Die kardiovaskuläre Gesundheit in Deutschland muss besser werden und die Apos sollen es richten. Na, ob das so funktioniert, wie sich Lauterbach das vorstellt?
Die geplanten neuen pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) sollen Apotheken eine stärkere Rolle in der Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ermöglichen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat diese Maßnahmen bereits im vergangenen Herbst angekündigt. Nun liegt der Referentenentwurf für das Gesundes-Herz-Gesetz vor. Ziel der Reform ist es, Apotheken als zentrale Anlaufstellen für präventive Gesundheitsmaßnahmen zu etablieren. Doch lohnt sich diese Erweiterung des Leistungsspektrums für die Apotheken wirklich? Welche Vorteile haben die Patienten davon? Und wie reagieren die Ärzte auf diese Veränderungen?
Beim Deutschen Apothekertag im September letzten Jahres stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach seine Vision für eine umfassende Apothekenreform vor. Dabei betonte er die Notwendigkeit, Apotheken stärker in die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einzubinden. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verschickte kurz darauf ein Impulspapier zur Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das die Beweggründe und Ziele dieser Reform erläuterte.
Ein zentrales Problem, das die Reform adressieren soll, ist die kardiovaskuläre Sterblichkeit in Deutschland. Trotz hoher Gesundheitsausgaben liegt die Lebenserwartung hierzulande nur im europäischen Durchschnitt. Laut dem Entwurf des Gesundes-Herz-Gesetzes sollen Apotheken daher drei neue, niedrigschwellige Beratungsleistungen anbieten, um frühzeitig Risikofaktoren zu erkennen und präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Die Einführung neuer Dienstleistungen bringt für Apotheken sowohl Chancen als auch Risiken mit sich (DocCheck berichtete). Auf der einen Seite könnten diese Dienstleistungen bestenfalls zu einer besseren Patientenbindung und neuen Einnahmequellen führen. Durch regelmäßige Check-ups und Beratungen könnten Apotheken ihre Rolle im Gesundheitswesen stärken und somit langfristig profitieren.
Auf der anderen Seite bestehen jedoch Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen. Die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ) warnt davor, dass die neuen Dienstleistungen zu einem „Fass ohne Boden“ werden könnten. Die notwendigen Investitionen in Messgeräte und laufende Kosten könnten die finanziellen Belastungen der Apotheken weiter erhöhen. Zudem wird die Finanzierung dieser Dienstleistungen aus dem bestehenden Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen kommen – ohne zusätzliche Mittel bereitzustellen. Dies könnte die Apotheken in eine schwierige Lage bringen, insbesondere da die Nachfrage nach diesen neuen Dienstleistungen unvorhersehbar ist und die Apotheken nicht in der Lage sind, diese effizient zu steuern.
Für Patienten dagegen könnten die neuen Dienstleistungen erhebliche Vorteile bringen. Die geplanten Präventionsmaßnahmen, insbesondere im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, könnten frühzeitig Risiken identifizieren und somit schwere Erkrankungen verhindern. Dies würde nicht nur die Lebensqualität der Patienten verbessern, sondern auch langfristig die Gesundheitskosten senken. Apotheken könnten eine wichtigere Rolle in der Gesundheitsvorsorge übernehmen, indem sie regelmäßige Check-ups und Beratungen anbieten.
Die neuen Dienstleistungen umfassen unter anderem:
Diese Maßnahmen sollen Patienten helfen, gesündere Lebensstile zu entwickeln und Risiken frühzeitig zu erkennen und zu minimieren.
Die Reaktionen der Ärzte auf die geplanten neuen Dienstleistungen sind gemischt. Einerseits begrüßen viele Ärzte die verstärkte Zusammenarbeit mit Apotheken, insbesondere im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung. Andererseits gibt es Bedenken, dass die neuen Dienstleistungen zu einer Doppelstruktur im Gesundheitswesen führen könnten, was zu Verwirrung und ineffizienter Ressourcennutzung führen könnte. Einige Ärzte befürchten zudem, dass Apotheken in Bereiche vordringen könnten, die traditionell in ärztlicher Hand liegen, was zu Kompetenzkonflikten führen könnte. Apotheken seien keine „Arzpraxis-to-go“, beschwerte sich die Bundesärztekammer.
Ob sich die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen für Apotheken lohnen, hängt von mehreren Faktoren ab:
Klar ist, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Apotheken und Ärzten sowie eine angemessene Vergütung entscheidend sein werden, um den vollen Nutzen aus den neuen Dienstleistungen zu ziehen. Klar ist aber auch, dass die Apotheken derzeit genug mit der unzureichenden Honorierung der vorrangig notwendigen pharmazeutischen Arbeit zu tun haben und viele schlicht keine Zeit und Möglichkeit mehr haben, zusätzliche Leistungen anzubieten. Wenn die pDL die einzige Möglichkeit bleiben, das teilweise defizitäre Tagesgeschäft querzufinanzieren, werden in den kommenden Jahren mehr und mehr Apotheken schließen müssen.
Bildquelle: Erstellt mit Midjourney