Während Läufer über Jahrzehnte auf dämpfende, stützende Fußbekleidung gesetzt haben, erleben Barfuß-Schuhe in letzter Zeit einen wahren Boom. Innovatives Schuhwerk soll den natürlichen Gang simulieren, heißt es von Herstellern. Sportler erleiden jedoch mehr Verletzungen.
Barfuß-Schuhe bestehen aus einer flexiblen Sohle ohne Fußbett, um beim Laufen den Boden zu spüren. Auch die Zehen haben hinreichend Platz. Ein Mehrwert: Während uns festes Schuhwerk zum Fersengang zwingt, gelingt mit Barfußschuhen der Ballengang, betonen Hersteller.
Mittlerweile haben Forscher gesundheitliche Aspekte der innovativen Fußbekleidungen untersucht. Beispielsweise fanden italienische Kollegen heraus, dass Barfußschuhe im Gegensatz zu normalen Laufschuhen dem wünschenswerten Gangmuster sehr nahe kommen. Auch hinsichtlich des Stoffwechsels wird natürliches Barfußlaufen simuliert, schreiben britische Wissenschaftler in einer Veröffentlichung. Alles nur eitel Sonnenschein? Sicher nicht.
Entsprechende Studien sind in den USA stark umstritten. Schließlich mussten sich sogar Gerichte mit dem Wohl und Wehe von Barfußschuhen befassen. Grund genug für Vibram, Käufern auf freiwilliger Basis Entschädigungszahlungen anzubieten, um Sammelklagen abzuwenden. Ein Vorwurf lautet, wissenschaftliche Studien beim Marketing überinterpretiert zu haben. Gleichzeitig verpflichtet sich besagter Hersteller, keine Werbebotschaften zum angeblichen Muskelaufbau und zur vermeintlich niedrigeren Verletzungsgefahr zu machen, bis mehr Klarheit herrscht. Neue Studien hinterlassen zumindest ein Fragezeichen.
Michael Ryan vom Centre for Musculoskeletal Research der australischen Griffith University hat jetzt Verletzungsrisiken untersucht. Er rekrutierte 103 Männer und Frauen zwischen 19 und 50 Jahren, die fünf oder mehr Jahre Lauferfahrung mitbrachten. Für sie gab es entweder einen Laufschuh mit zeitgemäßer Dämpfung (Nike Air Pegasus 28), ein leicht minimalistisches Modell mit flexiblen Kerben an der Sohle (Nike Free 3.0 V2), oder einen typischen Barfußschuh (Vibram Five Fingers). Nach zwölf Wochen Training inklusive Zehn-Kilometer-Lauf wertete Ryan Daten von 99 Sportlern aus. Insgesamt erlitten 23 Personen Blessuren. Bei Barfußschuhen kam es zu sieben Verletzungen, aber signifikant häufiger zu Schmerzen am Schienbein beziehungsweise an der Wade. Vier Sportler in klassischem Schuhwerk und zwölf im leicht minimalistischen Modell konnten aufgrund von Beschwerden an drei aufeinanderfolgenden Trainingseinheiten nicht teilnehmen. Damit bietet die Studie neue Argumente für klassisches Schuhwerk.