Haut, Haare und Nägel verraten viel über den Gesundheitszustand – und das weit über dermatologische Leiden hinaus. Kennt ihr die wichtigsten Auffälligkeiten und ihre Ursachen?
Schon Hippokrates von Kos wusste, dass es sich lohnt, Patienten äußerlich genau zu inspizieren. Denn Haut, Haare und Nägel liefern Hinweise auf innere Krankheiten, die ansonsten vielleicht übersehen würden.
Eine Patientin mit telogenem Effluvium bei der Diagnose (A) und nach drei Monaten (B). Credit: Clin Cosmet Investig Dermatol. 2021 Apr 16:14:385-387; CC BY-NC.
Frauen leiden mitunter am diffusen Haarausfall, der diffusen Alopezie oder dem telogenen Effluvium. Mögliche Ursachen sind Schilddrüsenerkrankungen, Infektionen, etwa COVID-19 oder Syphilis, Mangelernährung, Stress, Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn, aber auch Medikamente wie Antikoagulanzien, Betablocker, Retinoide, Thyreostatika und viele mehr.
Stellen sich Patienten mit auffällig veränderten Nägeln oder Fingern vor, können sich schwerwiegende Grunderkrankungen dahinter verbergen.
Sind die Endglieder der Finger verdickt und die Nägel stark vergrößert beziehungsweise gewölbt, ist von Trommelschlägelfingern beziehungsweise Uhrglasnägeln die Rede. Sie liefern erste Hinweise auf Lungenerkrankungen (u. a. auf die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, auf interstitielle Lungenerkrankungen, Bronchiektasen oder auf Mukoviszidose), auf Herzerkrankungen (u. a. angeborene Herzfehler wie eine Fallot-Tetralogie oder eine infektiöse Endokarditis), auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), auf genetische Erkrankungen und viele mehr.
Die genaue Ursache der Veränderungen ist unbekannt; Wissenschaftler vermuten, dass chronische Hypoxie eine Rolle spielt.
Zu den speziellen Nagelveränderungen zählen auch die Lindsay-Nägel oder „Halb-und-halb-Nägel“ mit scharfer Grenze in der Mitte des Nagels. Der proximale Teil des Nagels ist hell bis weiß, während der distale Teil eine rötlich-braune Farbe hat.
Lindsay-Nägel sind häufig mit chronischen Nierenerkrankungen assoziiert. Sie treten bei etwa 20 bis 50 % aller Patienten mit Niereninsuffizienz auf. Sie werden auch mit dem Yellow-Nail-Syndrom bei gestörtem Lymphabfluss, mit Hyperthyreose, Pellagra, HIV-Infektionen, Morbus Crohn, dem Kawasaki-Syndrom, mit Morbus Behçet, oder Leberzirrhose in Verbindung gebracht.
Die genaue Ursache dieser Veränderung konnte bislang nicht vollständig geklärt werden. Wissenschaftler vermuten, dass sie durch eine Kombination von Anämie und erhöhte Konzentrationen bestimmter Proteine und Stoffwechselprodukte im Blut verursacht wird, die Farbe und Struktur der Nägel beeinflussen.
Erscheint der größte Teil des Nagels weiß und nur ein schmaler Bereich am Nagelende bleibt rosa, deutet viel auf Milchglasnägel oder Terry-Nägel hin.
Terry-Nägel treten besonders häufig bei Patienten mit Leberzirrhose auf. Bis zu 80 % sind betroffen. Auch bei Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, Mangelernährung oder bei einer Hyperthyreose werden die Anzeichen beobachtet. Ältere Menschen haben mitunter Terry-Nägel ohne Grunderkrankungen.
Die genauen Ursachen der Farbveränderungen sind auch hier unbekannt. Auslöser sind wohl Veränderungen in der Blutversorgung der Nägel.
Beobachten Ärzte horizontale, weiße Linien, die parallel zueinander auf den Nägeln erscheinen und durch die Lunula verlaufen, kann es sich um Muehrcke-Bänder handeln. Sie werden bei ausgeprägter Hypoalbuminämie beobachtet, etwa bei metabolischem Stress durch Infektionen, bei Mangelernährung, beim nephrotischen Syndrom, bei einer Leberzirrhose oder bei einer Chemotherapie.
Osler-Knötchen und Janeway-Läsionen der Haut
Osler-Knötchen (oben) und Janeway-Läsionen der Haut (unten). Credit: Roberto J. Galindo/Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0; Warfieldian/Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0
Bei kleinen, rötlichen oder violetten Knötchen, die an Finger- und Zehenkuppen, aber auch an anderen Stellen wie den Handflächen und Fußsohlen vorkommen und vor allem bei Druck schmerzhaft sind, handelt es sich vielleicht um Osler-Knötchen. Und flache, nicht erhabene Flecken oder kleine Knötchen, die rot bis violett sind, werden Janeway-Läsionen genannt. Sie kommen an Handflächen und Fußsohlen vor und verursachen anders als Osler-Knötchen keine Beschwerden.
Osler-Knötchen bzw. Janeway-Läsionen deuten auf eine bakterielle Endokarditis hin. Osler-Knötchen stehen aber auch mit einem Lupus erythematodes oder einer rheumatoiden Arthritis in Verbindung. Dabei entstehen Osler-Knötchen durch eine Entzündungsreaktion in kleinen Blutgefäßen aufgrund der Ablagerung von Immunkomplexen. Janeway-Läsionenen bilden sich durch Mikroembolien.
Beobachten Ärzte bei Patienten, dass die Haut auffällig warm und feucht ist, kann das ein Hinweis auf Funktionsstörungen der Schilddrüse sein. Bei einer Hyperthyreose steigern überschüssige Hormone den Stoffwechsel erheblich – inklusive erhöhter Wärmeproduktion. Der Körper reagiert durch vermehrtes Schwitzen darauf.
Bleibt als Fazit: Veränderungen der Haut, an Nägeln oder der Haare liefern über die Dermatologie hinaus wertvolle Hinweise auf innere Erkrankungen, teilweise, bevor klinisch bedeutsame Symptome auftreten. Ein Blick darauf lohnt sich also immer.
Bildquelle: Analia Baggiano, Unsplash