Einem Forscherteam ist es nun in einer aktuellen interdisziplinären Studie gelungen, die molekularen Interaktionen bei der Entstehung der sogenannten neuromuskulären Synapse aufzudecken.
Die neuromuskuläre Synapse ist die spezialisierte Verbindungsstelle zwischen einem Motorneuron und einer Muskelfaser. Diese Synapsen regulieren jede Art der Bewegung inklusive Atmung innerhalb eines Organismus. Die Entstehung der neuromuskulären Synapse unterliegt einem komplexen Wechselspiel zwischen Muskel und Nerv. Dabei spielen sowohl gezielte zelluläre als auch molekulare Interaktionen eine große Rolle. Änderungen des entwicklungsbiologischen Programms, ausgelöst durch Genmutationen, veränderte Enzymaktivitäten oder gestörte Interaktionen zwischen Proteinen, führen zu defekten neuromuskulären Synapsen. Dieser Defekt ist die Ursache für Übertragungsstörungen (myasthene Syndrome). In schwerwiegenden Fällen können diese Defekte Lähmungserscheinungen und damit lebensbedrohliche Symptome auslösen. Um die Prozesse während der Entstehung der neuromuskulären Synapse besser zu verstehen, hat ein Forscherteam unter der Leitung von Ruth Herbst vom Zentrum für Hirnforschung sowie dem Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien einen innovativen Ansatz gewählt, der das globale Phosphoproteom, welches die Gesamtheit aller zu einem Zeitpunkt phosphorylierte Proteine umfasst, innerhalb einer Zelle oder eines Gewebes untersucht. Untersuchungen mit quantitativen massenspektrometrischen Technologien zusammen mit bioinformatischen Analysemethoden haben nun neue molekulare Netzwerke aufgezeigt, die eine Einsicht in die Mechanismen während der Bildung der neuromuskulären Synapse bieten.
So konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass ein Umbau des Zytoskeletts eine wichtige Rolle spielt. Eine zentrale Schaltstelle bilden dabei Signalwege, die mit dem Enzym RhoA assoziiert sind und die den Umbau des Zytoskeletts und dessen Neuordnung regulieren. Außerdem wurde ein Netzwerk von Faktoren identifiziert, das kooperativ die Genexpression via RNA-Splicing und Transkription steuert. Die Resultate geben einen ersten Einblick in die molekularen Netzwerke, die einen entwicklungsbiologischen Prozess, wie die Entstehung der neuromuskulären Synapse regulieren. „Damit ist die Basis für weiterführende Arbeiten geschaffen. Im nächsten Schritt wollen wir zentrale Netzwerke, wie eben Zytoskelett-assoziierte Prozesse, weiter aufschlüsseln und deren genaue Rolle analysieren. So kommen wir dem Punkt näher, wo wir komplexe entwicklungsbiologische Prozesse verstehen und erklären können“, erklärt Ruth Herbst. Originalpublikation: Global analysis of muscle-specific kinase signaling by quantitative phosphoproteomics Ruth Herbst et al.; Mol Cell Proteomics., doi: 10.1074/mcp.M113.036087;2014