Ein internationales Forscherteam konnte nun eine bislang unbekannte Art der Genregulation bei dem Erreger der Malaria entdecken. Ob die Entdeckung zur Entwicklung neuer Medikamente führen kann, ist jedoch noch offen.
Medikamente zur Behandlung der Malaria gibt es zwar schon eine ganze Reihe; diese erfüllen aber längst nicht alle Anforderungen, die an sie gestellt werden. Sie sind entweder zu teuer für den großflächigen Einsatz in den Ländern der Dritten Welt, haben zu starke Nebenwirkungen oder die Erreger sind mittlerweile resistent. Weltweit sind deshalb Forscher auf der Suche nach neuen Angriffspunkten im Entwicklungszyklus des Erregers. Auch am Zentrum für Infektionsforschung (ZINF) der Universität Würzburg steht Plasmodium falciparum seit vielen Jahren im Mittelpunkt der Forschung. Der Biochemiker Dr. Nicolai Siegel leitet dort seit zwei Jahren eine Nachwuchsgruppe; gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Shanghai und Paris hat er jetzt überraschende Details im Vermehrungszyklus des Erregers entdeckt. In der aktuellen Ausgabe von Nature stellen die Forscher ihre Arbeit vor.
„Malariaerreger verfügen über einen äußerst wirksamen Trick, wie sie sich davor schützen können, vom Immunsystem eines Erkrankten erkannt und bekämpft zu werden“, sagt Nicolai Siegel. Nachdem sie die roten Blutkörperchen ihres „Opfers“ befallen haben, produzieren sie Proteine, die sich als Rezeptoren an der Oberfläche der Zellen festsetzen. Die könnte das Immunsystem eigentlich gut erkennen und als Angriffsstelle nutzen. „Der Erreger verfügt aber über insgesamt 60 unterschiedliche Gene, die solche Oberflächenrezeptoren produzieren“, so Siegel. Davon sind immer 59 still und nur eines aktiv – und der Erreger kann beliebig hin und her wechseln. „Das macht es für die Immunantwort so schwer.“ Wie der Erreger diesen Wechsel bewerkstelligt, ist bislang noch unbekannt. var-Gene heißt diese Genfamilie wissenschaftlich. Und je nachdem, welches „Familienmitglied“ gerade aktiv ist, verläuft die Malaria mehr oder weniger schwer. „Man weiß beispielsweise, dass in den Fällen, in denen die Malaria tödlich verläuft, die var-Gene vom Typ A besonders stark exprimiert werden“, sagt Siegel.
Das Forscherteam hat nun einen bislang unbekannten Mechanismus entdeckt, wie die Malaria-Parasiten diese Genfamilie kontrollieren. Im Mittelpunkt dieses Prozesses steht ein spezielles Exonuklease-Protein mit dem wissenschaftlichen Namen PfRNase II. Exonukleasen sind Enzyme, die immer dann zum Einsatz kommen, wenn in einer Zelle das Erbgut in Form von DNA und RNA kopiert oder abgebaut wird. Sie sind beispielsweise in der Lage, den Einbau eines falschen „Bausteins“ zu erkennen und diesen aus der DNA zu entfernen. Darüber hinaus können sie einen bestehenden DNA- oder RNA-Strang abbauen, während ein neuer Strang gebildet wird. Damit verhindern sie auch, dass die entsprechenden Proteine gebildet werden. Die jetzt entdeckte Exonuklease übt im Malaria-Erreger eine ganz spezielle Funktion aus: „Wir haben sie gentechnisch verändert und anschließend festgestellt, dass sehr viele Gene aus der var-Familie hochreguliert wurden“, erklärt Siegel. Anscheinend kontrolliert PfRNase II also die gesamte Gruppe der Gene, die ausmachen, ob eine Malaria einen schweren oder einen eher leichten Verlauf nimmt. Umgekehrt könnte das heißen: Ein Medikament zur Bekämpfung der Malaria sollte dafür sorgen, dass in dem Erreger die neu entdeckte Exonuklease möglichst aktiv ist. Dann sind die Gene, die für die Virulenz verantwortlich sind, zu einem großen Teil stillgelegt. Originalpublikation: Exonuclease-mediated degradation of nascent RNA silences genes linked to severe malaria Nicolai Siegel et al.; Nature, doi: 10.1038/nature13468, 2014