Bei Patienten mit Aortenstenose und hohem Komplikationsrisiko setzt man auf die Transkatheter-Aortenklappenimplantation. Jetzt haben Forscher untersucht, ob auch speziell Frauen mit geringem Risiko von einer TAVI profitieren.
Für die Therapie der hochgradigen Aortenstenose gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten. Die derzeitige Standardtherapie ist der chirurgische Austausch der defekten Klappe gegen eine biologische Aortenklappenprothese. Bei Patienten, für die ein offener chirurgischer Eingriff ein zu hohes Risiko darstellt, kann die Aortenklappe alternativ durch eine kathetergestützte Aortenklappenimplantation (Transcatheter Aortic Valve Implantation, TAVI) ersetzt werden. In jüngerer Zeit hat sich eine Tendenz entwickelt, auch bei Patienten mit geringerem Komplikationsrisiko eine TAVI durchzuführen. In vorhergehenden Studien ist aufgefallen, dass für Frauen beim chirurgischen Aortenklappenersatz möglicherweise ein höheres Komplikationsrisiko besteht als für Männer.
In der Hot-Line-Session auf dem diesjährigen ESC-Kongress in London wurden die 1-Jahres-Ergebnisse der „Randomized researcH in womEn all comers wIth Aortic stenosis“-Studie (RHEIA) von Prof. Helene Eltchaninoff vorgestellt. Hierbei handelt es sich um eine prospektive, randomisierte, kontrollierte, multizentrische klinische Prüfung zur Evaluierung der Sicherheit und der Wirksamkeit der TAVI bei weiblichen Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenklappenstenose und bestehender Indikation für einen Aortenklappenersatz.
Im Rahmen der Studie wurden insgesamt 433 Patientinnen aus 48 Zentren in 12 Ländern in Europa 1:1 auf eine transfemorale TAVI-Prozedur mit einer ballonexpandierenden Prothese oder einen konventionellen chirurgischen Klappenersatze randomisiert. Das mittlere Alter der Frauen lag bei 73 Jahren. Der EuroSCORE II bzw. STS Score betrugen im Mittel 1,7 bzw. 2,1 Punkte. Ein Fünftel der Teilnehmerinnen litt an einer koronaren Herzerkrankung. Die mittlere Klappenöffnungsfläche betrug 0,8 cm², der mittlere Druckgradient über der Klappe lag bei 48 mmHg. Der überwiegende Anteil der Patientinnen hatten eine kleine Annulus-Fläche von < 430 mm².
Im Rahmen der Studie wurden die Klappen SAPIEN 3 bzw. SAPIEN 3U verwendet. Die beiden Klappen seien genutzt worden, weil sie in Frankreich am häufigsten eingesetzt würden, erklärte Prof. Eltchaninoff während der Hotline-Sitzung in London. Der primäre Endpunkt der RHEIA-Studie bestand aus der Gesamtsterblichkeit, jeglicher Art von Schlaganfall und Rehospitalisierung wegen klappen-/prozedurenassoziierter Ereignisse oder wegen Herzinsuffizienz innerhalb eines Jahres. Als sekundäre Endpunkte wurden schwere vaskuläre Komplikationen, neue Schrittmacher und neues Vorhofflimmern erfasst.
Der kombinierte primäre Endpunkt trat signifikant weniger häufig in der TAVI-Gruppe auf (8,9 % vs. 15,6 %; HR 0,55; KI 0,34–0,88; p=0,03). Es konnte eine Überlegenheit der TAVI-Prozedur gegenüber der konventionellen Chirurgie in dieser Patientinnen-Kohorte nachgewiesen werden. Dennoch konnte kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf Sterblichkeitsrate oder dem Schlaganfallsrisiko allein gezeigt werden, sodass der kombinierte Endpunkt vor allem durch die Verminderung der Rehospitalisierungsrate getragen wurde.
Die TAVI-Gruppe zeigte innerhalb der ersten 30 Tage nach dem Eingriff eine niedrigere Rate an Vorhofflimmern (8,8 % vs. 2,9 %; p=0,01), jedoch eine höhere Rate an Schrittmacherimplantationen (15,5 % vs. 2,4 %; p<0,001). Die Krankenhausverweildauer betrug bei den TAVI versorgten Patientinnen vier gegenüber neun Tage bei den Patientinnen die einen konventionellen Klappenersatz erhalten hatten. Zudem konnten 90,2 % der TAVI-, aber nur 49,8 % der chirurgischen Patientinnen direkt nach Hause entlassen werden.
„In dieser ersten speziellen randomisierten TAVI-Studie bei Frauen konnten wir die Überlegenheit gegenüber chirurgischen Eingriffen bestätigen, insbesondere im Hinblick auf die Reduzierung von Rehospitalisierungen. Der zusätzliche Vorteil kürzerer Index-Krankenhausaufenthalte konnte dazu führen, dass die TAVI-Behandlung die Inanspruchnahme von Gesundheitsressourcen reduzieren konnte. Wir erkennen jedoch an, dass das Nachbeobachtungsintervall nach der Intervention kurz war und eine längere Nachbeobachtung notwendig sein wird“, resümierte Eltchaninoff.
Den Ergebnissen der RHEIA-Studie zu Folge könnte die TAVI-Prozedur bei Patientinnen die Therapie der Wahl darstellen. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die Überlegenheit der TAVI gegenüber der Chirurgie vor allem durch die niedrigere Rate an Rehospitalisierungen getragen wurde. Weitere Studien und Langzeitergebnisse sind daher abzuwarten.
Quellen:
Chandrasekhar et al. Sex-Based Differences in Outcomes With Transcatheter Aortic Valve Therapy: TVT Registry From 2011 to 2014. J Am Coll Cardiol, 2016. doi: 10.1016/j.jacc.2016.10.041.
Helene Eltchaninoff. RHEIA – Transcatheter versus surgical aortic valve replacement in women with severe aortic stenosis. ESC Congress 2024; Hot Line 5; 31.8.2024.
Bildquelle: Curated Lifestyle, Unsplash