für andere wichtige Informationen, z. B. wenn mehrere Wunden beschrieben werden müssen. Ebenso kann ein zusätzliches Blatt als Anlage beigefügt werden.
Eine der zentralen Änderungen betrifft die Unterscheidung zwischen akuten und chronischen Wunden. Für akute Wunden, die innerhalb von 12 Wochen verheilen, ist die Leistungsnummer 31 zuständig. Chronische oder schwer heilende Wunden, die länger als 12 Wochen brauchen, fallen unter die Nummer 31a. Diese Unterscheidung ist wichtig, da sie die Art der Vergütung beeinflusst.
Die „Blankoverordnung“ gibt Pflegekräften mehr Freiheiten. Hier entscheidet die Pflegefachkraft über Häufigkeit und Dauer der Maßnahmen – vorausgesetzt, der Arzt hat das entsprechende Feld angekreuzt. Alternativ dazu kann der Arzt weiterhin alles selbst festlegen. Es gibt auch eine Hybrid-Lösung: Der Arzt legt einige Dinge fest und überlässt den Rest der Pflegefachkraft. Besonders praktisch für die Wundversorgung: Maßnahmen wie Kompressionsverbände oder das Anlegen von Kompressionsstrümpfen können ebenfalls im Rahmen der Blankoverordnung durchgeführt werden. Pflegekräfte können direkt auf die Bedürfnisse der Patienten und Patientinnen eingehen, ohne immer wieder Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin halten zu müssen. Gleichzeitig bedeutet das aber auch: Mehr Dokumentation und eine sorgfältige Kommunikation mit den verordnenden Ärzten.
Mit den Änderungen seit Juli 2024 gibt es in der Wundversorgung mehr Möglichkeiten, schneller und individueller zu handeln. Das neue Formular bringt mehr Flexibilität, verlangt aber auch genaue Kenntnis der neuen Felder und Regelungen. Vor allem die korrekte Unterscheidung zwischen akuten und chronischen Wunden ist jetzt entscheidend für eine erfolgreiche Verordnung und Abrechnung.