Neugeborene müssen manchmal in eine andere Klinik verlegt werden. Der Transport ist nicht ohne – für die Babys, die Familie und die Verantwortlichen. Wie es richtig geht, zeigt eine aktualisierte Leitlinie.
Kaum auf der Welt, müssen manche Babys schon auf Reisen gehen. Das kann dramatisch sein, wenn das Baby aufgrund seiner Probleme in eine Klinik mit besserer Ausstattung verlegt werden muss, oder halbwegs entspannt, wenn sich das Baby stabilisiert hat und nur in die heimische Klinik zurückgebracht werden soll. So oder so wird der Transport von den quälenden Sorgen der Eltern begleitet.
Nun hat die aktualisierte S2k-Leitlinie Neugeborenen-Transport der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin erstmals auch ein Kapitel „familienzentrierte Versorgung“ aufgenommen. Denn „die psychischen Belastungen für die Familien“, wie es in der Leitlinie heißt, „dürfen keinesfalls unterschätzt werden“ und können „äußerst bedrohlich und traumatisierend“ sein.
Die Eltern einzubinden, ist kein neumodisches Achtsamkeitsgedöns. Dass die Sorgen der Eltern in ihrem emotionalen Ausnahmezustand nach der Geburt existenziell sind, ist leicht nachzuvollziehen. Man stelle sich nur das verkabelte und verschlauchte hilflose Etwas vor, dass im Knattern kreisender Rotorblätter um seine Existenz kämpft, und dabei den Fliehkräften in den Kurven, dem Druckabfall beim Aufsteigen oder auch den Schlägen und Vibrationen im Krankenwagen trotzt.
Wenn möglich, soll sich deshalb das Transportteam den Eltern vorstellen. Das Team soll über alle Umstände informieren, Kontaktdaten austauschen, Fotos schicken, einen persönlichen Gegenstand mitnehmen, und den Kontakt mit dem Neugeborenen ermöglichen. Wenn ein Elternteil mit von der Partie sein kann, soll das Team Fragen beantwortet und die Situation erklären. Und natürlich soll es die heile Ankunft des Babys melden.
Den Transport veranlassen und durchführen sowie die Verantwortung tragen soll ein Arzt mit dem Zusatzfach bzw. dem Schwerpunkt Neonatologie. Ist keiner verfügbar, können die Befugnisse auch auf einen Arzt mit Erfahrung in Neonatologie, der zwei Monate auf einer Neugeborenen Intensivstation tätig war und sich speziell fortgebildet hat, übertragen werden.
Die Zusammensetzung des Transportteams richtet sich nach dem Zustand des Babys: Sind dessen Vitalfunktionen bedroht, besteht das Team aus Arzt und Pflegekraft mit entsprechenden Qualifikationen. Ist das Baby stabil, kann auf den Arzt verzichtet werden, und soll es zurückgebracht oder aus nicht-medizinischen Gründen verlegt werden, genügt auch eine Rettungsdienstfachkraft.
Die Empfehlungen der Leitlinie lassen erahnen, was unterwegs alles schief gehen kann. Vor dem Transport soll die aufnehmende Klinik ausführlich informiert werden, etwa über die Vitalfunktionen des Babys und die Dringlichkeit des Transports. Unterwegs sollen Puls, Temperatur, Blutdruck und Herzschlag überwacht werden, wobei zu beachten ist, dass die Geräte unter den erschwerten Bedingungen leicht Artefakte messen.
Zur Ausstattung des Hubschraubers oder Fahrzeugs gehören genügend Spritzenpumpe, Beatmungssystem, Absaugsystem, eine zusätzliche Stromversorgung als Backup, Blutzuckermessgerät und ein Neonatologie-Notfallkoffer. Zudem sollen eine begonnene Stickoxid-Beatmung und eine HFO-Therapie weitergeführt werden können. Bei Reisedauern über eine halbe Stunde soll die Atemluft erwärmt und befeuchtet werden können. Ein Transport im Inkubator ist am sichersten.
Obwohl alle Empfehlungen mit 100 % Konsens verabschiedet wurden, es also offenbar keinen Zweifel an deren Sinnhaftigkeit gab, mahnen die Autoren Forschungsbedarf an. Schließlich beruhen etwa die Hälfte der Empfehlungen nur auf dem Expertenkonsens der fünf beteiligten Ärzte und der Patientenvertreterin, die andere Hälfte bestenfalls auf Beobachtungsstudien. Dringend untersuchen müsse man beispielsweise die Evidenz der Auswirkungen von Luft- vs. Landtransport.
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