Manche Patienten könnten sich nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma wieder erholen – dafür müsste man den lebensverlängernden Maßnahmen nur etwas mehr Zeit lassen. Ziehen wir also zu früh den Stecker?
Lebensverlängernde Maßnahmen nach einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) abzubrechen, ist keine leichte Entscheidung. Eine neue Studie zeigt jetzt, dass es sich auch lohnen kann dieser Entscheidung mehr Zeit einzuräumen. Denn ein großer Anteil der Patienten konnte trotz schwerer Verletzungen eine deutliche Erholung erreichen.
Die von Dr. Yelena Bodien vom Massachusetts Hospital und der Harvard Medical School geleitete Studie wurde im Journal of Neurotrauma veröffentlicht. Bodien und ihr Team untersuchten darin zwischen 2014 und 2021 insgesamt etwa 3.100 Patienten mit SHT in 18 Traumazentren in den USA. Die Patienten wurden innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Verletzung aufgenommen und mehr als die Hälfte wurde von den Forschern über ein Jahr begleitet. Eine Gruppe von 90 Patienten starb nach einem Abbruch der lebensverlängernden Maßnahmen.
Diese Gruppe wurde unter Berücksichtigung demographischer und sozioökonomischer Faktoren mit einer weiteren Patientengruppe verglichen, bei denen die Maßnahmen nicht eingestellt wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigten, dass fast 30 % der Patienten, deren Lebenserhaltung fortgesetzt wurde, innerhalb von sechs Monaten eine deutliche Erholung erreichten. Besonders jüngere Patienten mit weniger schweren Verletzungen schienen dabei gute Erfolge zu erzielen– fast 50 % von ihnen konnten ein Stück Unabhängigkeit wiedererlangen.
Doch ein Weiterführen der Maßnahmen bedeute nicht immer, dass Patienten überleben würden, so Bodien in einem Interview. Fast 60 % von ihnen wären wahrscheinlich dennoch gestorben. Wichtig sei eine fächerübergreifende Zusammenarbeit zwischen Intensivmedizinern, die die Schwere der Verletzung einordnen, sowie eine langfristige Beobachtung durch Reha-Ärzte.
Die Studie weist aber darauf hin, dass eine spätere Entscheidung bezüglich der Weiterführung oder Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen sinnvoll sein kann. Vor allem wenn es noch keine Möglichkeit gibt eine schnelle und genaue Prognose zu stellen. Das würde nicht nur den Ärzten mehr Zeit geben eine fundiertere Entscheidung zu treffen, sondern auch Angehörigen eine längere Entscheidungsphase ermöglichen.
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