Bei unspezifischen Rückenschmerzen wird von einer Bildgebung explizit abgeraten. Eine aktualisierte Leitlinie weiß, wann es ernst wird und bei welchen Beschwerden Patienten doch in die Röhre müssen.
Ob Frosch, ob Mensch, ob Elefant – wir alle haben eine stützende Achse aus aneinandergereihten, bizarr geformten Knochen mit dazwischenliegenden Knorpelscheiben, die eine so bedeutende evolutionäre Errungenschaft darstellt, dass sie für die Tiergruppe sogar namensgebend ist: die Wirbelsäule. Leider ist das fragile Gebilde anfällig für Schmerzen.
Entsprechend drängend ist der Bedarf an medizinischem Rat. Neben zahlreichen spezielleren Leitlinien sind dafür vor allem zwei große Leitlinien zuständig: Die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Nicht-spezifischer Kreuzschmerz, die derzeit überarbeitet wird, gilt für die ersten zwei bis drei Wochen nach der ersten Schmerzattacke, es sei denn, konkrete Anhaltspunkte lassen eine spezifische Ursache vermuten. Bei so einer Vermutung, bei länger anhaltenden Schmerzen und wenn die Empfehlungen der NVL nicht die gewünschte Linderung bringen, greift die eben aktualisierte S2k-Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Anders als beim nicht-spezifischen Kreuzschmerz, bei dem von einer Bildgebung explizit abgeraten wird, ist für die Diagnose eines spezifischen Kreuzschmerzes in der Regel eine bildgebende Diagnostik notwendig, also Röntgen, MRT, eventuell auch CT und weitere Spezialverfahren. Doch auch hier gilt:
Ort und Ursache der Anomalien sind vielfältig: Knochen, Knorpel oder Muskel können verrutscht, abgenutzt, verspannt oder vergrößert sein. Es gibt aber auch Gemeinsames:
Die Leitlinie handelt in einzelnen Kapiteln die morphologischen Entitäten ab, vom Facettengelenkschmerz über Degeneration der Bandscheiben, rheumatische Entzündungen, Wirbelgleiten bis hin zur Einengung des Spinalkanals.
Ein Kuriosum ist das Baastrup‐Syndrom, das dadurch gekennzeichnet ist, dass sich die Dornfortsätze berühren. Schmerzhaft ist es dann, wenn die Fortsätze umgebende Weichteile reizen. Beschwerden sind allerdings eher die Ausnahme. Bei fast jedem über 80-Jährigen sind die Bandscheiben so geschrumpelt, dass die Dornfortsätze zwangsläufig Kontakt haben. Weshalb die Leitlinie konstatiert: „Die klinische Bedeutung des Baastrup-Phänomens ist nicht geklärt.“ Fällt das Syndrom in der Bildgebung auf, sollte man deshalb nichts weiter unternehmen, sofern die Patienten keine Beschwerden haben. Falls doch, empfiehlt die Leitlinie eine Symptombehandlung mit Medikamenten, physikalischen Verfahren und der Injektion von Lokalanästhetika mit Kortison. Die Dornfortsätze zu stutzen ist eher keine gute Idee: Die Operation ist „mit fraglichem Erfolg beschrieben“.
Nach den morphologischen Entitäten beschreibt die Leitlinie in zwei Kapiteln die funktionellen Entitäten myofasziale Dysfunktion und Blockierung, wie den Hexenschuss. Muskelschmerzen entstehen etwa durch falsche Belastung, wodurch es zu Spannungsveränderungen in den Faszien kommt, die sich dann nicht mehr frei bewegen können. Diese häufige Ursache von Kreuzschmerzen führt wiederum dazu, dass sich Patienten schonen oder falsch belasten – ein Teufelskreis.
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