Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen – so will es Murphys Gesetz. Im Rettungsdienst heißt das: Der Alarmempfänger piepst immer nur in Kaffeepausen und die dicksten Patienten wohnen stets in der obersten Etage. Aber lest selbst.
Murphy und ich sind alte Bekannte – fast so, als träfen wir uns täglich, um bei einem Kaffee und einem Stück Kuchen einen kleinen Plausch über das Leben und seine Widrigkeiten abzuhalten.
Meine Schicht im Rettungsdienst beginnt, und er winkt mir schon von der Ecke aus zu: „Na, wie läuft’s? Bereit für das nächste Desaster?“
Im Rettungsdienst gibt es viele ungeschriebene Regeln, aber Murphys Gesetz überragt sie alle. Es besagt: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Und im Rettungsdienst kann eine Menge in der ungünstigsten Reihenfolge schiefgehen. Also schnall dich an und begleite mich auf einer Reise durch eine Welt des Rettungsdienstes, in der Murphy stets das letzte Wort hat.
Das erste Gesetz: Der perfekte Zeitpunkt für einen Einsatz: Stell dir vor, es ist 18:40 Uhr. Du betrittst die Rettungswache zum Nachtdienst und hast noch schnell nebenbei in dein Brötchen gebissen. Noch bevor du dir die Jacke ausgezogen hast, piepst der Alarmempfänger: Ein Notfalleinsatz mit der Kaltstart-Romantik einer trockenen Semmel im Mund, die du noch nicht einmal richtig eingespeichelt hast. Murphys erstes Gesetz im Rettungsdienst lautet daher:
Betreten der Rettungswache + 1 Minute = Alarmzeit des ersten Einsatzes
Das ist keine Vermutung, das ist eine Naturkonstante: Der Moment, in dem du dich mental auf eine ruhige Nacht einstellst, ist genau der Moment, in dem Murphy zuschlägt.
Der Kaffeemaschinensensor und der Couchsensor
Jeder kennt es: Man kommt zur Wache und möchte zuerst einen belebenden Kaffee trinken. Zwei Schritte an die Kaffeemaschine, der Zeigefinger tippt auf die Taste – und schon geht der Piepser. Dasselbe Phänomen tritt auf, wenn man sich auf die Couch setzt. Es scheint, als hätte Murphy überall Sensoren installiert, die dem Leitstellendisponenten signalisiert, er solle nun auf das Knöpfchen drücken:
WENN Rettungsdienstmitarbeiter drückt auf Kaffeemaschine, DANN Einsatz
WENN Rettungsdienstmitarbeiter setzt sich auf Couch, DANN Einsatz
Ein weiteres Gesetz besagt, dass das Gewicht eines Notfallpatienten direkt proportional mit der Anzahl der Stockwerke wächst, die wir Sanitäter mit ihm zurücklegen müssen:
Anzahl der Stockwerke ∝ Gewicht des Patienten
Daraus folgt: Die schwersten Patienten wohnen immer ganz oben. Wenn der Aufzug ausfällt, darfst du den 140 Kilo schweren Patienten durch ein Treppenhaus schleppen. Natürlich streikt das Licht im Treppenhaus, und deiner Taschenlampe sind gerade die Batterien ausgegangen:
P (Höhe des Treppenhausen) ∝ Ausfall aller Lampen
Platzmangel und Erschöpfung
Je schwerer der Patient erkrankt ist, desto weiter befindet er sich im hintersten, kleinsten Raum der Wohnung ohne Platz und möglichst weit über dem Meeresspiegel. Manchmal fühlt sich das an wie ein Spiel namens „Wie viele Rettungsdienstmitarbeiter passen in dieses winzige Zimmer?“
Muss ein Patient intubiert werden, hat er garantiert gerade eine üppige Mahlzeit genossen, die er mit reichlich Bier runtergespült hat. Es kommt zu schwallartigem Erbrechen genau in dem Moment, in dem du den Tubus einführen willst. Der Absauger ist an irgendeiner Stelle undicht und saugt nicht, und einen Schutzkittel hattest du vergessen aufzufüllen.
Wenn man es trotz aller Widrigkeiten schafft, den Patienten zu intubieren, ist der Cuff am Tubus defekt. Die Wahrscheinlichkeit eines Geräteausfalls ist umso höher, je dringender man das Gerät benötigt und je akuter die Lebensgefahr des Patienten ist.
Murphys Gesetz besagt auch, dass die Anzahl der unkooperativen Angehörigen linear mit der Schwere der Erkrankung eines Notfallpatienten steigt. Je kritischer der Zustand des Patienten, desto mehr Angehörige stehen im Weg oder geben ungefragt Ratschläge.
Ein weiteres wichtiges Gesetz: Geh immer auf die Toilette, sobald du den geringsten Drang verspürst. Die Wahrscheinlichkeit, einen Einsatz zu bekommen, steigt direkt proportional mit der Zeitspanne, die seit deinem letzten Toilettenbesuch vergangen ist.
Besonders tückisch wird es, wenn Kollegen deinen Kaffee mit Lasix „verfeinern“, einem harntreibenden Medikament. Ein solches „Upgrade“ des Morgenkaffees macht jede Einsatzfahrt zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Daraus ergibt sich das Kaffeetassengesetz: Lass deine Kaffeetasse niemals aus den Augen!
Planst du deinen Feierabend nach der Schicht? Ein Kinoabend mit deinem Schatz vielleicht? Schön, das klingt nach Spaß, doch Murphy hat grundsätzlich andere Pläne:
Letzter Einsatz = Feierabend – 10 Minuten
Rückkehr in die Wache = Filmbeginn
Die Wahrscheinlichkeit, dass dein Dienst pünktlich endet, ist genauso hoch wie die Wahrscheinlichkeit, dass ein Pinguin in der Kantine eine Samba-Tanznummer aufführt.
Murphys Gesetz im Rettungsdienst ist allgegenwärtig und sorgt dafür, dass nichts wie geplant verläuft. Egal, wie gut du vorbereitet bist, es gibt immer unvorhersehbare Ereignisse, die den Tag (oder die Nacht) auf den Kopf stellen. Aber genau diese Herausforderungen machen den Beruf so spannend und abwechslungsreich. Letztendlich ist es Murphys ungeschriebenes Gesetz, das uns im Rettungsdienst zusammenhält und dafür sorgt, dass wir jeden Tag mit einem Lächeln beginnen und beenden – auch wenn dieses Lächeln manchmal vor Erschöpfung etwas schief ausfällt.
Edward A. Murphy war ein amerikanischer Ingenieur, der vor allem für das nach ihm benannte „Murphys Gesetz“ bekannt wurde. Es entstand in den späten 1940er Jahren während eines Experimentes der US Air Force zur Untersuchung von G-Kräften. Nach einer Reihe von Pannen soll Murphy gesagt haben: „Wenn es eine Möglichkeit gibt, etwas falsch zu machen, dann wird es auch jemand falsch machen.“ Diese Bemerkung wurde später zu „Murphys Gesetz“ verallgemeinert: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Obwohl das Gesetz (ebenso wie dieser Artikel) humorvoll gemeint ist, betont es die Bedeutung von Sorgfalt und Voraussicht in der Planung und Durchführung von Projekten.
Ironischerweise wollte Murphy mit seiner Aussage die Bedeutung einer akkuraten Arbeitsweise betonen. Stattdessen wurde er zum Namensgeber eines Gesetzes, das die Allgegenwärtigkeit von Fehlern und Missgeschicken beschreibt. Vielleicht hat Murphy selbst einfach vergessen, eine Ausnahme für sich in seinem Gesetz festzulegen – was wiederum perfekt zu Murphys Gesetz passen würde.
Ihr habt Murphys Gesetze selbst in voller Aktion gesehen? Dann ab in die Kommentare damit!
Bildquelle: Getty Images, Unsplash