Alte Ärzte sparen eventuell bald bei der Sozialversicherung, in Deutschland steigen Candida-auris-Infektionen sprunghaft an und in den USA wird die Forschung an gefährlichen Viren eingeschränkt. Diese und weitere News lest ihr hier.
Wie können Ärzte möglichst lange im Job gehalten werden, um den wachsenden Ärztemangel abzufedern? Dazu legte Ärztepräsident Klaus Reinhardt jetzt einen Vorschlag auf den Tisch: Er will Steuervorteile für Mediziner im Rentenalter, die sich bereiterklären, weiterhin zu arbeiten. Das Thema war Kern seiner Rede beim heute (10. Mai 2024) endenden Deutschen Ärztetag in Mainz (DocCheck berichtete).
„Wir müssen den Brain-Drain der erfahrenen Baby-Boomer-Generation verhindern”, betonte Reinhardt die Dringlichkeit der Lage. Nach seinem Plan sollten flexible und intelligente steuerrechtliche Anreize schnell implementiert werden, um den Ärzten den Verbleib im Arbeitsleben schmackhaft zu machen. Viele von ihnen seien bereits gewillt, zumindest in Teilzeit ihre Expertise weiterhin einzusetzen.
Rund 4.800 Hausarztsitze sind derzeit unbesetzt, und fast jeder vierte berufstätige Arzt ist 60 Jahre oder älter. „Wir stehen also vor einer massiven Ruhestandswelle, die das Problem weiter verschärfen wird“, warnte Reinhardt.
Dr. Dirk Heinrich, Vorsitzender des Virchowbunds, unterstützt diese Einschätzung und weist auf ein demografisches Problem in der ambulanten Versorgung hin. Er fordert bessere Rahmenbedingungen, um den Niederlassungswillen zu stärken und frühzeitige Renteneintritte zu verhindern. Ohne geeignete Maßnahmen könnte es deutlich länger dauern, die Versorgungslücken zu schließen, selbst mit der Schaffung von zusätzlichen Studienplätzen.
Catrin Steiniger, Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg, möchte mehr sehen als nur Goodies im Alter: „Steuervorteile sind ein wichtiger Schritt, aber sie sind nur ein Teil der Lösung.” Sie fordert, dass die Arbeit in allen medizinischen Praxen angemessen vergütet wird, und plädiert für eine „echte Entbudgetierung” der ambulanten Medizin, um den Beruf generell attraktiver zu machen.
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zeigt sich offen für die Steuer-Idee und möchte sich dazu mit der Bundesärztekammer beraten, um entsprechende Ansätze zu prüfen, kündigte er auf dem Ärztetag an.
Spanische Wissenschaftler haben nach eigenen Angaben eine genetische Alzheimerform identifiziert. In ihrer in Nature Medicine veröffentlichten Studie untersuchten sie über 13.000 Patienten, mit besonderem Fokus auf dem APOE4-Gen. Das Gen kodiert das Apolipoprotein E, und kann in drei Varianten vorliegen (APOE2, APOE3 und APOE4) – doch nur APOE4 ist mit einem stark erhöhten Alzheimer-Risiko assoziiert.
Die Forscher konnten nun zeigen, dass fast alle Menschen mit APOE4-Homozygotie ab dem 55. Lebensjahr signifikant höhere Alzheimer-Biomarker aufwiesen und 95 % der Betroffenen mit 65 Jahren abnormale Amyloid-Werte im Nervenwasser hatten. Zu diesem Zeitpunkt konnten bei 75 % der Personen auch bereits Amyloid-Plaques nachgewiesen werden. Die Autoren schlussfolgerten, dass eine APOE4-Homozygotie bei nahezu allen Menschen zu einer Alzheimer-Erkrankung und auch zu einem früheren Einsetzen der Symptome führt. Deshalb sei eine APOE4-Homozygotie nicht nur ein Risikofaktor, sondern eine eigene genetische Form des Alzheimers. „Dies ist wichtig, denn diese Menschen machen zwischen zwei und drei Prozent der Bevölkerung aus“, sagt Studienleiter Dr. Juan Fortea.
In der aktuellen S3-Leitlinie zu Demenzen wird eine Bestimmung der APOE-Varianten nicht empfohlen. Dr. Nicolai Franzmeier, die eine Alzheimer-Forschungsgruppe an der LMU leitet und an der Studie nicht beteiligt war, erklärt, dass die Daten nahelegen, „dass APOE4 nicht nur eine Risikovariante darstellt, sondern eigenständig dazu in der Lage ist, die Alzheimererkrankung und damit auch eine Demenz zu bedingen, was damit eine genetische Variante der Erkrankung nahelegt.“ Trotzdem rät sie aktuell von einer Testung auf APOE4 ab, „da daraus keine therapeutischen Konsequenzen resultieren. Man müsste also erstmal mit dem Ergebnis und vor allem der Erkenntnis leben, fühlt sich aber mitunter hilflos, da die Medizin in Deutschland Stand Mai 2024 nicht wirklich viel machen kann.“
Es ist ein sprunghafter Anstieg: Im Jahr 2023 wurden 77 Fälle von Candida auris in Deutschland registriert – ein sechsfacher Anstieg gegenüber den Vorjahren. So lautet das Ergebnis der neuesten Studie des Nationalen Referenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen. Experten schlagen nun eine Verschärfung der Meldepflicht vor.
Candida auris, meist harmlos für Gesunde, gefährdet Menschen mit geschwächtem Immunsystem und vor allem Patienten auf Intensivstationen. Kommt der Pilz in den Blutkreislauf, kann das fatale Folgen haben: In etwa 50 % der Fälle führt eine solche Infektion zum Tod. Vor allem für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Seniorenheime stellt der Pilz deshalb eine Bedrohung dar.
Von den 77 Fällen lag bei 58 lediglich eine Kolonisation vor. In 13 Fällen entwickelte sich eine ernste Infektion. Bei sechs Patienten war der genaue Status anfangs ungewiss, und fünf aus dieser Gruppe entwickelten später eine invasive Infektion. Interessant ist auch, dass einzelne Infektionen ohne weitere direkte Ansteckungen auftraten und vier unabhängige Ausbrüche identifiziert wurden. Die meisten Fälle ließen sich letztendlich einem dieser Ausbrüche zuordnen. Ein Problem dabei: Aufgrund der aktuellen Meldepflicht wurden viele dieser Fälle zunächst nicht als infektiologisch relevant erkannt, wodurch die Ausbrüche anfänglich unentdeckt blieben und nicht rechtzeitig eingedämmt werden konnten.
„Der enorme Anstieg in 2023 hat uns überrascht. Vor allem Ausbrüche in Krankenhäusern spielen eine kritische Rolle. Werden sie nicht rechtzeitig erkannt und bekämpft, entgleiten sie uns später”, erklärt Dr. Alexander M. Aldejohann vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).
Die 2023 eingeführte Meldepflicht erfasst nur einen Bruchteil der Fälle. Aktuell müssen nur jene Kolonisationen gemeldet werden, die in Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen übertragen werden. Eine erweiterte Meldepflicht könnte hier Abhilfe schaffen und die Früherkennung verbessern.
Die „Corona-Jahre” sollen sich nicht wiederholen – deswegen hat das Weiße Haus neue und stringentere Regelungen für die Forschung an gefährlichen Mikroorganismen und Toxinen eingeführt. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, Laborunfälle zu vermeiden, die potenziell eine Pandemie auslösen könnten. Nach langwierigen Beratungen und einer intensiven öffentlichen Diskussion – die sich auch um die möglichen Ursprünge von COVID drehte – wurde die neue Richtlinie nun veröffentlicht.
Die überarbeiteten Vorschriften ersetzen die bisherige Liste spezifischer Erreger durch breitere Kategorien, wodurch nun eine größere Anzahl an Pathogenen erfasst wird. Die Regelungen richten sich nicht nur auf Erreger, die den Menschen bedrohen, sondern auch auf solche, die potenziell Schäden in der Landwirtschaft verursachen könnten. Außerdem präzisiert die Richtlinie die Arten von Experimenten, die besondere regulatorische Aufmerksamkeit erfordern.
Die neuen Vorschriften treten in einem Jahr in Kraft. Die zuständigen Behörden haben also noch etwas Zeit, ihre Richtlinien entsprechend anzupassen. „Es handelt sich um eine moderate Kurskorrektur, die jedoch deutliche Signale setzt, wie das Weiße Haus die künftige Handhabung dieses Themas erwartet“, erklärt Nicholas Evans, Ethiker an der University of Massachusetts Lowell.
Denn die neue Linie ist nicht radikal – sie sieht etwa Ausnahmen für bestimmte Forschungsbereiche vor, darunter die Krankheitsüberwachung und die Impfstoffentwicklung, und einige Teile der Richtlinie sind lediglich Empfehlungen, keine verbindlichen Anforderungen. Wissenschaftler, die unter dieser neuen Politik forschen möchten, müssen ihre Projekte zunächst ihren Universitäten oder Forschungseinrichtungen vorlegen, die das Risiko evaluieren. Besonders risikoreiche Vorhaben werden anschließend von Regierungsbehörden überprüft. Besondere Aufmerksamkeit gilt Experimenten, die pandemische Erreger manipulieren könnten.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney