Nach einer Organtransplantation ist eine Immunsuppression nötig um die Abstoßung des Spenderorgans zu verhindern.1 Allerdings öffnet das Infektionen Tür und Tor. Einer der am häufigsten auftretenden Erreger ist in diesem Zusammenhang das Zytomegalievirus (CMV).2-4 CMV gehört zur Familie der Herpesviren – schätzungsweise zwischen 60-100% aller Erwachsenen haben in ihrem Leben bereits einmal eine CMV-Infektion durchgemacht.2-4 Bei immunkompetenten Menschen kommt es im Verlauf der Erstinfektion zur Ausbildung von grippeähnlichen Symptomen.3 Ähnlich wie andere Herpesviren kann CMV nach der Erstinfektion in ein latentes Stadium übergehen und so Jahre unbemerkt im Körper persistieren, bis es wieder in eine aktive Phase wechseln und eine Sekundärinfektion auslösen kann.3
Gefährlicher ist CMV jedoch für immunkompromittierte Transplantatempfänger*innen.5 Ein Ausbruch führt dort zu einem viralen Syndrom, das sich durch Fieber, Unwohlsein, Schmerzen sowie eine Leuko- und Thrombozytopenie (Verminderung der weißen und roten Blutkörperchen) und erhöhte Leberwerte bemerkbar macht.5 Bei besonders schwere Verläufen können zusätzlich verschiedene Organsysteme befallen werden und unter anderem eine interstitielle Lungenentzündung oder eine Meningoencephalitis ausgelöst werden.5 CMV-Infektionen treten in der Regel zwischen 30 und 90 Tagen nach der Organtransplantation auf.6-8 Ursache für eine solche Infektion kann sowohl eine Sekundärinfektion durch latente Viren der Empfänger*innen, als auch eine Organspende von einer seropositiven, also bereits infizierten, Person sein. Das größte Risiko liegt dabei bei der Transplantation von seropositiven Spender*innen zu seronegativen Empfänger*innen.9-13 Die Häufigkeit einer solchen Infektion hängt dabei von der Art der Transplantation und der serologischen Übereinstimmung zwischen Spender*in und Empfänger*in ab.9-13 Ohne eine antivirale Prophylaxe liegt die Inzidenz einer CMV-Infektion nach einer Lungentransplantation mit ca. 50 – 75% am höchsten, während sie bei einer Leber- oder Nierentransplantation zwischen 22 und 29% bzw. 8 und 32% liegt.5
Zusätzlich beeinflusst auch die Art der Immunsuppression die Häufigkeit der Infektion: So ist die Inzidenz unter mammalian Target of Rapamycin (mTOR)-Inhibitoren niedriger als bei anderen Immunsuppressiva.2
Zur Diagnose wird in der Regel eine von zwei Methoden verwendet: die Bestimmung der pp65-Antigenämie oder eine quantitative Polymerase-Kettenreaktion (qPCR). Bei ersterer wird die Konzentration des CMV-spezifischen pp65 Antigens mittels Antikörper in einer Blutprobe nachgewiesen.14,15 Vorteile dieser Methode sind die sehr kurze Bearbeitungszeit und die niedrigen Laboranforderungen. Gleichzeitig kann dieser Test nur innerhalb von 6 Stunden nach der Blutentnahme durchgeführt werden und benötigt eine ausreichend hohe Neutrophilenzahl von > 200 / mm3 und ist somit bei einer Leukopenie nicht geeignet.14,15
Die qPCR auf der anderen Seite quantifiziert die virale Last anhand von CMV-DNA in Blut, Plasma oder Rückenmarksflüssigkeit.16-18 Sie zeigt eine besonders hohe Sensitivität und eignet sich gut für die frühzeitige Erkennung einer CMV-Reaktivierung nach einer Stammzelltransplantation.16-18 Im Vergleich zum Antigenämie-Test ist sie jedoch teurer und technisch anspruchsvoller.16-18
Sollte ein akutes virales Syndrom vorliegen oder es in Folge der Infektion zu Organ- oder Gewebsschäden gekommen sein, ist eine antivirale Behandlung notwendig. Goldstandard ist hier die intravenöse Gabe von Ganciclovir.2 Bei milderen Verläufen oder Resistenzen ist allerdings auch eine Behandlung mit Valganciclovir oder Foscarnet möglich.2 Dabei ist die Länge der Behandlung abhängig von der viralen Last, die währenddessen regelmäßig überprüft werden muss.2
Vorsorge ist jedoch besser als Nachsorge, und so wird versucht ein Ausbrechen der Infektion frühzeitig zu verhindern. Dafür wird entweder eine prophylaktische oder präemptive Strategie verfolgt. Bei der standardmäßig verfolgten prophylaktischen Strategie werden potenzielle Risikopatient*innen bereits kurz nach der Transplantation medikamentös behandelt, unabhängig von Symptomen oder der Viruslast.2,19 Ziel ist es, die Replikation des Virus schnellstmöglich einzuschränken. Allerdings wird diese Herangehensweise auf Basis der hohen Kosten, zahlreichen Nebenwirkungen der Behandlung und vermehrten Resistenzbildung kritisiert.2
Die präemptive Strategie basiert auf einer regelmäßigen Überwachung der CMV-Replikation per qPCR.2 Ist ein bestimmter Schwellenwert erreicht, wird mit der antiviralen Therapie begonnen. Dies hat zum Vorteil, dass nur Patient*innen, die tatsächlich eine Behandlung benötigen auch therapiert werden.20-22 Gleichzeitig wird durch das Abwarten der asymptomatischen Virämie eine robuste CMV-spezifische Immunantwort stimuliert.20-22 Nachteil dieser Methode: Die häufigen Messungen setzen eine hohe Patientenadhärenz voraus und können potenzielle, indirekte Effekte der Virusreplikation nicht verhindern.20-22
Zusätzlich werden auch teilweise hybride Strategien eingesetzt. Dabei folgt auf die Prophylaxe eine präemptive Behandlung, die einen späteren invasiven Ausbruch verhindern sollen.23
Während eine CMV-Infektion eine häufige und potenziell schwere Komplikation bei einer Transplantation darstellt, lässt sich diese Erkrankung bei einer ausreichend frühen Behandlung gut in Schach halten.24
CMV: Zytomegalievirus
mTOR: mammalian Target of Rapamycin
qPCR: quantitative Polymerase-Kettenreaktion
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