Das chronische Leberversagen ist ein irreversibler Prozess. Die Lösung: eine Transplantation. Bis dahin wird mit einem TIPSS behandelt. Was ist das genau und was gibt es zu beachten?
Die Zahl der Komplikationen bei Patienten, die wegen einer Leberzirrhose eingewiesen werden, hat im Laufe der Zeit zugenommen. Die Ursache für viele Komplikationen bei einer Zirrhose ist die portale Hypertension. Das TIPSS-Verfahren ist die wirksamste Behandlung der portalen Hypertension.
„Wir führen pro Jahr gut 100 TIPSS-Interventionen durch, davon sind ca. 85 Neuanlagen“, erklärt uns Dr. Anselm Kunstein, Oberarzt und Leiter des Intervention-Teams an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Beim TIPSS-Verfahren handelt es sich um das Legen von transjugulären intrahepatischen portosystemischen Stent-Shunts, eine Maßnahme zur Umgehung des Leberstromgebietes.
Die Ursachen für die Entstehung einer Leberzirrhose können variabel sein, doch zeichnen sich in westlichen Ländern zwei Ätiologien ab: In Düsseldorf an der Klinik seien etwa 68 % der Fälle durch Alkoholabusus und etwa 10 % der Fälle durch eine NAFLD/MASLD bedingt.
Dr. Kunstein erklärt den typischen Behandlungsablauf für einen TIPSS: „Bei Patienten, die von niedergelassenen Kollegen […] zu uns geschickt werden, führen wir eine ambulante Beratung durch und planen dann einen Aufnahmetermin innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen, je nach Dringlichkeit. Die notwendigen Voruntersuchen werden dann – sofern nicht schon im externen Haus erfolgt – innerhalb von ein bis zwei Tagen gemacht. Nach dem Eingriff werden eine Ultraschalluntersuchung und Blutabnahmen zur Kontrolle gemacht. Der stationäre Aufenthalt dauert in der Regel zwischen vier und sieben Tagen. Vier Wochen nach Entlassung erfolgt die erste Kontrolle in unserer Ambulanz, anschließend werden die Patienten ca. 4 x pro Jahr ambulant kontrolliert.“
Für die Anlage eines TIPSS wird über die rechte Vena jugularis eine Lebervene kanüliert. Anschließend wird mithilfe einer Punktionsnadel durch das Leberparenchym in die Pfortader gestochen und der Stent wird platziert. Der Patient ist dabei wach und ansprechbar. „Die TIPSS-Anlage selbst dauert zwischen 40 und 120 Minuten. Die Patienten sind dabei wach, bekommen aber Medikamente gegen Schmerzen und ggf. auch zur Beruhigung. Eine Sedierung […] wird nur sehr selten in Ausnahmefällen benötigt“, so Kunstein. Doch ist der Eingriff nichts für Anfänger: „Insbesondere die sonographisch gesteuerte Punktion erfordert ein gutes anatomisches Vorstellungsvermögen und einiges an Übung. Daher sind beim TIPSS Anlage-Zentren im Vorteil, die den Eingriff regelmäßig durchführen“, erklärt er.
Ein bekanntes Problem bei dem Eingriff ist die Entwicklung einer hepatischen Enzephalopathie (HE). Doch Dr. Kunstein gibt Entwarnung: „Die Hepatische Enzephalopathie ist heutzutage u. a. aufgrund von dünneren Stents kein großes Problem mehr.“ Viel öfter scheint eine Rechtsherzbelastung oder eine Minderdurchblutung der Leber aufzutreten. Aber auch diese können durch das sorgfältige Screening verhindert werden. Wichtig ist, dass man versteht, dass ein TIPSS die Lebererkrankung nicht heilen, aber die Symptome verbessern und ein schnelleres Fortschreiten der Erkrankung eindämmen kann. Schätzungsweise 500.000 Deutsche haben eine Leberzirrhose und jedes Jahr sterben über 20.000 Menschen an den Folgen einer Leberkrankheit. Dr. Kunstein betont die Sicherheit des Verfahrens: „Bei der Intervention selbst ist hier am Zentrum niemand verstorben – bei bisher weit mehr als 800 Eingriffen.“
Bildquelle: erstellt mit Midjourney