Spannkraftverlust, Falten, Feuchtigkeitsdefizit. Hautalterung hat viele Komponenten, sie zu verzögern ebenso. Wie sollte man sich ernähren, um möglichst lange jung auszusehen?
Sie ist unser größtes und der Außenwelt am direktesten ausgesetzte Organ. Von Tag 1 bis Ultimo unseres irdischen Daseins hat die Haut sich der Konfrontation mit Strahlung, chemischen und mechanischen Umwelteinflüssen zu stellen. Und als ob sie damit nicht genug zu tun hätte, machen ihr so manche als Genussmittel euphemisierte Gifte von innen das Leben schwer.
Dermatologen erkennen Raucher und übermäßig dem Alkohol zusprechende Personen oft bereits an ihrem Hautbild. Bei der Ernährung ist das nicht so einfach. Viel subkutanes Fett glättet Falten, wohingegen kantig-furchige Strukturen hagere Mitmenschen bisweilen weniger jugendlich wirken lässt. Aber lassen sich jenseits der Optik eindeutige Zuordnungen zwischen konkreten Lebensmitteln oder Nährstoffen und dem Zustand der Haut finden? Die Fachwelt zweifelt nicht daran, dass die Ernährung ein gewichtiger Lebensstilfaktor im Hinblick auf Geschwindigkeit und Ausprägung der Hautalterung ist.
…aber sie ist eine miserable Kosmetikerin.“ Mit dieser Erkenntnis benennt Mark Twain zwei wesentliche Aspekte im Verhältnis des Menschen zu seiner Haut. Mit dem Zustand der Körperhülle präsentieren wir uns den Mitmenschen und die Zeit, genauer gesagt das chronologisch-intrinsische Altern der Haut, führt unter dem Einfluss von Individual- und Ethno-Genetik, von Physiologie und Hormonen zu dermalen Struktur- und Funktionseinbußen. Im Gegensatz zu dieser unbeeinflussbaren Komponente bietet das durch chemisch-physikalische Umwelteinflüsse sowie den individuellen Lebensstil bestimmte extrinsische Hautaltern Chancen, der fortschreitenden „Kadaverisierung“ der Körperhülle das Tempo zu nehmen.
Was man in Bezug auf Rauchen, Alkohol, Sonnen- und „Kunstsonnen“-Exposition für seine Haut tun kann, bedarf wohl keiner Erläuterung. Schwieriger wird es bei der Ernährung. Intuitiv gehen wir davon aus, dass eine vitamin- und mineralstoffreiche Versorgung auch der Hautalterung entgegenwirkt. Aber gibt es auch eine wissenschaftliche Evidenz für dermale Anti-Aging-Wirkungen konkreter Lebensmittel oder Nahrungsinhaltsstoffe? Eine chinesische Forschungskooperation hat auf Basis einer Metaanalyse von mehr als 160 Studien in einer Übersichtsarbeit den Kenntnisstand zu den Mechanismen der Hautalterung sowie deren Beeinflussung durch alimentäre Faktoren zusammengefasst.
Vereinfacht lässt sich Haualterung als progressive Abnahme ihres Regenerationspotentials umschreiben. Ursächlich sind Funktionseinbußen von Keratinozyten, die Verminderung der Zahl dermaler Fibroblasten und Kollagenfasern, erhöhte DNA-Sensibilität infolge von Telomer-Verkürzungen, ungenauer arbeitende DNA-Reparaturmechanismen sowie die Überproduktion Reaktiver Sauerstoffspezies (ROS, „Radikale“, oxidativer Stress). Durch Anhäufung makromolekularer Zellschäden und die sinkende Fähigkeit der Stammzellen zur Geweberegeneration wird die Wiederherstellung der physiologischen Integrität unter Abnahme der Hautdicke zunehmend erschwert. Im Phänotyp präsentiert sich gealterte Haut zunehmend trocken und spröde, ihrer Elastizität beraubt und von Falten durchzogen.
Den Kenntnisstand zu den molekularbiologischen Faktoren, die der Hautalterung zugrunde liegen, haben die chinesischen Studienautoren wie folgt zusammengefasst:
Dass eine unzureichende Nährstoffversorgung die Regenerationsfähigkeit der Haut minimiert und langfristig der verfrühten Hautalterung Vorschub leistet, ist unstrittig. Unmittelbare Wirkungen auf die Hautgesundheit und -alterung sind der chinesischen Studienanalyse zufolge für folgende Nahrungsmittel und Nährstoffe nachgewiesen:
Wasser: Die ausreichende Hauthydratation ist Grundvoraussetzung für den Nährstofftransport, den Ablauf nahezu aller biochemischen Regenerationsprozesse (zahlreiche Hydrolysen) sowie für Formerhalt und Dermaltextur. Entgegen der gängigen Empfehlung einer Basistrinkmenge von 1,5 l/Tag, zeigt die Studienanalyse eine signifikante optimierte Hautphysiologie samt verbesserter oberflächlicher und tiefer Hauthydratation bei einem täglichen Trinkvolumen von mindestens 2 Litern (ohne Berücksichtigung des Wassergehalts der verzehrten festen Nahrung).
Spurenelemente: Trotz ihrer namensgebenden Minimalbedarfe gibt es eine starke studienbasierte Assoziation zwischen der hinreichenden Versorgung mit Eisen, Zink, Jod, Kupfer & Co mit dem Immun- und Entzündungsstatus der Haut.
Vitamine: Auch bei den Vitaminen legt die Studienlage eine besondere Bedeutung der antioxidativen Wirkungen für den Erhalt der Hautgesundheit nahe. Damit rücken die Vitamine C, A/Beta-Carotin und E mit ihrer Fähigkeit ROS zu neutralisieren, besonders in den Fokus. Eine gute Vitamin-C-Versorgung ist zudem für die Kollagensynthese relevant (Pullar et al.). Für Vit-A gibt es Daten für eine regulatorische Funktion der Expression von Matrix-Metalloproteinasen, deren Homöostase für die Wundheilung bedeutsam ist (Fisher et al.). Beim Vitamin B12 – wegen der Supplementierungspflicht bei veganer Ernährung ein medialer Dauerbrenner – gibt es eine Evidenz, dass Unterversorgung die Hautalterung über verstärkte Hautentzündungsneigung und Hyperpigmentierung befördert (Brescoll & Daveluy). Auch das „Pseudo“-Vitamin D, dessen Bedarfsdeckung mehr durch solares UVB als durch Ernährung bestimmt wird (die Diskussion um winterliche Supplementierung sei hier außen vor), scheint seinen Teil zum Erhalt jugendlicher Haut beizutragen, indem es DNA-Schäden, Entzündungen und UV-induzierte Karzinogenesen reduziert (Gordon-Thomson et al.). Die Balance zwischen genug und zu viel Sonne ist im Hinblick auf ausreichende Vit-D-Produktion und die Vermeidung karzinogener Hautschäden bekanntlich eine sensible.
Protein und Kollagene: Wegen ihrer strukturellen, physiologischen und damit unmittelbar in die Gewebeerneuerung involvierten Funktionen bestätigt die Studienanalyse die Bedeutung einer hinreichenden Proteinaufnahme für Hauterneuerungsprozesse, auch im Rahmen der Wundheilung. Kollagene machen mit etwa 30 % den Löwenanteil der körpereigenen Eiweißmasse aus. Sie bilden den Hauptbestandteil der Extrazellularmatrix und sind dank ihre besonderen Tripelhelixstruktur maßgeblich für Spannkraft und Formerhalt der Haut verantwortlich. Grundsätzlich ist die direkte Kollagenaufnahme kein Muss, da auch verzehrtes Kollagen vom menschlichen Organismus nicht direkt in die verschiedenen Gewebe eingebaut wird, sondern den Weg über die Verdauung nimmt, also im Magen und Dünndarm enzymatisch in Peptide und Aminosäuren aufgespalten wird, die nach Aufnahme ins Blut und Transport zu den Zielgeweben von den Fibroblasten zur Synthese „eigenen“ gewebsspezifischen Kollagens verwendet werden.
Vorteile, die der Verzehr kollagenhaltiger Lebensmittel allerdings mit sich bringt, sind die hohe Absorptionsrate von Kollagenpeptiden sowie die Sicherstellung des Nachschubs an jenen Aminosäuren, die zum Kollagenaufbau benötigt werden. Doch sind das keine seltenen Vertreter ihrer Zunft. Die besondere Kollagenstruktur fußt nämlich auf einem hohen Gehalt an nur drei nicht-essenziellen Aminosäuren – Glycin, Prolin und Hydroxyprolin – an denen bei Ernährung mit genug hochwertige Eiweißlieferanten tierischer und/oder pflanzlicher Provenienz kein Mangel herrscht.
Lipide: Die Abnahme des dermalen Fettgehaltes, basierend auf der sinkenden Fähigkeit der Hautzellen, Fett zu synthetisieren und abzusondern, stellt einen wesentlichen Faktor der Hautalterung dar. Als Membranbausteine, zur Schadensreparatur sowie zur Erfüllung der epidermalen Barrierefunktion sind Lipide unverzichtbar. Eine Unterversorgung mit essentiellen Fettsäuren sowie Entgleisungen des Fettstoffwechsels sind mit einer Reihe von Hauterkrankungen assoziiert. Besonders für die mehrfach ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren gibt es Studiendaten zur ihrem Beitrag an der Barrierefunktion sowie zu antientzündlichen Wirkungen (Balić et al.).
Polyphenole: Als sekundäre Pflanzenstoffe ohnehin mit einem Füllhorn gesundheitlicher Boni geadelt sowie die ebenfalls gut beleumundeten komplexen Polysaccharide überzeugen auch in dermalen Anti-Aging-Studien durch antioxidative, entzündungshemmende und Kollagen-stabilisierende Wirkungen.
Schönheit kommt bekanntlich von innen, aber nur, wenn man zuvor das Richtige einfüllt und Falsches weglässt. Beim Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum fällt die Zuordnung leicht. Bei der Ernährung fokussiert sich vieles auf die vermeintliche Anti-Aging-Wirkung von Antioxidantien, deren „radikale“ Gegenspieler als die Hautalterung vorantreibende Missetäter gebrandmarkt sind. Gemäß der aktuellen Studienlage werden DNA- und Zellschädigungen durch hochreaktive freie Radikale, Lipidperoxidationen und Entzündungen als die Hauptursachen der Hautalterung angesehen. Einer guten alimentären Versorgung mit Nährstoffen, die über antioxidative „Radikalfänger“- und antiinflammatorische Eigenschaften verfügen, wird große Bedeutung zur Vorbeugung vorzeitiger Hautalterung beigemessen.
Insgesamt scheint der lange Erhalt der Hautgesundheit durch eine Ernährungsweise begünstigt zu werden, die alle Spurenelemente, antioxidative Vitamine, Kollagenpeptide, Polyphenole und Polysaccharide sowie antientzündlich wirkende Fettsäuren in ausreichendem Maße liefert. Damit stellt die Haut im Vergleich zu anderen Organen keine Sonderansprüche, sondern „freut“ sich genauso wie Leber, Nieren und Herz über eine vitamin- und mineralstoffreiche (pflanzlich basierte) Ernährungsweise mit Bevorzugung komplexer Kohlenhydrate (Vollkorn, Hülsenfrüchte), guter Versorgung mit Proteinen und mehrfach ungesättigten Omega-Fettsäuren (Fettfisch, Lein-, Walnuss, Rapsöl).
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Bildquelle: Peter Herrmann, unsplash