Kalorienreiche Lebensmittel könnten bald teuer werden. Diabetes-Verbände fordern Politiker auf, zusätzliche Abgaben auf Süßes, Chips oder Fast Food einzuführen. Der Sinn entsprechender Abgaben ist bei Experten jedoch umstritten. Bleibt noch, auf den Nationalen Diabetesplan zu hoffen.
Tag für Tag erkranken laut Angaben der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Deutschland mehr als 700 Menschen neu an Diabetes. Rund sechs Millionen Menschen sind hier zu Lande von der Stoffwechselerkrankung betroffen. Bei ihnen nennt die Statistik im gleichen Zeitraum 40.000 Amputationen, 2.000 zusätzliche Retinopathien und 2.300 neue Patienten mit Nephropathien, die zur Dialyse müssen. Neben menschlichem Leid schlagen die Erkrankungen gesundheitsökonomisch mit 35 Milliarden Euro jährlich zu Buche. Jetzt sind rigorose Maßnahmen gefragt.
Als Ursachen gelten vor allem Fehl- und Überernährung. Dr. Dieter Garlichs, Geschäftsführer der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), hält einen vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf besonders kalorienreiche, ballaststoffarme Lebensmittel für sinnvoll. Gleichzeitig sollen Abgaben auf Obst und Gemüse verringert werden, bisher sind es sieben Prozent. Die Idee wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Verbände argumentieren mit dem Erfolg entsprechender Steuerungsinstrumente bei Zigaretten.
Der Vergleich mit Tabakprodukten hinkt: Kanzerogene haben keinen Schwellenwert, unser Körper benötigt aber sehr wohl Fette und Kohlenhydrate in adäquater Menge. Pauschale Steuern auf Fett treffen hochwertiges Olivenöl genauso wie gehärtetes Frittierfett. Ob der Unterschied zwischen sieben und 19 Prozent wirklich zu Verhaltensänderungen führt, wird von Experten teilweise bezweifelt. Und um bei Zigaretten zu bleiben: Zwar verringerte sich der Verkauf im letzten Jahrzehnt von 139 auf 80 Milliarden pro Jahr. Steuerbehörden schätzen jedoch, dass mittlerweile 22 Milliarden Glimmstängel auf dem hiesigen Schwarzmarkt den Besitzer wechseln. Genau aus diesem Grund hat Dänemark seine Fettsteuer wieder abgeschafft. Viele Bürger hatten ihre Einkäufe aus Kostengründen ins Ausland verlagert beziehungsweise Waren geschmuggelt.
Bleibt noch die Möglichkeit, einen Nationalen Diabetesplan zu erarbeiten. Neben dem Bundesrat, der Deutschen Diabetes Gesellschaft und der Deutschen Diabetes Hilfe unterstützen auch die forschenden Pharma-Unternehmen entsprechende Planungen. „Die größte Herausforderung bei Diabetes ist das Zusammenwirken der vielen beteiligten Akteure“, erklärt vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. Als wichtige Eckpunkte sieht sie Maßnahmen zur Stärkung der Prävention und der Früherkennung, einen gesunden Lebensstil, die Erforschung medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten, bessere Versorgungsstrukturen und effizientere Patienteninformation. Fischer: „Diese Themen können nur gemeinsam von Patienten, Ärzten, Leistungserbringern, Forschern, Gesundheitsunternehmen, Kassen und Politik angegangen werden.“