Hunderte Tonnen brauchbarer Medikamente landen jedes Jahr im Hausmüll und werden verbrannt, obwohl sie als Spenden dringend gebraucht werden. Lobbyfreundliche Gesetze verbieten die Weitergabe an Bedürftige in Deutschland.
Werner P. fühlt sich oft erschöpft und mutlos, er ist dauernd durstig, seine Haut ist trocken und juckt. Der Malermeister kann sich seinen schlechten Zustand nicht erklären. Sein Betrieb läuft schleppend, er kann den Lehrling kaum bezahlen, in die Krankenkasse zahlt er längst nicht mehr ein, dafür fehlt dem Selbstständigen das Geld. P. ist müde, hat abgenommen. Seit Monaten geht das so. Eines Nachmittags fährt Werner P. nach Bad Segeberg in Schleswig-Holstein, klingelt an der Tür der Praxis ohne Grenzen hinter dem Marktplatz. Hier behandelt der Allgemeinmediziner und Kinderarzt Uwe Denker seit Januar 2010 kostenlos Menschen, die nicht krankenversichert sind. Ein paar Tests, die Diagnose ist gestellt: Werner P. hat Diabetes Typ I. Behandeln kann Denker ihn nur, indem er das Insulin kauft, zum vollen Preis, aus Spendengeldern. Medikamente als Spende darf er nicht annehmen und ausgeben. Werner P. ist ein Fall von vielen. Die Patienten, die zu Denker in die Praxis kommen, wollen meist anonym bleiben: „Als wir die Praxis eröffneten, haben wir an Asylbewerber gedacht oder andere Menschen, die außerhalb unseres Sozialsystems leben“, sagt Denker. „Doch die überwiegende Mehrheit sind Männer aus dem Mittelstand, Selbstständige, deren Geschäft schlecht läuft und die deswegen keine Beiträge an die Krankenversicherung zahlen können.“ Aus Spendenmitteln könne er die Praxis finanzieren, sagt der Arzt, jeder Patient werde hinreichend untersucht und betreut. „Es gibt jede Menge Leute, die uns Medikamente spenden möchten“, erklärt Denker. „Doch zwei Paragraphen im Arzneimittelgesetz verbieten dies. Stattdessen werden in Deutschland jedes Jahr tonnenweise Medikamente in den Müll geworfen. Das ist ein Skandal.“
Uwe Denker von der Praxis ohne Grenzen in Bad Segeberg Der 74-Jährige Gründer der ersten Praxis ohne Grenzen in Bad Segeberg hat schon mit vielen Kollegen, Apothekern, Politikern und Pharmaherstellern gesprochen. Seine Idee, Menschen ohne Krankenversicherung zu versorgen, füllt eine Lücke, die lange im deutschen Versorgungssystem klaffte. Sieben weitere Praxen sind nach seinem Modell in Norddeutschland bisher entstanden, etwa tausend Patienten kostenlos behandelt worden. „Die größte Hürde ist der Mangel an Medikamenten – und das, obwohl sie ja da sind. Wir dürfen sie nicht annehmen, wir Ärzte sowieso nicht, wir dürfen Medikamente auch nicht ausgeben. Es besteht ein Dispensierrecht, das besagt, dass nur der Apotheker Medikamente ausgeben darf.“ Das bestätigt auch das Sozialministerium Schleswig-Holsteins in Kiel. „Apothekenpflichtige Arzneimittel dürfen nur in Apotheken abgegeben werden“, betont Frank Strutz-Pindor, Sprecher des Ministeriums. „Ärztinnen und Ärzte haben nicht das Recht, Arzneimittel an die von ihnen behandelten Patienten abzugeben.“ Der Praxis ohne Grenzen würden oft Medikamente als private Spenden angeboten, auch sehr teure, die sie gern nehmen würden, so Denker: „Wir würden nur Medikamente nehmen wollen, die originalverpackt sind und wo das Verfallsdatum nicht überschritten ist. Die werden uns angeboten, wenn zum Beispiel jemand verstorben ist oder aus Altersheimen.“
Medikamentenspenden, die in der Praxis ankämen, müssen über den Wegezweckverband Segeberg entsorgt werden, so der Mediziner. Seine Kollegen und er seien vom Amt für soziale Dienste aufgefordert worden, dies so zu handhaben. Bei Missachtung drohe ihm eine hohe Geldstrafe. Was bei ihm in der Praxis zusammenkäme, sei nur die Spitze des Eisbergs, so Denker: „Medikamente werden von den Entsorgungsunternehmen mit dem Hausmüll vernichtet. Vor drei Jahren wurden etwa 22 Tonnen Medikamente in einem Jahr aus der Region Segeberg vom Wegezweckverband verbrannt. Das ist zu viel.“ Es ist eine Verschwendung ohne Gleichen: „Kein Mensch sieht es ein, dass man originalverpackte Dinge auf den Müll wirft. Viele unserer Patienten würden sie sicherlich nehmen, wenn sie diese kostenlos kriegen könnten. Wie bei den Tafeln, die nehmen ja auch Lebensmittel, die ihnen gespendet werden.“ Es seien auch genügend Medikamente vorhanden: „Der Bedarf ließe sich weitgehend decken. Es sind Medikamente des täglichen Bedarfs, die wir brauchen, etwa Schmerzmittel, Antibiotika, Anti-Hypertonika gegen Bluthochdruck, Insulin, Heparin-Spritzen, die nach Operationen verabreicht werden, die teuer sind und auf dem Müll landen. Was in der allgemeinen Praxis üblicherweise anfällt.“
Die meisten Fälle seien chronische Krankheiten, die lange unbehandelt ins Bösartige umschlagen. Zum Beispiel Diabetes, der völlig aus den Fugen geriete, der Bluthochdruck, der zum Schlaganfall geführt habe, Schilddrüsenerkrankungen, die zu Über- oder Unterfunktion geführt hätten, erklärt der Arzt. Dramatische Erkrankungen, die sofortiges Eingreifen erforderten. Es kämen Patienten, die zum Teil 15 bis 20 Jahre lang nicht mehr beim Arzt gewesen seien, so Denker: „Bei uns in Segeberg sind es hauptsächlich Patienten des Mittelstandes, Handwerker, Beamte, Selbstständige und Freie Berufe, die nicht das Geld haben, um 600 Euro Krankenkassenbeitrag im Monat zu zahlen. Sie werden durch Krankheit insolvent, weil sie plötzlich nichts mehr verdienen.“ Dringend notwendige Medikamente bezahle die Praxis aus Spendengeldern: „Wir brauchen ungefähr ein Drittel unseres Spenden-Budgets für Medikamente und zwei Drittel für Operationen und ärztliche Behandlungen. Wir bezahlen das Original-Präparat und, was uns sehr ärgert, den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent, wie ein Privatpatient.“
Am Anfang habe er versucht, große Pharmakonzerne für die Gute Sache zu gewinnen, berichtet Denker. Doch alle hätten abgewunken. „Wir haben zum Beispiel Ratiopharm und Hexal um Arzneimittelspenden gebeten. Ratiopharm hat geschrieben, dass sie innerhalb Deutschlands nichts spenden, sie unterstützten Hilfsorganisationen in Haiti und Pakistan. Hexal hat ähnlich geantwortet. Da ist nichts zu holen.“ Nur die kleine Firma Q-Pharm AG spendet heute neue Medikamente an die Praxis ohne Grenzen. „Das Konzept passt zu unserem Versorgungsanspruch, das wir gerne nach unseren Möglichkeiten unterstützen. Leider treffen uns die rechtlichen Bestimmungen im Umgang mit Arzneimitteln auch wirtschaftlich“, erklärt Helmut Nissen, Marketingleiter von Q-Pharm. Die Firma gehört der Ärztegenossenschaft Nord und setzt sich in Zusammenarbeit mit Ärzte-Netzen für den Erhalt der qualitativen, regionalen medizinischen Versorgung ein. „Mittlerweile spenden wir fast durchgängig nur noch aktuell vertriebsfähige Arzneimittel mit normaler Restlaufzeit. Zum einen wäre eine Umwidmung von bereits vom Handel, Apotheken und Großhändlern wegen geringer Restlaufzeit retournierter Ware mit einem hohen Dokumentationsaufwand verbunden. Zum zweiten läuft man als Industrie immer Gefahr, dass gut gemeinte Spenden diffamiert werden, als Weg, sich abgelaufener Ware zu entledigen und Entsorgungskosten zu sparen“, erklärt Nissen. Und diese sind auch bei einer kleinen Firma beträchtlich: Für die Entwertung nicht verkaufter und nicht mehr verkehrsfähiger Medikamente gibt Q-Pharm „ungefähr fünf bis zehn Prozent vom Umsatz” aus, das seien mehrere 100.000 Euro pro Jahr. Dazu kommen echte Entsorgungskosten. „Bei uns sind das einige Tausend Euro - bei einem Vernichtungspreis von rund 450 Euro pro Tonne Gewicht“, rechnet Nissen vor. Die Hersteller von Medikamenten dürfen in Deutschland selbst festlegen, welche Verpackungsgrößen sie benutzen. Das sei ein Skandal, so Denker: „Eine 20er-Packung kostet hier zum Beispiel 11,75 Euro, die 50er Packung 12,10 Euro, die 100er 13,50 Euro. Diese Steigerung ist nicht zu verstehen. Es kann passieren, dass man zehn Tabletten kauft, eine nimmt und nach zwei Jahren neun wegwerfen muss. Einem Kassenpatient kann das egal sein, dem Arzt aber nicht. Denn wenn der Patient ein Medikament dauerhaft nimmt, ist es für den Arzt günstiger, gleich die große Packung aufzuschreiben, denn er hat nur ein gewisses Arzneimittelbudget. Und das wird er so niedrig halten, wie möglich, damit er es nicht überschreitet und selber bezahlen muss. Also wird er eher eine große Packung aufschreiben, auch wenn der Patient nur eine Tablette nimmt und 99 wegwerfen muss.“ Die Möglichkeit, einzelne Pillen in der Apotheke zu bekommen, wie es in vielen EU-Ländern seit Jahren gängige Praxis ist, gibt es in Deutschland nicht. Ein Missstand, der den Medikamente-Müllberg weiter wachsen lässt.
Bis 2009 konnten Verbraucher ihre alten Medikamente kostenlos in der Apotheke abgeben. Heute werden alte Arzneien meist über den Hausmüll entsorgt, oder landen über Toiletten und Abflüsse in der Kanalisation. Allein in Hamburg fielen über den Hausmüll laut Hamburger Stadtreinigung pro Jahr rund 100 Tonnen Altmedikamente inklusive Verpackungen an und wurden in Müllverbrennungsanlagen vernichtet. Zahlen, wie viele Medikamente bundesweit im Müll landen und wie viele davon noch brauchbar sind, gibt es nicht. Laut einer Umfrage des Instituts für Sozialökologische Forschung gaben 2011 weniger als ein Drittel der Verbraucher alte Arzneimittel in den Apotheken ab. 16 Prozent entsorgen Tabletten und Kapseln über die Toilette. Bei flüssigen Altmedikamenten sind es sogar 43 Prozent. So können zwischen 40 und 100 Medikamentenwirkstoffe ins Grundwasser gelangen, befüchten Umweltexperten. Darunter Schmerzmittel, Röntgenkontrastmittel, Antiepileptika, Antibiotika, Blutfett-Senker, Betablocker und Bestandteile von Anti-Baby-Pillen. „Das kann die Biologie einer ganzer Kläranlagen durcheinander bringen“, warnt die Hamburger Stadtreinigung. Jedes Jahr landen in Deutschland rund sechs bis acht Prozent der gekauften Medikamente im Abfall, so die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Das Berliner Umweltbundesamt schätzt dagegen, dass bis zu 30 Prozent aller Medikamente weggeworfen werden. Das wären über tausend Tonnen pro Jahr. Auch hier fehlen genauen Zahlen. Wie viele Medikamente pro Jahr gekauft werden, ist genau bekannt: Die Deutsche Umwelthilfe gibt an, das 2011 knapp 1,4 Mrd. Humanarzneimittel-Packungen in Deutschland verkauft wurden und jeder Bundesbürger im Schnitt 539 Euro dafür ausgab. Das entspricht einen Pro-Kopf-Bedarf von über 17 Packungen pro Jahr - Tendenz steigend. Der Wert der Medikamente, die jedes Jahr in Deutschland im Müll landen, dürfte in die Milliarden gehen.
Geht es nach dem Bundesgesundheitsministerium, gehören alle unbenutzten Medikamente in den Hausmüll. „Entgegen einer vielfach geäußerten Auffassung ist die Hausmüllentsorgung ein sicherer Entsorgungsweg für Altmedikamente“, erklärt das Ministerium auf seiner Webseite. Dass viele Medikamente, sachgemäß gelagert, ungeöffnet und nicht abgelaufen, als Spende viel sinnvoller wären, statt in der Mülltonne zu landen, fällt dabei unter den Tisch. „Medikamente sind im Müll gut aufgehoben“, betont auch Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung Hamburg. Sie werden mit dem Restmüll „schadlos und umweltgerecht“ entsorgt. Die Stadtreinigung empfiehlt ausdrücklich die Entsorgung im Restmüll („gut verpackt, damit Kinder nicht an die bunten Pillen kommen“). Auch die in Hamburger Apotheken abgegebenen Medikamente landen über deren Hausmülltonnen in der Müllverbrennungsanlage. „Wie die Entsorgung der Altmedikamente letztlich organisiert ist, bleibt den Apotheken überlassen“, so Fiedler. Nur gespendet werden dürfen sie nicht.
Elektra Rigos, Inhaberin der Bahnhof-Apotheke in Herne, bekommt ungenutzte Medikamente von ihren Kunden zurück. Viele geöffnete Packungen, aber auch ca. 20 Prozent nicht angebrochene Medikamente. „Früher hatten wir mehr. Viele entsorgen die Medikamente mittlerweile über den Hausmüll“, erklärt Rigos. „Wir bekommen auch von Arztpraxen unbenutzte Packungen, meist Muster zur Entsorgung“. Das übernehme Ihr Großhändler Noweda in Essen. Bezahlen muss Rigos dafür nicht, der Service des Hauptlieferanten ist kostenlos. Dabei komme eine Menge Medizin zusammen, pro Quartal ein großer Müllsack voll. Rigos würde Medikamente sofort an Bedüftige spenden - wenn dies erlaubt wäre. Frank Jaschkowski, Geschäftsführer der Apothekerkammer Schleswig-Holstein in Kiel, sieht beim Thema Medikamentenspende viele Probleme: „Gebrauchte Medikamenten sind nur schwer weitergebbar, ähnlich wie bei gebrauchten Lebensmitteln ist das auch ein psychologisches Problem“. Rechtlich sei die Weitergabe in Deutschland nicht zulässig, ins Ausland sei sie erlaubt. Logisch ist das nicht.
„Ich habe im Lauf der Zeit den Eindruck, dass Medikamentenspenden im Ausland die falsche Hilfe am falschen Ort sind. Zum Beispiel sei mit gespendetem Insulin keine dauerhafte Therapie möglich. Das ist so, als ob man mit einer Altkleidersammlung eine Armee ausstatten wollten“, erklärt er. Besser sei es, wenn Hilfsorganisationen konkrete Listen mit Medikamenten geschickt bekommen und diese zusammenstellen würden. Medikamentensammlungen in Deutschland seien problematisch, so Jaschowski, ehrenamtliche Helfer dürfen laut Gesetz keinen Kontakt zu verschreibungspflichtigen Medikamenten haben. Und das Recycling von Medikamenten sei ein aufwändiges Thema, das noch niemand angefasst habe. Und noch eine rechtliche Hürde sieht der Apothekerkammer-Geschäftsführer: Apotheken seien in Deutschland, ähnlich wie der Buchhandel, an Festpreise gebunden. Das schreibe das Wettbewerbsrecht vor. „Im Prinzip müssen wir Apotheken, die dagegen verstoßen, anklagen“, erklärt Jaschkowski. Die Praxis ohne Grenzen in Bad Segeberg sei ein Sonderfall, „den halten wir aus“. Mehr noch, die Apothekerkammer spendet Geld an sie - und an „Apotheker ohne Grenzen“.
Der als gemeinnützig anerkannte Verein mit Sitz in München sammelt in Deutschland Spenden, um weltweit Menschen in Not mit Arznei- und Verbandmitteln zu versorgen. Doch die Apotheker ohne Grenzen haben kein Interesse daran, dass überschüssige Medikamente direkt gespendet werden - weder im Ausland noch in Deutschland. Der Verein engagiert sich in Projektländern nach Notfällen und Katastrophen in Afrika und Lateinamerika. Medikamentenspenden nennt er auf seiner Webseite „Spendenmüll“, den es zu vermeiden gilt. Zwar konstatiert der Apotheker-Verein drastisch „Tausende Tonnen von Alt-Arzneimitteln, die Monat für Monat im Müll landen“. Das sogenannte „Medikamentenrecycling“ lehnt er jedoch vehement ab: Die Arzneien seien nicht die, die benötigt werden, die Beipackzettel im Ausland unverständlich, Qualität und Mindesthaltbarkeit nicht gewährleistet. Dazu komme der enorme Aufwand, den es bedeuten würde, sie zu sammeln, zu sortieren oder zu vernichten. Auf ihrer Webseite listen die Apotheker ihre Bedenken gegen Medikamentenspenden auf. Ihre Lösung ist eine, die den Apotheken in die Taschen spielt: Der Verband schlägt den Einsatz von neuen Großpackungen vor. Sogenannte „Bulk-Ware“ sei sehr günstig und die Qualität von den Anbietern geprüft und garantiert. 1.000 Tabletten Paracetamol à 500 Milligramm kosten nur etwa elf Euro. Eine weitere Möglichkeit seien „Emergency Heath Kits“, das Notfallsortiment wichtiger Arzneimittel für Katastropheneinsätze versorgt bis zu 10.000 Menschen drei Monate lang medizinisch mit dem Nötigsten. Die Medikamente sind bereits fertig verpackt und preisgünstig - was sie kosten, verrät der Verein nicht.
Einen Weg, wie ungebrauchte Medikamente aus Apotheken an Bedürftige in Deutschland kommen, hat Sonne Ledding von der Medikamentenhilfe für Menschen in Not in Hamburg gefunden. Sie hat die Genehmigung der Arzneimittelbehörde in Kiel, Medikamente zu sammeln und zu spenden. Der Verein bekommt gebrauchte, ungeöffnete und nicht abgelaufene Medikamente aus 185 Apotheken in Deutschland - und aus Pflegeheimen. Diese werden von einem Arzt und einem Apotheker geprüft, nach Inhalt, Haltbarkeit und nach Fachgebiet sortiert. Die Deklaration der Medikamente, die überwiegend ins Ausland gehen, erfolgt in der jeweiligen Landessprache. „Sonst erreichen die Medikamente den Empfänger nicht“, erklärt Leddin. Die Medikamentenhilfe für Menschen in Not, ein eingetragener Verein, bekommt bei Notsituationen Anfragen, überwiegend aus der EU und aus Afrika. In Hamburg hat Leddin eine stille Duldung mit den Behörden erreicht, sie darf Medikamentenspenden an soziale Einrichtungen liefern. Der Verein versorgt auch vier Einrichtungen der Caritas in Deutschland mit gespendeten Medikamenten. Über eine Apotheke in Hamburg, die über die Vergabe entscheidet. Doch auch Leddin nimmt derzeit keine Medizin von privaten Spendern an - obwohl sie das gern tun würde - da die rechtliche Haftung unklar ist. Ein medizinisch geschulter Jurist prüfe im Auftrag des Vereins die Rechtslage, so Leddin. So lang bleibt diese Möglichkeit versperrt. „Wir würden das ja gern machen, müssen aber Fragen der Haftung klären“, erklärt Leddin. Über 30 Tonnen Medikamente hat der Verein bereits gesammelt und als Spende an Bedürftige weitergeleitet. Leddin sieht das Problem bei Medikamentenspenden von Privatpersonen so: „Es geht um die sichere Lagerung, das Verfallsdatum und die Frage, ob die Wirkung noch anhält.“ Sie würde gerne einen weiteren Verein aufbauen, um noch mehr brauchbare Medikamente zu sammeln. Zum Beispiel Retouren, die Großhändler bei den Apotheken einsammeln. „Wir könnten Tonnen von Medikamenten retten“, betont Leddin. Dazu müsse die Politik auf das Problem aufmerksam werden - und die Gesetze ändern, die Medikamentenspenden verhindern. Artikel von Alexandra Grossmann und Helge Denker