Herz und Nieren sind ein eingespieltes Team, die unter physiologischen Bedingungen durch Systeme, wie das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), kurzzeitige Leistungsschwächen des jeweils anderen Organs überbrücken können, um so eine optimale Versorgung des Organismus mit Sauerstoff und Nährstoffen über das Blut zu gewährleisten. Doch was passiert, wenn Herz oder Nieren langfristig geschädigt oder in ihrer Funktion behindert werden? Dafür lohnt sich ein ausführlicherer Blick auf die kardiorenale Achse.
Eine typische Erklärung für die Entstehung eines kardiorenalen Syndroms (Cardio Renal Syndrome, CRS) sieht die prima causa im Herzen und einer zugrundeliegenden Erkrankung.1 Demnach ist das Herz im Falle einer Insuffizienz nicht in der Lage, den kontinuierlichen Fluss des Blutes aufrechtzuerhalten und es kommt zu einer Hypoperfusion der Niere.1 Durch Hypoperfusion der Niere wird das RAAS, das sympathische Nervensystem und die Expression von Vasopressin aktiviert. Als Folge kommt es zur Flüssigkeitsretention, Erhöhung der Vorlast und einer weiteren Verschlechterung der Herzfunktion.2
Dieser Zustand des geringen Blutflusses als alleinige Antwort für die Entstehung eines CRS ist jedoch nicht ausreichend, denn auch in Patient:innen mit erhaltener Ejektionsfraktion finden sich erhöhte Kreatininwerte im Serum. Auch bei hospitalisierten Patient:innen mit Anzeichen eines akuten CRS war die Anzahl derer, die eine erhaltene Ejektionsfraktion oder normalen Blutdruck aufwiesen höher, als erwartet.3,4Um einen angemessenen intrarenalen Blutfluss und eine effiziente glomeruläre Filtration zu gewährleisten, muss die Differenz zwischen dem arteriellen und renalen Ausflussdruck ausreichend groß sein. Wird durch die renale Hypoperfusion bei z.B. Herzinsuffizienz ein Anstieg des venösen Drucks ausgelöst, führt dies zu einer venösen renalen Hypertonie und einem erhöhten renalen Widerstand, welches schlussendlich den renalen Blutfluss und die glomeruläre Filtration auf Dauer schädigt.1 Dieser auf Dauer sinkende intraglomeruläre Druck ist gesteuert durch die Einwirkung eines überaktiven RAAS und neurohumeraler Aktivierung von präglomerulärer Vasokonstriktion.1 Ein Blick auf das RAAS und die damit verbundenen Natrium- und Flüssigkeitsretentionen liefert eine der Erklärungen, wie eine desregulierte Nierenfunktion eine sich verschlechternde Herzfunktion beeinflusst.
Sinkt der Blutdruck z.B. aufgrund einer zugrundeliegenden Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion, schüttet die Niere vermehrt Renin aus.5 Die Abbildung 1 veranschaulicht, wie die Ausschüttung von Renin einen Erhalt des physiologischen Blutdrucks gewährleisten soll.
Abbildung 1: Senkung des Blutdrucks durch Renin-Ausschüttung der Nieren
Renin wandelt das aus der Leber kommende Angiotensinogen zu Angiotensin I um. Das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE), welches in der Lunge synthetisiert wird, ist für die weitere Umwandlung von Angiotensin I zu Angiotensin II verantwortlich. Angiotensin II bindet schließlich an den Angiotensin-II-Rezeptor (AT-Rezeptor) – und das setzt eine Vielzahl von physiologischen Prozessen kaskadenartig in Gang:Aldosteron wird aus der Nebennierenrinde ausgeschüttet, welches wiederum Wasser und Salze zurückhält, um das Blutvolumen zu steigern und so den Druck zu erhöhen. Zusätzlich kommt es zu einer Vasokonstriktion und das antidiuretische Hormon (ADH) wird ausgeschüttet, was ebenfalls zum Erhalt des Blutdrucks beiträgt.Das RAAS ist darauf ausgelegt ein kurzfristiges Absinken des Blutdrucks zu kompensieren. Im Falle einer Herzinsuffizienz führt das System aber auf Dauer zu einer Schädigung der Nierenfunktion und der glomerulären Filtration.
Das Bewusstsein über die wechselseitigen Beziehungen zwischen Herz- und Nierenfunktion etabliert sich langsam im Praxisalltag, was unter Umständen zu einer verstärkten Berücksichtigung dieser Zusammenhänge bei der Therapiewahl führen kann. Der Schutz der Nierenfunktion erlangt in der Behandlung der Herzinsuffizienz einen höheren Stellenwert, während umgekehrt die Relevanz der Nierenkrankheit für die Herzfunktion zunimmt. Gerade hier gewinnen Substanzen wie SGLT-2-Inhibitoren zunehmend an Bedeutung, da sie sowohl bei chronischer Herzinsuffizienz als auch bei chronischer Nierenkrankheit therapeutisch eingesetzt werden können.6,7 Infolge der Erkenntnisfortschritte hinsichtlich dieser Zusammenhänge kann erwartet werden, dass die simultane Behandlung beider Erkrankungen sowie das frühzeitige Screening auf Begleiterkrankungen in der zukünftigen Therapie an Bedeutung gewinnen werden.
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