Ein spannender Fall aus meiner Praxis zeigt: Gynäkologische Krebsvorsorge kann mehr als Dysplasien erkennen. Wie ein PAP-Test eine absolute Rarität aufdeckte, erfahrt ihr hier.
Seit 1971 besteht in Deutschland das Angebot einer jährlichen Krebsvorsorgeuntersuchung ab dem 20. Lebensjahr. Für den PAP-Test wird ein zytologischer Abstrich vom Gebärmutterhals entnommen und zur Befundung eingeschickt.
Ab 2020 wurde das von den gesetzlichen Krankenkassen getragene Modell reformiert. Zwar wurde die jährliche Vorsorgeuntersuchung für alle Altersgruppen beibehalten, ein jährlicher PAP-Test wird aber nur noch bis zum 35. Lebensjahr übernommen. Danach bekommen Frauen alle drei Jahre einen Kombinationstest aus zytologischem Abstrich und HPV-Test. Grundlage für die Einteilung in die Gruppen PAP I bis PAP V ist die Münchner Nomenklatur III. Das jeweilige PAP-Ergebnis wird nach einem speziellen Abklärungsalgorithmus ausgewertet und ggf. in eine weiterführende Diagnostik und Therapie überführt.
Eine 71-jährige Patientin kommt regelmäßig zur gynäkologischen Krebsvorsorgeuntersuchung. Bisher waren die zytologischen Abstriche immer in der Kategorie PAP I (unauffälliger und unverdächtiger Befund) und der HPV-Test negativ. Vor 17 Jahren wurde ein Mammakarzinom brusterhaltend therapiert.
Aktuell ordnet der Zytologe das Ergebnis in die Gruppe PAP III x ein und begründet seinen Befund mit atypischen, teils degenerativen Proliferationen. Er kann den Ursprung nicht sicher zuordnen und empfiehlt eine sofortige Abklärung. Die Kategorie PAP III wird bei unklaren bzw. zweifelhaften Befunden vergeben, PAP III x steht für zweifelhafte Drüsenzellen ungewissen Ursprungs.
Bei der kolposkopischen Untersuchung werden keine typischen Dysplasiezeichen und keine Hinweise auf einen invasiven Prozess gefunden. Der Vaginalultraschall ergibt einen retroflektierten, unauffälligen Uterus mit strichförmigem Endometrium, weiterhin eine seit Jahren unveränderte einkammrige Ovarialzyste links von 22 x 19 mm, die ohne polypöse Strukturen und nicht perfundiert ist. Keine freie Flüssigkeit.
Unter Würdigung des zytologischen Befundes wird mit der Patientin eine operative Diagnostik durch eine Hysteroskopie/Abrasio mit Probeentnahmen der Portio besprochen. Der damit erhobene histologische Befund war komplett unauffällig und ergab kein Korrelat für den zytologischen Befund der Gruppe PAP III x.
Bei einer zeitnahen Zytologiekontrolle ergibt sich erneut der Befund PAP III x mit der Beschreibung von atypischen, überwiegend glandulär differenzierten Zellkonglomeraten.
Daraufhin wird ein MRT-Becken durchgeführt. Der Uterus wird als atroph, etwas inhomogen ohne intrauterine Raumforderung beschrieben. Links eine zartwandige Ovarialzyste von 24 x 19 mm, das rechte Ovar unauffällig. Keine pathologisch vergrößerten Lymphknoten inguinal und pelvin, kein Aszites.
Schließlich wird bei persistierendem PAP III x und unauffälliger Klinik der Entschluss zur Laparoskopie gestellt, um die Veränderung im Abstrich abzuklären.
Die beidseitige Adnexektomie ergibt folgendes histologische Ergebnis: Adnexektomiepräparate beidseits mit regelhaften Querschnitten der Tube. Im Bereich des linken Fimbrientrichters jedoch deutlich dysplastisches Epithel an der Oberfläche mit Übergang in eine knotige Formation. Tumorfreie Ovarien beidseits mit Rindeninklusionszysten. Spülzytologie mit Tumorzellen eines high-grade serösen Karzinoms.
Zusammenfassende Diagnose: Am linken Fimbrientrichter ein seröses intraepitheliales Karzinom mit Übergang in ein high-grade seröses Karzinom. Der vorliegende Befund korreliert mit dem zytologischen Befund der Gruppe PAP III x. Im durchgeführten Staging mittels CT-Thorax/Abdomen werden keine thorakoabdominellen Metastasen diagnostiziert. Es erfolgen die komplementierende Operation und adjuvante Therapieplanung.
Eine von 72 Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an einem Ovarialkarzinom. Mit 3,1 % aller bösartigen Neubildungen der Frauen und 5,2 % aller Krebssterbefälle ist es nach dem Mammakarzinom die häufigste tödliche gynäkologische Krebserkrankung. Die Erkrankungsraten steigen bis zum 85. Lebensjahr an. Etwa 75 % der Fälle werden in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert.
High-grade seröse Karzinome (HGSC) bilden mit 50 % der Fälle die größte Gruppe der Ovarialkarzinome. Sie zeigen ein hohe Proliferationsrate und eine hohe chromosomale Instabilität. Als mögliche Vorstufen werden seröse tubare Karzinome der Tube in Verbindung mit diesen Karzinomen gefunden. Dieser Karzinomtyp ist oft mit BRCA-1/2-Mutationen assoziiert.
Die gynäkologische Krebsvorsorgeuntersuchung ist auch in höherem Lebensalter wichtig. Je früher pathologische Befunde erhoben werden, desto geringer sind Tumorgröße und Metastasierungswahrscheinlichkeit. Oftmals lassen sich bereits Vorstufen bösartiger Befunde erkennen und damit die Prognose deutlich verbessern. Der uneindeutige Befund PAP III x gibt Anlass für eine weiterführende Diagnostik und operative Interventionen.
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