Ab und zu schaue ich mir die Google-Bewertungen unserer und anderer Apotheken an. Mein Fazit: Kundenwünsche weichen oft von der Apo-Realität ab. Aber müssen wir uns deswegen alles gefallen lassen?
Ich gebe zu, dass ich dabei auch die Bewertungen „bewerte“ – gerade die negativen Kommentare sind interessant und aufschlussreich. Ich schaue mir an, was da bei anderen als schlecht angesehen wurde. Und ob so etwas bei uns auch vorkommen könnte. Ob die schlechte Bewertung gerechtfertigt ist und ob es einen Grund für den offenbar nicht erfüllten Kundenwunsch gibt. So manches liegt einfach an der falschen Erwartungshaltung des Kunden bzw. Patienten.
Am meisten reklamiert: Einstellung der Mitarbeiter, Preisgestaltung, Wartezeiten, Lieferschwierigkeiten.
„Wollte einen Hustensirup der Kategorie C (nicht rezeptpflichtig) beziehen. Die Apothekerin überheblich, schnippisch, völlig inkompetent, ließ mich als potentiellen Kunde kaum zu Wort kommen. Erklärte der Dame, dass mir mein Arzt, bei dem ich seit langem in Behandlung bin, dieses Medikament seit Jahren mit einem anderen gibt und es nie irgendwelche Nebenwirkungen gab. Die Apothekerin stellte sich über eine studierte Medizinerin …“
Meine Gedanken dazu: Apotheker in der Schweiz sind studierte Medizinalpersonen. Wir stellen uns nicht über, aber neben die Ärzte als andere studierte Medizinalberufe. Hustensirup Kategorie C ist hier entweder Codein oder Dextrometorphan … und wenn „seit Jahren“ in Behandlung, finde ich das etwas … abklärungswürdig. Also kein Wunder, dass da nachgefragt wurde. Ist da etwa jemand empfindlich?
„Die Bedienung ist schlecht, sie lassen einen grundlos warten. Das muss unbedingt verbessert werden, auch wenn sie zu dritt im Laden sind. Wenn man etwas kaufen will, das nicht teuer ist, wirken alle deprimiert und lustlos und versuchen bei Nicht-Kassen-Zahlern immer das teurere Produkt zu verkaufen, obwohl ein Generika verlangt wird.“
Hmm, ja. Warten ist unangenehm – aber wie „grundlos“ das war, ist vielleicht nicht immer beurteilbar. Wenn ein Generikum verlangt wird, dann sollte man allerdings auch ohne Diskussion ein Generikum verkaufen – sofern vorhanden (Lager, Lieferbar, Existierend).
„Grausamer Service. Wollte bestimmte Medikamente kaufen, die die Apotheke nicht hatte (ist ja okay). Der Hauptapotheker hat mich vollgelabert und am Ende musste ich für eine Beratung zahlen, obwohl ich danach nicht gefragt habe, seine Meinung mich überhaupt nicht interessierte und ich wurde vorher überhaupt nicht darüber informiert, dass sein Erzählen eine kostenpflichtige Beratung ist.Peinlich!“
Für die Beratung bezahlen? Kommt eigentlich nur vor, wenn ausführlichere Abklärungen (und Dokumentation) vor der Abgabe eines ursprünglich rezeptpflichtigen Medikamentes gemacht werden müssen. Dann sollte man den Kunden bzw. Patienten allerdings darüber aufklären, was man vorhat und dass das zusätzlich kostet.
„Sie gaben uns einen XXX-Impfstoff, sagten uns aber nicht, dass wir ihn im Kühlschrank aufbewahren sollten. Das Baby hat daraufhin schlecht reagiert, es gab aber zum Glück kein ernstes Problem. Ich bin mir sicher, dass die Informationen irgendwo auf der Schachtel waren, aber wir dachten nicht daran, sie zu lesen, da der Impfstoff von einem Arzt verabreicht wird. Wir haben ihn erst eine Woche nach der Abholung in der Apotheke dorthin gebracht. Sie hätten uns diese sehr grundlegenden und äußerst wichtigen Informationen geben sollen, als er gekauft wurde.“
Ja, das hätten sie sollen. Aber … hat man denn gar keine Eigenverantwortung mehr?
„Sorry, es ist Samstagabend, 25 Personen sind in der Apotheke und es geht im Schneckentempo vorwärts … Auch Kunden ohne Rezept, die ihr Produkt schon haben, stehen an zum Zahlen … nichts ist mit spontan noch Augentropfen kaufen ... sorry, ich habe 35 Minuten gewartet nur um zu zahlen … das geht gar nicht.“
Arme Apotheke – keiner der Angestellten kam an dem Samstag rechtzeitig in den Feierabend und musste sich noch von so Kunden stressen lassen.
„Ich wurde aufgrund meiner Koprolalie schlicht und einfach nicht behandelt, obwohl ich mit entsprechendem Arzneirezept unterwegs war.“
Ich musste Koprolalie googeln: „Als Koprolalie bezeichnet man den wiederholten, zwanghaften Gebrauch von vulgären Begriffen, zumeist aus der Verdauungsregion. Mitunter kann dies pathologisch sein, wie z.B. beim Tourette-Syndrom.“ OOOoookay :-) Aber da die Indikation normalerweise nicht auf dem Rezept steht und die Medikamente dafür auch für anderes eingesetzt werden … interessiert es mich jetzt doch „was genau“ da gesagt wurde? ScheissApothekeArschlöcheralleMistplatzLecktmichdoch …?
„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Apotheke permanent zu geringe Vorräte aufweist und regelmäßig Lieferschwierigkeiten geltend macht (jede und jeder Mitarbeiter dort fügt zu geringe Bestände als Begründung an). Zudem sind die Wartefristen bis zur Bedienung eine Zumutung. So auch heute Morgen wieder.“
Ja, Mist. Aber: Wir haben seit Jahren überall zunehmend Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten, daher ist die Erklärung nicht so unglaubwürdig. Zu geringe Bestände … ich wüsste ja gerne, von was. Reden wir hier von freiverkäuflichen Sachen wie schnelldrehenden Schmerzmitteln oder von rezeptpflichtigen Mitteln, die auch selten gebraucht werden?
„Ebenfalls hatten sie absolut normale Produkte für eine Apotheke (Fleckenbenzin) nicht an Lager. Werde diese Apotheke in Zukunft meiden.“
Naja – Fleckenbenzin sehe ich jetzt eher als Drogerieprodukt an – und heute braucht man das auch immer seltener. Aber ok – komm zu uns, wir haben das noch. Ich fürchte nur, dass, falls irgendwann mal etwas anderes fehlt, das auch eine schlechte Bewertung gibt?
„Das Langzeitrezept meines Sohnes (ist auf seine Medikamente angewiesen) wurde nicht ‚gefunden‘, obwohl es längst verlängert wurde (habe es danach gleich beim Arzt nachgefragt). Ich hatte mehr auf meiner Liste, bin aber gleich wieder gegangen.“
Man verliert sehr selten Rezepte in der Apotheke. Meist ist das eines dieser Probleme: Das neue Dauerrezept wurde vom Arzt zwar ausgestellt, ist aber noch nicht bis in die Apotheke gekommen. Das Dauerrezept wurde mit einem falschen Datum eingegeben (Ablaufdatum nicht nächstes Jahr, sondern dieses Jahr … wie das Ausstelldatum). Das sind Probleme, die sich mit etwas Geduld schnell lösen lassen.
„Hatte das Rezept für ein harmloses Progesteronpräparat, das ich aufgrund einer Schwangerschaft schon seit zwei Monaten nehme und mir andere Apotheken ausnahmsweise auch ohne Rezept ausgegeben haben, auf dem Handy. Leider war mein Akku leer und es war Samstag kurz vor Ladenschluss. Der Apotheker wollte mir das Präparat partout nicht herausgeben, auch nachdem ich die Dringlichkeit betont habe. Auch habe ich versichert, ich hätte im Auto ein Ladekabel und könne das Rezept in 10 Minuten per E-Mail weiterleiten. Er blieb hart, was für mich unangenehme Folgen hatte. Ich verstehe, dass es Richtlinien gibt, aber die Art und Weise, wie ich kaum angehört und abgewimmelt wurde, empfand ich als sehr, sehr unangenehm.“
Hmmhmm. Also weil andere Apotheken da schon Ausnahmen gemacht haben, gibt es jetzt die Erwartungshaltung, dass das überall und vor allem jederzeit gehen muss, sonst ist das eine schlechte Apotheke? Vom Problem, dass nur Originalrezepte akzeptiert werden sollen (und Bilder auf dem Handy gehören da wie E-Mails vom Patienten NICHT dazu) fang ich gar nicht erst an. Wenn das Medikament so wichtig ist: Schau, dass du ein gültiges Rezept hast, geh es früh genug besorgen, oder zahl halt mehr, wenn du in die Notfallapotheke gehst, die auch Samstag Nacht und Sonntag geöffnet hat.
„Ich bin gerade 5 Tage nach der Hüft-OP. Nach der Untersuchung beim Arzt bin ich zur Apotheke, um empfohlenes Medikament zu holen. Die Apothekerin schaute in Ihren Computer und sagte, ich brauche dafür ein Rezept. Sie hat auch empfohlen, dass ich per Telefon das Rezept bestelle und per E-Mail weiterleiten lasse – was ich auch getan habe. Es hat insgesamt über 30 Minuten gedauert…. dann kam das Rezept ….. und die Apothekerin sagte mir dann, dass es seit Monaten nicht lieferbar sei !!!!! Mit meinem operierten Bein musste mir noch anhören, dass die Dame mich falsch verstanden hat !!!!! Sie hat ein Rezept verlangt aber hatte das Medikament nicht auf Lager…. da muss man sich wirklich fragen…. gehts noch !!!!! Da fehlen die Worte.“
Au weh – da ist ja einiges schiefgelaufen! Aber auch hier besteht wieder das Problem der Nicht-Lieferbarkeit. Finde da allerdings auch den Arzt seltsam, der ein offenbar rezeptpflichtiges Medikament empfiehlt, ohne ein Rezept auszustellen … Passt, dass er auch nicht weiß, dass das seit Ewigkeiten nicht lieferbar ist. Ich würde in der Apotheke aber alles daran setzen, einen Ersatz zu suchen und zu empfehlen, der an Lager ist und das dann abgeben.
„Freunde haben extrem schlechte Erfahrung gemacht bezüglich Frechheit, Arroganz und Diskriminierung. Deshalb liebe Leute, der Kunde, der sein Geld bei Euch lässt, ist IMMER KÖNIG! So funktioniert, das, und nicht anders!!! Geht gar nicht.“
Du gibst also die Rezension für Freunde ab, nicht für dich? Ungeachtet, was da passiert ist – „der Kunde ist König“ ist eine Erfindung von Marketingspezialisten. Natürlich versucht man den Kundenwünschen zu entsprechen und natürlich ist man dabei als Dienstleister freundlich und hilfsbereit, ABER der Kunde kann auch im Unrecht sein, Unrealistisches oder Ungesetzliches oder Ungesundes verlangen. Nein, dann muss ich dem nicht entsprechen.
„Arrogant, frech, unsympathisch, profitgeil: Bin mit klarem Kaufinteresse in die Apotheke, aber die Verkäuferin (glaube: Frau XXX) war nicht gerade sehr kompetent in der Beratung. Als ich gefragt habe, ob die Preise gleich zum Detailhandel seien und etwas am googlen war, meinte sie unfreundlich & direkt: „Ich werde Sie bei klarer Kaufabsicht nur noch beraten, aber jetzt habe ich keine Zeit, denn es stehen zwei andere Kunden hinter ihnen.“
Wie lange bist du denn da gestanden und hast Preisvergleiche mit dem Online-Verkäufern verlangt? Es würde zwar ziemlich lange dauern, aber wenn ich das Gefühl hätte, die Person vor mir hat so gar nicht vor, etwas zu kaufen und der Laden ist voll von Leuten (die etwas brauchen), dann … hätte ich vielleicht ähnlich reagiert.
„Vor drei Tagen habe ich dort ein Medikament gekauft. Heute wurde klar, dass die Indikation nicht mehr besteht und ich wollte die Packung ungeöffnet und unbeschädigt zurückgeben. Die Rücknahme wurde verweigert. JEDE andere Apotheke nimmt Medikamente in OVP zurück. Speziell in diesem Fall gab es keinerlei Grund die Packung nicht anzunehmen. Das Medikament ist ewig haltbar ohne besondere Lagerungsbedingungen.“
Jein. Wir sollen großzügig sein, allerdings gibt es Lagerbedingungen für Medikamente, auch wenn „bei Raumtemperatur“ zwischen 8 bis 25 Grad ist und das nicht überschritten wurde (was wir nicht nachweisen können), darf das Medikament nicht einfach so zurückgenommen und auf gar keinen Fall einfach so weiter gebraucht werden. Häufig machen wir das trotzdem, aber es gibt Ausnahmen (Spezialbestellungen, Kühlprodukte …). Dass jede Apotheke Medikamente zurücknimmt, stimmt sicher nicht.
„Ich ging heute zur Bahnhofs-Apotheke und der Ansatz von der Apotheker-Dame war sehr arrogant und diskriminierend. Sie wollte mich nicht anerkennen oder meine medizinische ID-Karte akzeptieren und gab mir auch nicht die Drogen, die ich für meine Behandlung benötigte. Ich bin Arzt und konnte meine Medikamente überall auf der Welt seit 20 Jahren so als Reisender kaufen. Ich bedaure es sehr, diesen Ansatz.“
Oh nein. Aber wir müssen in der Apotheke medizinische Ausweise aus dem Ausland, die wir kaum verifizieren können, tatsächlich nicht anerkennen. Das ist dann im Falle von rezeptpflichtigen Medikamenten eine „normale“ Abgabe „ohne Rezept“, die wir machen können, aber nicht müssen. Das heißt, es wird abgeklärt, ob die Abgabe angezeigt ist – und wenn ich hier „Drogen“ lese, dann denke ich, dass es sich hier bei der Behandlung nicht um Blutdruck-medikamente gehandelt hat.
„Ich finde diese Apotheke und die Mitarbeiter einfach schrecklich! Null Ahnung von Privatsphäre. Man wird in vollem Laden gefragt wofür man dieses Medikament nehmen muss, da die Dosierung ungewöhnlich sei. Das geht niemandem was an, schon gar nicht eine Pharma-Assistentin, welche kaum Deutsch kann. Der Herr Doktor wird schon wissen wieso er so eine Dosierung verordnet! Frechheit!“
Das „voller Laden“ ist natürlich unangenehm – allerdings sind Nachfragen bei ungewöhnlicher Dosierung für mich ein Zeichen einer sich kümmernden und guten Apotheke. Und doch, wir müssen das wissen – bei der Abgabe kontrolliert man: „richtiger Patient, richtiges Medikament, richtige Dosierung …“. Auch „der Herr Doktor“ macht Fehler. Keine Frechheit.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney