Nosokomiale Infektionen und gerade Bakteriämien werden immer häufiger. Liegt’s an der verbesserten Diagnostik?
Als nosokomiale Infektionen werden Infektionen bezeichnet, die Patienten während ihres Aufenthalts im Krankenhaus erwerben. Um eine Infektion als nosokomial zu bezeichnen, darf die Infektion frühestens am dritten Tag des Aufenthalts auftreten. Studien belegen, dass nosokomiale Infektionen mit schlechteren Behandlungsergebnissen sowie erhöhter Morbidität und Mortalität einhergehen. Daher ist es wichtig, die Häufigkeit von nosokomialen Infektionen zu überwachen, um präventive Maßnahmen frühzeitig einleiten oder deren Wirksamkeit überwachen zu können.
In Deutschland wurden bisher vier Punktprävalenzerhebungen in den Jahren 1994, 2011, 2016 und 2022 zur Erfassung von nosokomialen Infektionen und Antibiotikaanwendungen durchgeführt. Die Ergebnisse der letzten Punktprävalenzerhebung von 2022 wurden kürzlich im Deutschen Ärzteblatt publiziert. Für die Studie wurden Daten aus 252 Krankenhäusern mit insgesamt 66.586 Patienten ausgewertet, darunter 29 Krankenhäuser der Maximalversorgung.
Insgesamt wurden 3.367 nosokomiale Infektionen bei 3.292 Patienten nachgewiesen. Die drei häufigsten Infektionen, jeweils mit einem Anteil von etwa 20 %, waren Wundinfektionen, Infektionen der unteren Atemwege und Harnwegsinfektionen. Im Vergleich zur Erhebung von 2016 zeigte sich ein leichter Anstieg bei den postoperativen Wundinfektionen, die 2022 die häufigsten nosokomialen Infektionen waren. Infektionen der unteren Atemwege und Harnwegsinfektionen traten etwas seltener auf. Primäre Blutstrominfektionen lagen an vierter Stelle der nosokomialen Infektionen, mit einem signifikanten Anstieg im Vergleich zu 2016. Die Autoren diskutieren, ob dieser Anstieg möglicherweise auf eine verbesserte Diagnostik zurückzuführen ist. Neu unter den nosokomialen Infektionen belegten SARS-CoV-2-Infektionen mit 4,8 % den fünften Platz.
Die fünf häufigsten nosokomialen Infektionen der Punktprävalenzerhebung 2022 in allen teilnehmenden Krankenhäusern und Vergleich zu 2016. Credit: Aghdassi et al.
Erfreulich war, dass im Vergleich zu 2016 deutlich weniger Infektionen mit Clostridioides difficile dokumentiert wurden (2022: 3,9 % und 2016: 10 %). Die Autoren vermuten, dass dies möglicherweise durch verbesserte Hygienemaßnahmen, den Rückgang virulenter Stämme von C. difficile oder durch neu etablierte Antibiotic Stewardship (ABS) Maßnahmen mit reduziertem Einsatz von Fluorchinolonen zustande kam.
Die Auswertungen ergaben, dass etwa jeder vierte Patient im Krankenhaus eine Therapie mit Antibiotika erhielt. Die häufigsten Antibiotikagruppen waren Penicilline plus Beta-Laktamaseinhibitoren (33,2 %), Cephalosporine der 3. Generation (9,5 %) und Cephalosporine der 2. Generation (9,1 %). Erfreulicherweise ging der Fluorchinolon-Verbrauch im Vergleich zu 2016 tatsächlich um ein Drittel zurück.
Die Anzahl von nosokomialen Infektionen und auch Antibiotikaanwendungen stiegen 2022 im Vergleich zu 2016 an. Betrachtet man jedoch die Daten im langfristigen Verlauf im Vergleich zu 2011, sind die Prävalenzen von nosokomialen Infektionen (ca. 5 %) und Antibiotikaanwendungen (ca. 26 %) stabil geblieben. Die Autoren diskutieren, ob dies als Erfolg oder Misserfolg zu bewerten ist, was letztendlich anhand der vorliegenden Daten nicht eindeutig beantwortet werden kann. Durch den höheren Verbrauch von Desinfektionsmitteln und die Aufstockung des Hygienepersonals im Rahmen der Pandemie hätte man mit einem Rückgang nosokomialer Infektionen gerechnet. Da nosokomiale Infektionen jedoch häufig durch endogene bakterielle Erreger ausgelöst werden, haben die zuvor genannten Maßnahmen wenig Einfluss.
Des Weiteren haben die verminderten personellen Ressourcen und die Corona-Pandemie zu einer geringeren Auslastung der Bettenkapazität geführt, wodurch Patienten schneller entlassen wurden und die im Krankenhaus verbleibenden Patienten eine höhere Krankheitsschwere aufwiesen. Aus diesem Blickwinkel wären die stabilen Werte positiv zu bewerten.
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