Der Herzstillstand beim Sex ist ein gern verwendetes Klischee in Filmen. Zwar kommen kardiale Notfälle beim Sex in der Realität vor, laut einer US-Langzeitstudie jedoch sehr selten. Der Grund für Asystolien im Schlafzimmer ist nicht zwangsläufig der körperliche Akt.
Natürlich möchten auch Patienten mit kardialen Erkrankungen nicht auf Sex verzichten. Ärzte sind sich darin einig, dass in den meisten Fällen keine Warnung ausgesprochen werden muss. Dem steht eine ältere Autopsie-Studie aus Deutschland gegenüber. Aus ihr geht hervor, dass rund 0,2 Prozent aller natürlichen Todesfälle mit Geschlechtsverkehr in Verbindung gebracht werden. Grund genug für Forscher, das Thema erneut zu untersuchen.
Sumeet S. Chugh vom Cedars-Sinai Medical Center, Los Angeles, wertete Daten der Sudden Unexpected Death Study aus. Seit 2002 werden in der Region von Oregon alle verfügbaren Daten zu Patienten mit plötzlichem, unerwartetem Herzstillstand gesammelt. Entsprechende Informationen kamen von Rettungsdiensten, Kliniken und Pathologen. Bis 2015 umfasste die Kohorte 4.557 Patienten mit plötzlichem Herzstillstand. Sie waren im Durchschnitt 65,2 Jahre alt und 68 Prozent von ihnen männlich. Zu 4.525 Personen lagen detaillierte Aufzeichnungen vor, um die sexuelle Aktivität zu beurteilen. Insgesamt fand Chugh 34 Ereignisse (0,7 Prozent) in Zusammenhang mit Geschlechtsverkehr. Das entspricht 0,28 Fällen auf 100.000 Erwachsene. 32 (94 Prozent) der Patienten waren männlich. Während der sexuellen Aktivität kam es bei 18 Personen (55 Prozent) zum Herzstillstand. Weitere 15 (45 Prozent) ereilte das Schicksal Minuten nach dem Akt. Den Forschern gelang es nicht immer, exakte Zeitpunkte anzugeben.
Von allen Betroffenen hatten 29 Prozent in ihrer Vorgeschichte koronare Herzerkrankungen, 26 Prozent Herzinsuffizienz mit Beschwerden und fast alle nahmen regelmäßig Medikamente ein. Genau hier zeigt sich ein Schwachpunkt der Studie: Chugh und Kollegen können nicht sagen, ob kardiale Ereignisse mit nicht geeigneten Pharmaka in Verbindung stehen. Bei Erektionsstörungen nehmen können Männer gefäßerweiternde PDE-5-Hemmer einnehmen. Sie sind bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen kontraindiziert. Zusammen mit nitrathaltigen Medikamenten, etwa Nitroglycerin-haltigen Sprays, kann es zum lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks kommen.
Chugh fand noch einen weiteren, im negativen Sinne überraschenden Aspekt. Wiederbelebungsmaßnahmen wurden nur in einem Drittel aller Fälle vorgenommen, obwohl der Partner fast immer zugegen war. Deshalb bestehe ein großer Bedarf, Menschen über die Wichtigkeit der kardiopulmonalen Reanimation bei plötzlichem Herzstillstand aufzuklären, egal unter welchen Umständen er auftrete, heißt es im Artikel.