Schmerzende und hervortretende Augen können auf eine kranke Schilddrüse hinweisen. Wie man eine endokrine Ophthalmopathie richtig diagnostiziert und welche Therapien es gibt, erfahrt ihr hier.
Ca. 25 bis 50 % aller Patienten mit Morbus Basedow leiden an der Schilddrüsen-Ophthalmopathie, einer endokrinen Ophthalmopathie. In anglomerikanischen Veröffentlichungen ist von der Thyroid Eye Disease oder von der Graves’ Disease die Rede.
Exophthalmus und Lidretraktion aufgrund der Basedow-Krankheit. Credit: Jonathan Trobe/Wikimedoia Commons, CC BY 3.0
Obwohl das Risiko eines Sehverlusts mit zirka 2–8 % recht gering ist, führt die Schilddrüsen-Ophthalmopathie zu einem hohem Leidensdruck. Forscher bringen die Erkrankung sogar mit einem höheren Risiko für Suizide in Verbindung.
Die Erkrankung tritt bei Autoimmunthyreopathien auf, etwa bei Morbus Basedow. Im Mittelpunkt der Pathophysiologie stehen Antikörper gegen den TSH-Rezeptor auf dem retrobulbären Gewebe. Diese Antikörper aktivieren T-Zellen, welche in das orbitale Gewebe einwandern – und es kommt zu Entzündungsreaktionen.
T-Zellen und andere Immunzellen setzen Zytokine und Wachstumsfaktoren frei, die Fibroblasten und Adipozyten in der Orbita stimulieren. Fibroblasten wiederum differenzieren sich in Myofibroblasten und Adipozyten – und mehr Fettgewebe bildet sich in der Orbita. Aktivierte Fibroblasten produzieren vermehrt Glykosaminoglykane, die Wasser binden, was zu Gewebsschwellungen führt. Alles in allem vergrößert sich das retroorbitale Volumen.
MRT der Orbita bei einem Patienten mit endokriner Orbitopathie, Kongestion des retroorbitalen Raum und Vergrößerung der extraokularen Muskeln (Pfeile). Credit: Kuebi/Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0Die Entzündung und Schwellung von retrobulbärem Gewebe führen dazu, dass die Augen nach vorne gedrückt werden. Jeder dritte Patient hat einen schweren Exophthalmus, bei rund 5 % ist der Visus bedroht. Denn ein Exophthalmus kann die Augenlider daran hindern, sich vollständig zu schließen, was zu Trockenheit der Hornhaut und einem erhöhten Risiko für Infektionen und Hornhautschäden führt. Entzündungen der Augenmuskeln und Druck auf den Sehnerv durch anschwellendes Gewebe gefährden den Visus ebenfalls.
Mehre Scores haben sich etabliert, um die Erkrankung besser einzuschätzen.
Der Clinical Activity Score (CAS) bewertet verschiedene Symptome mit je einem Punkt. Drei oder mehr Punkte deuten auf eine aktive Erkrankung hin:
Die NOSPECS-Klassifikation wiederum erfasst Auswirkungen der Krankheit auf Augenfunktion und Sehkraft:
Patienten mit Beschwerden, die bislang keine endokrinologische Diagnose erhalten haben, werden sich zuallererst bei ihrem Augenarzt vorstellen. Ein Exophthalmus, oft zusammen mit Liedschwellungen, Lidrötungen oder mit Veränderungen der Sehschärfe, liefert wichtige Hinweise.
Soweit nicht geschehen, folgt eine Überweisung an die Endokrinologie, um Schilddrüsenhormone (TSH, freies T3 und freies T4) und Schilddrüsen-Autoantikörper (TSH-Rezeptor-Antikörper, TPO-Antikörper) zu bestimmen. Bildgebende Verfahren sind wichtig, um Gewebeschwellungen zu beurteilen, aber auch, um Tumoren der Orbita oder Carotis-Sinus-cavernosus-Fisteln als Differnzialdiagonsen auszuschließen.
Typisch für einen Morbis Basedow ist der Trias aus Exophthalmus, Struma und Tachykardie.
Die European Group on Graves’ Orbitopathy (EUGOGO) hat spezifische Empfehlungen zur Therapie veröffentlicht. Vorrangiges Ziel ist, eine stabile Euthyreose anzustreben. Außerdem sollten Ärzte Patienten einen Rauchstopp empfehlen, weil Nikotin und Verbrennungsprodukte des Tabaks zur Verschlimmerung der Erkrankung führen können.
Spezifische Ratschläge der EUGOGO orientieren sich an der Aktivität und am Schweregrad der Erkrankung.
Die endokrine Ophthalmopathie (EO) verläuft typischerweise in zwei Phasen. Die aktive Phase mit charakteristischen Beschwerden dauert in der Regel 6 bis 18 Monate. Sie geht in die stabile oder inaktive Phase über. Entzündungen klingen ab, und die Symptome stabilisieren sich. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie führen zu besseren Prognosen.
Quelle:
Moledina et al. The changing landscape of thyroid eye disease: current clinical advances and future outlook. Eye (Lond), 2024. doi: 10.1038/s41433-024-02967-9.
Bildquelle: Faruk Tokluoğlu, Unsplash