500 unterschiedliche Komponenten, davon etwa 100 Cannabinoide. Das sind die Zahlen, die man für die Inhaltsstoffe von weiblichen Cannabispflanzen findet.¹ Pharmakologisch sind vor allem das D9-Tetrahydrocannabinol (THC) und das Cannabidiol (CBD) relevant und auch am besten erforscht.¹
Diese liegen in der Pflanze hauptsächlich als inaktive Caboxylsäuren vor.² Durch Decarboxylierung erfolgt die Umwandlung zu pharmakologisch aktivem THC³ oder CBD⁴, was durch Hitzeeinwirkung bei etwa 200 – 210°C innerhalb von 5 Minuten passiert.³ Die Inhaltsstoffe werden dann durch Inhalation in z.B. einem medizinischen Vaporizer aufgenommen.
Im Falle von Vollspektrumsextrakten liegen die Inhaltsstoffe bereits in ihrer aktiven, decarboxylierten Form vor. Aber warum gibt es überhaupt mehrere Darreichungsformen für dieselben Inhaltsstoffe und für welchen sollten sich Ärztinnen und Ärzte entscheiden, wenn sie Ihre Patient:innen möglichst effektiv therapieren wollen?
Einer der Faktoren, die die Wahl der passenden Darreichungsform beeinflussen, ist die Bioverfügbarkeit. Diese beschreibt, wieviel Wirkstoff den systemischen Kreislauf des Menschen erreicht.
So liegt sie bei inhalativer bei etwa 15 – 35 % und bei oraler Darreichungsform bei etwa 3 – 12 %. Der First-Pass-Metabolismus wird bei inhalativen Produkten umgangen, sodass die Bioverfügbarkeit höher ist als bei oraler Applikation und der Wirkstoff auch schneller zur Verfügung steht.¹⁻² Die geringe Bioverfügbarkeit durch orale Applikation lässt sich dadurch erklären, dass THC und CBD nur langsam und über einen längeren Zeitraum über den Darm aufgenommen werden und den stetig laufenden Abbauvorgängen im Magen oder dem First-Pass-Effekt der Leber unterliegen.⁵ Diese Effekte, unterschiedlichen Kreisläufe und Aufnahmewege werden durch die Pharmakokinetik beschrieben.
So steigt die Plasmaverfügbarkeit von THC und CBD, die sich in Ihrer Pharmakokinetik sehr stark ähneln² bei inhalativer Aufnahme schnell an, reduziert sich aber auch verhältnismäßig schnell wieder.⁵⁻⁶ Oral eingenommenes Medizinalcannabis zeigt, wie oben bereits beschrieben, eine geringere Bioverfügbarkeit im Plasma, das jedoch über einen deutlich längeren Zeitraum.⁶
Aufgrund der ähnlichen Pharmakokinetik² und der unterschiedlichen Wirkspektren von THC und CBD⁷⁻⁸ kann der indikationsabhängige Einsatz beider Substanzen sinnvoll sein.
Die Verordnung von Blüten ist vor allem dann sinnvoll, wenn man einen schnellen Wirkeintritt erzielen möchte, während eine länger andauernde Wirkung über Extrakte erzielt wird. Zusätzlich lässt sich Medizinalcannabis über Extrakte leichter dosieren.⁹
So eignet sich der Einsatz von Blüten etwa bei der Linderung von Kopfschmerzen und Migränen¹⁰ oder auch neuropathischen Schmerzen bei HIV-Patient:innen.¹¹
Extrakte scheinen hingegen in der Therapie von nicht-tumor-bedingten Schmerzen wirksamer zu sein.¹² Insgesamt zeigen aber beide Darreichungsformen Wirksamkeit bei der Therapie von Schmerzen.¹²
In folgender Tabelle finden Sie alle Fakten auf einem Blick:
Welche Darreichungsform schlussendlich gewählt wird, hängt auch von persönlichen Therapiezielen oder den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen ab. Mit einem stetigen Dialog mit Erkrankten und einer über die Zeit wachsenden Zahl an publizierten Studien wird die Entscheidung für die passende Darreichungsform leichter werden.
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