Ein junger Patient stellt sich mit juckendem und brennendem Hautausschlag in einer Praxis vor. Erst vor kurzem hat er sich an dieser Stelle ein neues Tattoo stechen lassen. Was ist hier passiert?
Kutane Infektionen mit Mycobacterium chelonae können durch medizinische und kosmetische Eingriffe wie Liposuktionen, Akupunktur oder Mesotherapie entstehen. In Verbindung mit Tätowierungen wurden Hautinfektionen durch nichttuberkulöse Mykobakterien allerdings erst in den letzten 20 Jahren beobachtet.
Mögliche Infektionsquellen sind kontaminierte medizinische Geräte, die verwendete Tinte – aber auch Leitungswasser, das zur Verdünnung der Farben verwendet wird. Mycobacterium chelonae ist ein schnell wachsender Erreger, durch den Hautveränderungen typischerweise nach ein bis drei Wochen nach der Tätowierung auftreten. Die Betroffenen sind meist immunkompetent. Fieber oder ein allgemeines Krankheitsgefühl wurden nicht beobachtet.
Ein 34 Jahre alter und kerngesunder Patient stellt sich in der Ambulanz vor. Er klagt über Hautveränderungen an seinem linken Handrücken in der Nähe seines neuen Farbtattoos. Das Tattoo habe er in einem professionellen Tätowierstudio stechen lassen, die Beschwerden traten in den ersten zwei Wochen nach der Tattoosession auf. Erste Symptome waren ein leichter Juckreiz sowie ein Brennen. Der Patient berichtet weiter, dass er bereits mehrere Tattoos besitzt, ohne dass je Komplikationen aufgetreten wären. Die behandelnden Ärzte berichten, dass bis zur Vorstellung eine topische Therapie mit glukokortikosteroidhaltigen Externa erfolgte – die jedoch erfolglos blieb.
Klinischer Befund des linken Handrückens bei Erstvorstellung: Im Bereich des tätowierten Areals zeigen sich multiple bis zu 3 mm durchmessende erythematöse Papeln und Pusteln. Credit: K. Lange
Die Diagnose erfolgt durch Kultur- oder PCR-Untersuchung einer Hautbiopsie. Die Biopsie deutet auf eine epitheloidzellige granulomatöse Entzündung mit dem Nachweis von Fremdkörperriesenzellen hin. Bei der mikroskopischen Betrachtung fiel auf, dass durch die Ziehl-Neelsen-Färbung kein Nachweis säurefester Stäbchen möglich war.
Dermatohistopathologischer Befund, HE-Färbung, Vergr. 200:1: Dermatohistopathologisch zeigen sich eine epitheloidzellige granulomatöse Entzündung (a) sowie Fremdkörperriesenzellen (b). Credit: K. Lange
Die angelegte Kultur auf Löwenstein-Jensen-Agar lieferte nach acht bis zehn Wochen Ergebnisse und zeigte ein Wachstum von Mycobacterium chelonae. Laborchemisch hingegen konnten keine Auffälligkeiten erkannt werden. Zusätzlich wurde ein Resistogramm extern durchgeführt, wobei eine Sensibilität gegenüber Azithromycin, Clarithromycin, Tobramycin und Linezolid festgestellt werden konnte.
Zur Therapie erhielt der Patient täglich zweimal Clarithromycin 500 mg oral. Nach einer ersten Resistenzbestimmung wurde die Therapie über einen Zeitraum von sechs Monaten auf Azithromycin und Linezolid umgestellt. Grund dafür war die Möglichkeit einer Resistenzbildung, insbesondere durch Mutationen im erm-Gen, wodurch eine duale Therapie notwendig sein kann. In diesem Fall wurde eine Behandlung mit Azithromycin und Linezolid erfolgreich durchgeführt, sodass lediglich einzelne Hyperpigmentierungen im Bereich des Tattoos zurückblieben.
a 2 Monate nach Einleitung von Clarithromycin. b 5 Monate nach Einleitung von Azithromycin und Linezolid. Credit: K. Lange
Neben den bekannten allergischen- und Fremdkörperreaktionen können auch Infektionen als Komplikation auftreten, weshalb dies in der Diagnostik berücksichtigt werden sollte. Außerdem können rasant anwachsende Mykobakterien auch noch zwei bis drei Wochen nach dem Auftreten der Hautveränderung die Ursache dieser sein.
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