Die Erreger-Suche bei Pneumonien ist oft langwierig und kompliziert. Sind großangelegte Sequenzierungen die Lösung – und können wir uns das überhaupt leisten?
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine kurze Zusammenfassung.
Die schwere ambulant erworbene Pneumonie ist eine häufige Diagnose auf Intensivstationen. Um den auslösenden Erreger zu identifizieren und die optimale antiinfektive Therapie für den Patienten einzuleiten, spielt die mikrobiologische Diagnostik eine entscheidende Rolle. In den letzten Jahrzehnten standen hierbei vor allem die Mikroskopie und kulturelle Verfahren im Mittelpunkt. Doch seit einigen Jahren gewinnen molekularbiologische Methoden zunehmend an Bedeutung. Eine besonders innovative und schnelle Methode ist das Next-Generation-Sequencing (NGS). Wenn NGS bei einer Probe wie Sputum angewendet wird und die gesamte DNA oder RNA der enthaltenen Organismen – einschließlich Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten – sequenziert wird, spricht man von metagenomischem NGS (mNGS).
Die Frage ist nun: Kann der Einsatz von mNGS zur Identifizierung des Erregers bei schwerer ambulant erworbener Pneumonie nicht nur zu einer schnelleren Diagnostik, sondern auch zu einem besseren Behandlungsergebnis für die Patienten führen – obwohl die Methode derzeit noch nicht kostengünstig ist?
Eine Arbeitsgruppe in China beschäftigte sich mit dieser Fragestellung und veröffentlichte kürzlich ihre Ergebnisse im Journal Chest. Die Forscher führten auf zehn Intensivstationen eine multizentrische, randomisierte und nicht-verblindete Studie durch, bei der die Patienten im Verhältnis 1:1 randomisiert wurden. Alle Patienten erhielten eine bronchoalveoläre Lavage (BAL). In einer Gruppe wurden die konventionellen diagnostischen Verfahren mittels kultureller Techniken angewendet, während in der anderen Gruppe zusätzlich zur Kulturdiagnostik ein mNGS durchgeführt wurde.
Der primäre Endpunkt der Studie war die Zeit bis zur klinischen Verbesserung oder die Entlassung von der Intensivstation. Sekundäre Endpunkte umfassten unter anderem den Anteil der Patienten, die innerhalb von 14 oder 28 Tagen eine klinische Verbesserung zeigten, die Mortalität, sowie die Anzahl der Tage ohne invasive Beatmung. Insgesamt wurden 349 Patienten im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 18. November 2022 eingeschlossen, darunter 179 Patienten in der Gruppe, die sowohl kulturelle Verfahren als auch mNGS erhielten.
Die Auswertung ergab, dass die Zeit bis zur klinischen Verbesserung in der Gruppe, die zusätzlich mNGS durchgeführt hatte, signifikant kürzer war (10 Tage im Vergleich zu 13 Tagen in der Kontrollgruppe). Auch der Anteil der Patienten mit einer klinischen Verbesserung innerhalb von 14 Tagen war in der mNGS-Gruppe signifikant höher (62 % im Vergleich zu 46,5 %). Bei den weiteren sekundären Endpunkten wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt.
Sollten wir also bei schwerer ambulanter Pneumonie künftig immer mNGS einsetzen? Nein. Diese Studie ist zwar die erste, die zeigen konnte, dass der Einsatz von mNGS bei schwerer ambulanter Pneumonie zu einem verbesserten Outcome führt, doch es gibt noch weitere Überlegungen. Zuvor hatte mNGS bereits gezeigt, dass es die Identifikation von Pathogenen verbessert, aber es bleibt die Frage, ob der identifizierte Erreger tatsächlich die Ursache der Erkrankung ist oder lediglich eine Kolonisation darstellt.
In der vorliegenden Studie ermöglichte mNGS auch eine häufigere Deeskalation der antibiotischen Therapie, was zweifellos ein wünschenswerter Effekt ist. Allerdings wurde bei allen Patienten eine BAL durchgeführt, was nicht dem Standard in den Kliniken entspricht. Daher könnte das Ergebnis möglicherweise anders ausfallen, wenn mNGS auf Sputumproben angewendet worden wäre. Es sind also weitere Studien erforderlich, und der Preis für die mNGS-Technologie muss ebenfalls gesenkt werden, um eine breitere Anwendung in der Diagnostik zu ermöglichen.
Kurze Zusammenfassung für Eilige:
Schnellere Diagnostik und bessere Behandlung durch mNGS: Eine Studie zeigt, dass der Einsatz von metagenomischem Next-Generation-Sequencing (mNGS) bei schwerer ambulant erworbener Pneumonie zu einer schnelleren klinischen Verbesserung führt, da Erreger schneller identifiziert werden können.
Einschränkungen und Herausforderungen: Obwohl mNGS vielversprechend ist, gibt es Unsicherheiten, ob es wirklich die ursächlichen Erreger identifiziert, ob es bei Sputumproben zuverlässig ist und ob es kosteneffizient ist.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney