Zu müde für Sport? Energydrinks regeln das. Allerdings sind diese Koffeinbomben alles andere als gesund – und gerade für Personen mit Herzrhythmusstörung lebensgefährlich.
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine kurze Zusammenfassung.
Energydrinks sind bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebt. Doch nicht nur wegen des hohen Zuckeranteils stehen Energydrinks immer wieder in der Kritik. Sie enthalten neben Zucker größere Mengen Koffein, häufig Guarana und Taurin. Diese drei Substanzen stehen im Verdacht, das Auftreten von Herzrhythmusstörungen zu fördern. In einer aktuell im Fachblatt Heart Rhythm erschienenen Studie konnte gezeigt werden, dass der Konsum von Energydrinks vor allem bei Menschen mit genetisch bedingten Herzerkrankungen ein signifikantes Risiko für Herzrhythmusstörungen und einen plötzlichen Herztod darstellen kann.
Michael Ackerman von der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota, hat die Daten von 5.000 Patienten analysiert, die an der dortigen Windland Smith Rice Genetic Heart Rhythm Clinic in den Jahren 2000 bis 2023 wegen Herzrhythmusstörungen in Behandlung waren. Bei 144 Patienten ging aus den Krankenakten hervor, dass sie einen plötzlichen Herzstillstand überlebt hatten. Bei 5 % (7 Patienten) wurde dokumentiert, dass sie in zeitlicher Nähe zum Herzstillstand Energydrinks konsumiert hatten. Von den sieben Patienten waren sechs Frauen und das Durchschnittsalter lag bei 29 ± 8 Jahren. Von den Betroffenen litten zwei an einem Long-QT-Syndrom und zwei an einer katecholaminergen polymorphen ventrikulären Tachykardie (CPVT). Bei den übrigen drei wurde ein idiopathisches Kammerflimmern diagnostiziert. Drei Patienten konsumierten regelmäßig Energydrinks. Sechs Patienten benötigten einen Rettungsschock und einer wurde manuell wiederbelebt. Alle Überlebenden haben aufgehört, Energydrinks zu konsumieren, und sind seitdem ereignisfrei. Bei vier der sieben Patienten fand der Konsum von Energydrinks in Verbindung mit einer sportlichen Betätigung statt.
Bei den übrigen 3 Patienten standen die Ereignisse in keinem zeitlichen Zusammenhang zu körperlicher Aktivität.
Als Limitation der Studie ist zu nennen, dass es sich um ein retrospektives, Single-Center-Design handelt, zudem war die Anzahl der eingeschlossenen Patienten limitiert. Die Ergebnisse von Martinez et al. sind jedoch stimmig mit den Daten früherer Studien von anderen Forschergruppen. In einer epidemiologischen Studie war der Konsum von mehr als 687 mg Koffein am Tag mit einem um 44 % erhöhten Risiko auf einen plötzlichen Herzstillstand verbunden. Ebenso konnte gezeigt werden, dass Taurin in einem Experiment an Kaninchenherzen die Repolarisation und die effektive Refraktärzeit verkürzt. Dadurch konnten ventrikuläre Tachykardien leichter ausgelöst werden. Guarana enthält neben Koffein vermutlich weitere proarrhythmogene Substanzen wie Theophyllin, und es hat in einer Studie an Ratten die Serumkonzentration des Antiarrhythmikums Amiodaron deutlich reduzieren können.
Bei 5 % der Überlebenden von einem plötzlichen Herztod in der aktuellen Studie fand ein Konsum eines Energydrinks in zeitlicher Nähe zum Ereignis statt. Alle Überlebenden haben nach dem Ereignis aufgehört, Energydrinks zu konsumieren, und sind seitdem frei von Ereignissen. Obwohl größere Kohortenstudien erforderlich sind, um die Inzidenz/Prävalenz zu klären und das genaue Risiko zu quantifizieren, erscheint es ratsam, frühzeitig vor diesem potenziellen Risiko zu warnen. Gerade Patienten mit genetischen Herzkrankheiten, die zu einem plötzlichen Tod führen können, sollten dringend die Risiken und Vorteile des Konsums von Energy-Drinks abwägen und aus meiner Sicht am besten darauf verzichten.
Ellermann et al. Cardiovascular risk of energy drinks: Caffeine and taurine facilitate ventricular arrhythmias in a sensitive whole-heart model. J Cardiovasc Electrophysiol. 2022. doi: 10.1111/jce.15458. Rodrigues et al. Herb-Drug Interaction of Paullinia cupana (Guarana) Seed Extract on the Pharmacokinetics of Amiodarone in Rats. Evid Based Complement Alternat Med. 2012 doi: 10.1155/2012/428560.
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