Mit Strahlentherapie verbinden die meisten Menschen die Behandlung von Krebserkrankungen. Jährlich werden jedoch fast 50.000 Patienten bestrahlt, die eine gutartige Erkrankung haben. Die Bestrahlung könnte Schmerzen bei Arthrose, Fersensporn und Tennisellenbogen lindern.
Bei entzündlichen Weichteil-, degenerativen Gelenk- sowie Bindegewebserkrankungen leiden Patienten oft stark und dauerhaft an Schmerzen. „Viele Patienten, die zu uns kommen, haben schon einiges versucht, um ihre Schmerzen loszuwerden: Kortison-Spritzen, Stoßwellentherapie oder Eis-Auflage bringen manchmal nicht den gewünschten Erfolg“, berichtet Dr. med. Oliver Ott vom Universitätsklinikum Erlangen. Die Bestrahlung kann bei bestimmten chronischen, degenerativ-entzündlichen Erkrankungen, etwa dem Fersensporn oder dem Tennisellenbogen, Abhilfe schaffen, weiß der Mediziner. „Dieses Wissen ist nicht neu. Seit fast 100 Jahren wurde in vielen Publikationen bestätigt, dass die Bestrahlung antientzündlich wirkt und bei Gelenkerkrankungen hilft“, ergänzt Professor Dr. med. Wilfried Budach von der Universitätsklinik Düsseldorf.
Üblicherweise werden die Patienten an sechs Terminen über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen kurz bestrahlt. Pro Sitzung erhielten sie bislang 0,5 bis 1,0 Gray (Gy) – die Einheit der Strahlendosis– in ein bis zwei Behandlungsserien. „Je nachdem, wie der Patient auf die Bestrahlung ansprach, wurde die Dosis angepasst. Die Gesamtdosis betrug daher in der Regel 3 bis 12 Gy“, erklärt Dr. Ott. Neuere Forschungsergebnisse ließen die Vermutung aufkommen, dass man einen gleich guten, schmerzlindernden Effekt auch mit einer niedrigeren Strahlendosis erreichen könnte.
Daher wurde an der Universitätsklinik Erlangen eine randomisierte Dosisoptimierungsstudie durchgeführt. Zwischen 2006 und 2010 wurden insgesamt 1080 Patienten per Zufallsverteilung entweder mit Einzeldosen von 0,5 oder 1,0 Gy behandelt. 312 von ihnen litten an einem Schultersyndrom, 199 an einem Ellenbogensyndrom und 569 an einem schmerzhaften unteren oder oberen Fersensporn. 90 Prozent der Patienten erhielten sechs bis acht Wochen danach eine zweite Bestrahlungsserie, da sie berichteten, noch keine zufriedenstellende Besserung zu verspüren.
Die Ergebnisse direkt nach der letzten Bestrahlung waren beeindruckend: 84 Prozent der Behandelten gaben an, dass sich ihre Schmerzen komplett oder teilweise gebessert haben. Nach 32 Monaten wurden die Patienten erneut befragt, zu diesem Zeitpunkt waren es sogar 92 Prozent. Bei 43 Prozent der Patienten war der Schmerz komplett und anhaltend verschwunden und 49 Prozent gaben eine spürbare und nachhaltige Schmerzabnahme an. Nur bei acht Prozent aller Behandelten gab es keine Besserung. Studienleiter Dr. Ott bilanziert: „Zwischen den beiden Gruppen mit 0,5 und 1,0 Gy fanden sich keine Unterschiede. Die niedrigere Strahlendosis reichte also aus. Nebenwirkungen traten zudem nicht auf.“ „Für Patienten, bei denen konventionelle Therapien oder die Gabe von Schmerzmitteln nicht helfen, ist die Strahlentherapie mit reduzierten Einzeldosen eine gute und nebenwirkungsfreie Behandlungsoption“, fasst Professor Budach zusammen. Originalpublikation: The Erlangen Dose Optimization trial for low-dose radiotherapy of benign painful elbow syndrome. Long-term results. Oliver Ott et al.; Strahlentherapie und Onkologie, doi: 10.1007/s00066-013-0504-1; 2014