Rund 1 % der Bevölkerung weltweit erkrankt an Epilepsien.¹ Es kann in jedem Alter, in jeder sozialen Schicht und in allen Kulturkreisen gleichmäßig auftreten.¹
Epilepsien entstehen als Folge einer Schädigung am Gehirn, die durch diverse Erkrankungen ausgelöst werden können und einer angeborenen, erhöhten Anfallsbereitschaft.² Ein epileptischer Anfall definiert sich dabei als vorübergehendes Auftreten von klinischen Zeichen als Ausdruck einer exzessiven oder synchronisierten neuronalen Hirnaktivität.³ Die Anfälle werden dabei in fokal (eine Hirnhemisphäre betreffend) und generalisiert (Netzwerkstrukturen beider Hirnhemisphären) eingeteilt.³ Fokal beginnende Anfälle können sich aber auch auf beide Hemisphären zu einem bilateral tonisch-klonischen Anfall ausweiten.³
An Epilepsien zu erkranken kann für Betroffene sozioökonomische und psychosoziale Auswirkungen haben. Die Ausübung von Berufen, Ausbildungen, Freizeitaktivitäten aber auch z.B. die Planung einer eigenen Familie können davon auf vielfältige Weise beeinträchtigt werden und auch mit Risiken (z. B. Ertrinken oder Verletzungsgefahren im Beruf) für Erkrankte verbunden sein.³ Daher gilt es diesen Menschen auf mehreren Ebenen zu helfen, um das Leben mit Epilepsien zu ermöglichen und zu erleichtern.³ Eine dieser Möglichkeiten stellt die Therapie mit Medizinalcannabis dar. Aber wie genau hilft es?
Das Endocannabinoidsystem reguliert vielfältige Prozesse in der synaptischen Erregungsweiterleitung.⁴ Störungen im Endocannabinoidsystem können einer der Auslöser für epileptische Anfälle sein, was im Umkehrschluss vermuten lässt, dass Endocannabinoide eine körpereigene Schutzfunktion vor pathologischer Überaktivierung von Neuronen sind.⁴
Cannabidiol (CBD) wird in Studien ein antikonvulsiver Effekt bestätigt, wobei die endgültigen Wirkmechanismen noch nicht abschließend geklärt sind. Im Mausmodell gibt es Hinweise, dass die antikonvulsiven Effekte durch die Phosphatidylinositol-3-kinase/mTOR-Signalkaskade gesteuert werde.⁵ Tetrahydrocannabinol (THC) scheint ebenfalls antikonvulsive Effekte zu besitzen. Hierbei spielt die Bindung an den CB1-Rezeptor eine entscheidende Rolle, wodurch die Übererregbarkeit von Neuronen gedrosselt wird.⁶
Auch in Bezug auf Menschen liegen Daten zum positiven Einfluss von Medizinalcannabis auf Epilepsien vor. Eine Umfragestudie von Eltern, deren Kinder an therapieresistenten Epilepsien erkrankt waren und mit CBD-angereichertem Medizinalcannabis behandelt wurden, berichten über eine bis zu 80% reduzierte Anfallhäufigkeit.⁷
In einer Studie mit 225 Kindern, die am Lennox-Gastaut-Syndrom litten, zeigte sich, dass eine dosisabhängige Reduktion der Anfallhäufigkeit durch CBD erreicht werden konnte.⁸ In einer weiteren Studie mit Kindern, die am Dravet-Syndrom litten, reduzierte der Einsatz von CBD und THC als Add-On Therapie die Anfallhäufigkeit um 70,6 %.⁹
Nebenwirkungen in diesen Studien waren Somnolenz, Diarrhö, Appetitsverlust und in wenigen Fällen erhöhte Aminotransferasen.⁸⁻⁹ Insgesamt werden die in den Studien genutzten Therapiemaßnahmen als grundsätzlich sicher und gut verträglich beschrieben, es bleibt jedoch der kleine Wehrmutstropfen, dass die meisten Studien nur über kurze Zeiträume oder mit geringer Teilnehmendenzahl laufen, was die Aussagekraft der Studien dämpfen kann.
Durch den sich ändernden Umgang mit Medizinalcannabis und die geänderte Gesetzeslage, steigt auch das Interesse an den medizinischen Eigenschaften von Cannabis, was als Folge einer Zunahme von aussagekräftigen Studien haben sollte.
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