In Deutschland erkranken jährlich schätzungsweise mehr als 800 Menschen an Achalasie, einer seltenen Funktionsstörung der Speiseröhre. Wissenschaftler wiesen jetzt erstmals genetische Risikofaktoren der Erkrankung auf molekulargenetischer Basis nach.
Über die Ursachen der Achalasie ist wenig bekannt. Doch schon länger gehen Wissenschaftler davon aus, dass es sich bei Achalasie um eine erblich bedingte Krankheit handelt. Allerdings fehlte dafür bislang der Nachweis. „Im Rahmen der weltweit größten Kohortenstudie ist es uns gelungen, Gene zu identifizieren, die an der Entstehung der Achalasie ursächlich beteiligt sind. Die Gene steuern auf zellulärer Ebene autoimmunologische Prozesse, deren Fehlfunktion für die Krankheitsentstehung von Bedeutung sind“, so Prof. Dr. Ines Gockel von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie an der Universitätsmedizin Mainz. Prof. Gockel leitet das europäische Forschungsnetzwerk ARC (Achalasia Risk Consortium), an dem neben Mainzer Wissenschaftlern auch Forscher verschiedener Universitätskliniken und großer Krankenhäuser beteiligt sind. Die Achalasie ist eine sehr seltene Erkrankung mit einer geschätzten Häufigkeit von jährlich ein bis drei Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Ihr liegt ein Untergang von Nerven der Speiseröhre zugrunde, so dass sich der untere Schließmuskel beim Schlucken nicht mehr öffnen kann. Zudem kommt es zu einer gestörten Peristaltik der Speiseröhre mit der Folge, dass die Nahrung nicht in den Magen weitergeleitet werden kann. Im Endstadium leiden die Patienten an einem Megaösophagus. Über die Entstehungsmechanismen der Achalasie ist bislang nur wenig bekannt. Bisherige Untersuchungen wurden lediglich an kleinen Kollektiven durchgeführt.
An der jetzt durchgeführten weltweit größten Kohortenstudie nahmen insgesamt 5.310 Personen teil. 1.068 an Achalasie erkrankten Patienten stand dabei eine 4.242 Personen umfassende Kontrollgruppe gegenüber. Für die Studie benutzen die Forscher eine sehr aufwendige Hochdurchsatz-Genotypisierungs-Technologie. Damit gelang es den Wissenschaftlern, die Erbsubstanz der Achalasie-Erkrankten sowie der nichtverwandten gesunden Kontrollpersonen zu analysieren. „Diese neuen Erkenntnisse bringen die Aufklärung dieser komplexen Krankheit einen enormen Schritt nach vorne. Sie vermögen einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten, die zellulären und molekularen Prozesse besser zu verstehen, die bei der Achalasie von Bedeutung sind. Das ist mitentscheidend, um neue Therapien zu entwickeln“, sagt der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann. Originalpublikation: Common variants in the HLA-DQ region confer susceptibility to idiopathic achalasia Ines Gockel et al.; Nature Genetics, doi: 10.1038/ng.3029; 2014