Im Kampf gegen sexuell übertragbare Infektionen setzt man in den USA nun auf eine Postexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin. In Deutschland ist man zurückhaltender – denn diese Methode birgt ein gefährliches Risiko.
In den letzten Jahren wurde ein Anstieg der Inzidenz von sexuell übertragbaren Infektionen (STI), verursacht durch Neisseria gonorrhoeae, Chlamydia trachomatis und Treponema pallidum, sowohl in den USA als auch in Europa verzeichnet. Um diesem Anstieg entgegenzuwirken, wurden einerseits Kampagnen zur Förderung der Kondomnutzung und regelmäßige Untersuchungen auf STI in der Risikopopulation durchgeführt. Andererseits wurden auch Studien zur medikamentösen Prophylaxe mit Doxycyclin zur Vermeidung der genannten STI initiiert. Dabei wurden sowohl Studien zur Präexpositionsprophylaxe (Einnahme von Doxycyclin vor dem Geschlechtsverkehr) als auch zur Postexpositionsprophylaxe (Einnahme von Doxycyclin nach dem Geschlechtsverkehr) durchgeführt.
Das Center for Disease Control and Prevention (CDC) hat kürzlich eine Empfehlung für eine Postexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin (DoxyPEP) veröffentlicht: Ärzte sollen allen Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), sowie trans Frauen (TGW) mit einer Vorgeschichte von mindestens einer bakteriellen STI (insbesondere Syphilis, Chlamydien oder Gonorrhö) in den letzten 12 Monaten eine Postexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin (200 mg) anbieten. Das Doxycyclin sollte innerhalb von 72 Stunden nach dem Risikokontakt eingenommen werden.
Die Empfehlung basiert auf den Ergebnissen von drei großen randomisierten kontrollierten Studien, die unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) und trans Frauen durchgeführt wurden. In allen drei Studien konnte die Einnahme von 200 mg Doxycyclin nach dem Geschlechtsverkehr signifikante Reduktionen der Akquisition von STI zeigen.
Auch erwies sich die Einnahme von Doxycyclin als relativ gut verträglich, wobei die häufigsten unerwünschten Ereignisse gastrointestinale Nebenwirkungen waren. Ein potenzielles Problem bei der unregelmäßigen Einnahme von Doxycyclin ist jedoch die Förderung antimikrobieller Resistenzen. In einer der drei Studien, der DoxyPEP-Studie, wurden die Teilnehmer 12 Monate lang nachbeobachtet. In der Gruppe der Patienten, die Doxycyclin eingenommen hatte, wurde zwar eine Reduktion der Trägerschaft von Staphylococcus aureus im Nasenraum verzeichnet, aber es zeigte sich ein Anstieg der tetracyclinresistenten S. aureus-Stämme von 5 % auf 13 %.
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung bakterieller STI hat die CDC ihre Empfehlung für den Einsatz von DoxyPEP ausgesprochen. Gleichzeitig birgt die Entwicklung antimikrobieller Resistenzen potenzielle Risiken, die sorgfältig überwacht werden sollten. Daher wird die Empfehlung zur DoxyPEP unter Berücksichtigung dieses Aspekts auf jene Bevölkerungsgruppen beschränkt, bei denen der größte Nutzen der Intervention zu erwarten ist und für die solide Daten aus Studien vorliegen.
Die Deutsche STI Gesellschaft spricht sich aufgrund der noch unklaren Auswirkung einer DoxyPEP-Strategie auf die Förderung antimikrobieller Resistenzen gegen eine breite Anwendung einer STI-Prophylaxe aus und gibt an, dass eine DoxyPEP im Einzelfall erwogen werden kann. Die Kosten sollten jedoch vom Patienten getragen werden. Diese Stellungnahme ist von Juni 2023, ob sie durch die neue Empfehlung durch die CDC auch die entsprechenden Fachgesellschaften in Deutschland in Zukunft für eine DoxyPEP-Strategie aussprechen, bleibt abzuwarten.
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