Sie ist selten, aber schwerwiegend: Spinozerebelläre Ataxie Typ 4. Kausale Therapien gibt es nicht, denn die zugrundeliegende Mutation ist unbekannt. Doch nun gelang deutschen Forschern ein Durchbruch.
Unkontrollierte Bewegungen, Sprech-, Seh- und Schluckstörungen, Neuropathien und ein schwindendes Gehirn: Spinozerebelläre Ataxien (SCA) sind zwar selten, gehen aber mit erheblichen Einschränkungen für Betroffene einher. Kausale Therapien gibt es nicht, was auch daran liegt, dass zwar bekannt ist, dass die Krankheit durch genetische Mutationen bedingt wird, die genaue Art und Lokalisation der Mutationen aber meist nicht identifiziert ist.
So auch bei der SCA-Typ 4 (SCA4). Man weiß zwar, dass die Mutation irgendwo auf dem langen Arm des 16. Chromosoms (16q) liegen muss, aber welches Gen genau betroffen ist, war ein Mysterium – bis jetzt. Deutsche Forscher konnten nun erstmals die genetische und zelluläre Grundlage für die SCA4 nachweisen.
Credit: DocCheck, erstellt mit BioRender.com
Sie fanden bei Betroffenen eine heterozygote Vermehrung von Guanin- und Cytosin-Wiederholungen im ZFHX3-Gen. Dieses Gen kodiert für ein Zinkfinger-Homebox-Protein, das als Transkriptionsfaktor wirkt und in verschiedenen Geweben, einschließlich des Nervensystems, exprimiert wird. Mutationen in diesem Gen wurden bereits mit anderen Erkrankungen in Verbindung gebracht, darunter Herzrhythmusstörungen verschiedene Krebsarten.
In den Untersuchungen der Forscher führte diese Genveränderung zu erhöhtem ZFHX3-Level in Fibroblasten und induzierten pluripotenten Stammzellen, was wiederum zu einem veränderten Autophagie-Verhalten führte. Zudem fanden sie intranukleare Ablagerungen des Proteins.
Nun, da das zugrunde liegende Problem bekannt ist, machten sich die Forscher daran, eine mögliche Behandlungsstrategie zu entwickeln. Dazu nutzten sie RNA-Interferenzen (RNAi), die auf ZFHX3 abzielen. Und tatsächlich konnten sie dadurch das gesunde Autophagie-Verhalten der betroffenen Zellen wiederherstellen.
Doch natürlich ist es noch ein weiter Weg von Zellkultur-Versuchen bis zur zugelassenen Therapie. Dennoch wurde die Veröffentlichung von Experten als großer Erfolg bezeichnet, da die Identifikation der genauen genetischen Ursache ein entscheidender Schritt in Richtung Therapie ist – ein Schritt, der für viele andere SCA-Typen noch gegangen werden muss.
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