Die Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg setzt einen neu entwickelten Simulator ein, der ein virtuelles Training der Arthroskopie ermöglicht. Medizinstudenten und angehende Orthopäden können dort die endoskopische „Schlüsselloch“-Chirurgie trainieren.
Auf den ersten Blick sieht das Kniegelenk gut aus: Der Knorpel weist keine Verletzungen auf, seine Oberfläche ist glatt und weiß. Erst ein Schwenk mit der Kamera macht das ganze Ausmaß der Zerstörung sichtbar: Das Kreuzband ist zerrissen, ein paar büschelförmige Reste lassen erkennen, wo es ursprünglich angesetzt hatte. Und auch der Meniskus ist eingerissen. Für den Operateur sind die nächsten Schritte klar: Über ein kleines Loch an der Seite des Knies führt er eine winzige Zange in das Gelenk ein und trennt Stück für Stück die defekten Anteile des Meniskus ab. Anschließend entfernt er mit einer Art „Mini-Sauger“ diese Stücke aus dem Gelenkspalt.
Der Operateur ist allerdings gar keiner, sondern studiert Medizin gerade mal im achten Semester. Momentan absolviert er gemeinsam mit seinen Kommilitonen das orthopädische Praktikum. Zu dessen Bestandteilen gehört neben dem Untersuchungskurs, einem Gipskurs und einer Einführung in die Sonographie seit neuestem auch ein praktisches Training der Arthroskopie. „Wir wollen auf diesem Weg mehr Praxis in das Medizinstudium bringen und nebenbei auch ein wenig Werbung für das Fach Orthopädie treiben“, erklärt Dr. Stephan Reppenhagen, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am König-Ludwig-Haus und Spezialist für arthroskopische Operationen.
Vor wenigen Monaten hat die Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus den ersten Knie-Simulator vom Typ „ArthroS“ in Deutschland in Betrieb genommen. Er wird zur operativen Ausbildung von Studenten und Assistenten eingesetzt und erweitert ein bestehendes Trainingslabor, in dem bisher lediglich mit regulären Kniegelenks- und Schultergelenksmodellen gearbeitet wurde. Ein künstliches Knie, ein Monitor und die typischen Instrumente sind die Kernstücke des Simulators. Ein feiner Stab, an dessen Ende eine Kamera sitzt, sendet Live-Bilder vom Gelenkinneren auf den Monitor. Die Kamera wird über einen kleinen Schnitt an der einen Seite des Knies eingeführt. Ein zweiter Schnitt auf der gegenüberliegenden Seite dient als Zugang für die Instrumente, die bei der OP zum Einsatz kommen. Auf dem Monitor kann der Operateur nicht nur das Geschehen im Gelenk verfolgen; ein anatomisches Modell daneben zeigt ihm gleichzeitig auch die Position seiner Instrumente im Knie und ermöglicht so die genaue räumliche Orientierung.
„In erster Linie viel Übung“ ist nach den Worten von Stephan Reppenhagen erforderlich, damit eine Arthroskopie erfolgreich abläuft. Weil diese Übung heute kaum noch im OP zu kriegen sei – „dort ist einfach zu wenig Zeit für eine intensive Anleitung von Anfängern“, sagt der Mediziner – sei der Simulator der ideale Weg, angehenden Orthopäden Trainingsmöglichkeiten zu bieten. Das Simulationsprogramm beginnt mit einfachen Aufgaben im Anfängermodus, in dem sich die Studierenden bewegen. Mit steigender Erfahrung nimmt der Schwierigkeitsgrad zu und führt über den Fortgeschritten- zum Expertenmodus. Dann liefert das Programm auch eine Auswertung des vorgenommenen Eingriffs. Die „Operateure“ und ihre Anleiter können unter anderem genau sehen, wie lange der Eingriff gedauert hat, wie viele Bewegungen der Instrumente überflüssig waren und wie sehr das umgebende Gewebe dabei belastet wurde.
In mehreren Studien will die Klinik jetzt untersuchen, wie das Training aussehen muss, damit es zum größtmöglichen Erfolg führt. „Es geht um die Fragen, unter welchen Bedingungen der meiste Lernzuwachs erreicht wird“, sagt Reppenhagen. Wie oft sollte das Training stattfinden, welche Frequenz ist erforderlich, reicht das Training alleine, oder sollte es unter Anleitung stattfinden? Diese und weitere Fragen werden die Orthopäden in den kommenden Monaten untersuchen; am Ende soll dann ein Ausbildungsplan stehen, der eine zielgerichtete fundierte Ausbildung in der arthroskopischen Chirurgie ermöglicht.